Harald Kinne, Hans-Jürgen Bieber
1 Allgemeines
Rz. 1
Wohnungen, die im Zusammenhang mit einem Dienst- oder Arbeitsverhältnis vermietet worden sind, unterliegen den Sondervorschriften der §§ 576–576b. Durch diese Vorschriften wird der Kündigungsschutz für diese Wohnungen gelockert, sobald das Arbeits- oder Dienstverhältnis beendet ist. Durch diese Lockerung soll einerseits der Bau von Wohnungen für Betriebsangehörige gefördert, andererseits dem Vermieter derartiger Wohnungen die Einstellung neuer Arbeitnehmer anstelle des bisherigen Mieters erleichtert werden.
Die Regelungen über Werkmiet- und Werkdienstwohnungen bleiben wie im früheren Recht (§§ 565b–565e a. F.) in einem zusammenhängenden Regelungskomplex unter dem Oberbegriff "Werkwohnungen" zusammengefasst. Die Begriffe "Werkmietwohnung" und "Werkdienstwohnung" entsprechen der herkömmlichen Terminologie.
§ 576 greift den bis zum 1.9.2001 geltenden § 565c auf und regelt die Fristen für die ordentliche Kündigung. In ähnlicher Weise wie bis zum 1.9.2001 § 565c kann der Vermieter von Werkmietwohnungen nach Beendigung des Dienstverhältnisses unter bestimmten Voraussetzungen das Mietverhältnis mit verkürzten Fristen kündigen. Die Regelung enthält keinen eigenständigen Kündigungsgrund. Für die Kündigung des Mietverhältnisses einer Werkmietwohnung im laufenden Arbeitsverhältnis gelten die allgemeinen mietrechtlichen Vorschriften der §§ 568, 573 ff., 577a BGB (LAG Köln, Urteil v. 4.3.2008, 11 Sa 582/07, ZMR 2008, 963). Voraussetzung für die Wirksamkeit der Kündigung ist weiterhin, dass der Vermieter ein berechtigtes Interesse i.S.d. § 573 an der Beendigung des Mietverhältnisses hat, dieses in dem Kündigungsschreiben darlegt und ggf. beweist. Dazu reicht ein Hinweis auf § 576 nicht. Vielmehr ist ein konkreter Sachverhalt darzulegen, der die Kündigung gem. § 573 rechtfertigt (OLG Celle, Beschluss v. 4.2.1985, 2 UH 3/84, WuM 1985, 142; LG Bochum, Beschluss v. 8.4.1992, 9 T 14/91, WuM 1992, 438; vgl. dazu näher Rn. 13).
Der bis zum 1.9.2001 geltende § 565b ist weggefallen. Dafür sind in den neuen §§ 576 und 576a die entsprechenden Regelungen in die Eingangssätze übernommen worden, so dass keine inhaltliche Änderung eingetreten ist. Die Vorschriften sind nur auf Mietverhältnisses für unbestimmte Zeit anwendbar, während befristete Mietverhältnisse über Werkwohnungen grundsätzlich mit dem Ablauf der Zeit enden, für die sie eingegangen sind.
Die Vorschrift bezieht sich nur auf die Fristen für eine ordentliche Kündigung, regelt also nicht die Zulässigkeit für eine ordentliche Kündigung, die sich nach § 573 richtet.
Der Vermieter hat wie bisher ein Wahlrecht, ob er mit den Fristen des § 573c ordentlich kündigt oder ob er, sofern die Voraussetzungen vorliegen, von den verkürzten Fristen des § 576 Gebrauch macht. Der bis zum 1.9.2001 geltende § 565c Satz 2 konnte deshalb gestrichen werden, ohne dass damit eine inhaltliche Änderung verbunden ist.
§ 576 Abs. 1 Nr. 1 entspricht dem bis zum 1.9.2001 geltenden § 565c Satz 1 Nr. 1a für die Kündigung bei Betriebsbedarf von Werkmietwohnungen mit einer Überlassungsdauer von weniger als zehn Jahren, die wie dort drei Monate beträgt.
Die zeitlich befristete Sonderregelung des bis zum 1.9.2001 geltende § 565c Satz 1 Nr. 1b, die in diesen Fällen bei dringendem Betriebsbedarf eine zweimonatige Kündigungsfrist vorsah, ist gestrichen worden.
§ 576 Abs. 1 Nr. 2 übernimmt mit sprachlichen Änderungen die Regelung des bisherigen § 565c Satz 1 Nr. 2 für die Kündigung von funktionsbedingten Werkmietwohnungen bei Betriebsbedarf.
§ 576 Abs. 2 normiert die Unwirksamkeit abweichender Vereinbarungen zum Nachteil des Mieters.
2 Anwendungsbereich
Rz. 2
Das Sonderkündigungsrecht des Vermieters besteht nur bei Mietverhältnissen über eine Werkmietwohnung, die auf unbestimmte Zeit vermietet worden ist.
2.1 Werkwohnung
Rz. 3
Werkwohnung ist diejenige Wohnung, die mit Rücksicht auf ein Dienst- oder Arbeitsverhältnis vermietet wird, wobei das Dienst- oder Arbeitsverhältnis maßgebenden Einfluss auf den Abschluss des Wohnraummietvertrages gehabt haben muss (LG Aachen, Urteil v. 25.11.1983, 5 S 337/83, WuM 1985, 149; LG Aachen, Urteil v. 14.2.1991, 6 S 292/90, MDR 1991, 542; Schmidt-Futterer/Lindner, vor § 576 Rn. 5). Es kann sich auch um einen Wohnheimplatz oder sonstige einzelne Räume handeln, die zu Wohnzwecken überlassen werden. Dazu ist es nicht notwendig, dass der Arbeitgeber/Dienstberechtigte zugleich Vermieter ist. Auch Wohnungen, die an Angestellte und Arbeiter des öffentlichen Dienstes vom Dienstherren aufgrund privatrechtlicher Mietverträge vergeben werden, sind als Werkwohnungen anzusehen (OVG Münster, WuM 1975, 154). Dagegen fallen Dienstwohnungen, die im Rahmen der öffentlich-rechtlichen Dienststellung öffentlichen Bediensteten, insbesondere Beamten, Richtern und Soldaten zugewiesen werden, also auf einem öffentlichrechtlichen Nutzungsverhältnis beruhen, nicht unter die erleichterten Kündigungsbestimmungen der §§ 576–576b; diese sind jedoch dann anwendbar, wenn die Überlassung auf privatrechtlicher Grundlage beruht (Schmidt-Futterer/Lindner, v...