Rz. 52
Grundsätzlich müssen die Kündigungsgründe zum Zeitpunkt der Kündigungserklärung vorliegen. Entfällt der Eigenbedarf also noch vor Zugang der Kündigung i. S. d. § 133, ist sie unwirksam.
Rz. 53
Entfällt der Eigenbedarf nach Zugang der Kündigung, so ist der Wegfall nur dann zu berücksichtigen, wenn der Grund vor dem Ablauf der Kündigungsfrist entfallen ist. Denn einseitige Gestaltungserklärungen, wie insbesondere die Kündigung eines Dauerschuldverhältnisses, führen – sofern ihre tatbestandlichen Voraussetzungen erfüllt sind – die gewollten Rechtswirkungen zu dem gesetzlich vorgesehenen oder individuell bestimmten Zeitpunkt herbei. Eine wirksame Kündigung beendet das Mietverhältnis daher erst mit dem Ablauf der Kündigungsfrist; deshalb ist der Mieter zur Rückgabe der Mietsache an den Vermieter zu diesem Zeitpunkt verpflichtet (§ 546). Solange die Rechtswirkungen der Kündigung jedoch noch nicht eingetreten sind, sprechen keine zwingenden Gründe dagegen, vielmehr erfordert es der Schutz des Mieters, einer zunächst wirksamen Kündigung nachträglich ihre Wirksamkeit abzusprechen, wenn dies aus überwiegenden Gesichtspunkten, etwa dem Verbot des rechtsmissbräuchlichen Verhaltens (§ 242), geboten erscheint. Ein derartiger Rechtsmissbrauch läge insbesondere dann vor, wenn der geltend gemachte Eigenbedarf des Vermieters vor dem Ablauf der Kündigungsfrist und der erst hierdurch bewirkten rechtlichen Beendigung des Mietverhältnisses entfallen ist und der Vermieter dennoch aus formalen Gründen an der im Zeitpunkt der Erklärung berechtigten Kündigung festhalten würde.
Rz. 54
Eine nachvertragliche Pflicht des Vermieters, den Mieter über den nach Beendigung des Mietverhältnisses eingetretenen Wegfall des Kündigungsgrunds zu unterrichten, würde zu einer systemwidrigen Durchbrechung der Grundsätze über die rechtsgestaltende Wirkung von Kündigungserklärungen führen. Der BGH hat eine dahingehende Verpflichtung des Vermieters daher auch ausdrücklich abgelehnt (BGH, Urteil v. 9.11.2005, VIII ZR 339/04, NJW 2006, 220).
Rz. 54a
Missbräuchliche Eigenbedarfskündigung
Eine Eigenbedarfskündigung ist rechtsmissbräuchlich, wenn die Bedarfsperson die bisher genutzte Wohnung aufgibt, damit der kündigende Vermieter die Wohnung leerstehend zu einem besseren Kaufpreis verkaufen kann. Dies gilt jedenfalls dann, wenn die veräußerte und gekündigte Wohnung vergleichbar waren und die Voraussetzungen einer Verwertungskündigung nicht vorliegen (LG Berlin, Beschluss v. 2.6.2023, 66 S 170/22, WuM 2023, 423).