Harald Kinne, Hans-Jürgen Bieber
Rz. 27
Mietern und Nutzern von Ein- und Zweifamilienhäusern sowie von Grundstücken für Erholungszwecke in den neuen Bundesländern, die staatlich verwaltet waren oder auf die ein Anspruch auf Rückübertragung bestand, konnte auf Antrag ein Vorkaufsrecht am Grundstück eingeräumt werden (§ 20 Abs. 1 VermG). Wenn also der enteignete Eigentümer restituiert worden war, konnte der Mieter oder Nutzer von Ein- und Zweifamilienhäusern das Vorkaufsrecht ausüben (vgl. dazu im Einzelnen Kinne, ZOV 1992, 352 f.; ZOV 1994, 449 ff.). Handelte es sich dabei um eine Teilfläche eines zurückübertragenen Erholungsgrundstücks, so bestand ein Anspruch auf Einräumung eines Vorkaufsrechts gemäß § 20 Abs. 1 Satz 1 VermG nur dann, wenn bereits am 29.9.1990 ein entsprechendes Flurstück nach amtlicher Vermessung und Parzellierung gebildet worden war. Der Eigentümer konnte die Löschung eines im Grundbuch eingetragenen Vorkaufsrecht nach § 20 VermG) auch dann verlangen, wenn die Belastung zwar bestand, aber ein falscher Berechtigter eingetragen war (LG Stendal, Urteil v. 31.3.2010,21 O 245/09, Juris). Im Übrigen kommt ein Vorkaufsrecht nach § 57 Abs. 1 SchuldRAnpG (vgl. dazu unten Rn. 31 – 32) in Betracht (LG Magdeburg, VIZ 1997, 547 f.).
Rz. 28
Mieter oder Nutzer von Einfamilienhäusern und Grundstücken für Erholungszwecke, die staatlich verwaltet waren oder auf die ein rechtlich begründeter Anspruch auf Rückübertragung erhoben wurde, konnten ferner beantragen, dass dem Berechtigten ein Ersatzgrundstück zur Verfügung gestellt wurde, wenn sie bereit sind, das Grundstück zu kaufen (§ 21 Abs. 1 VermG). Nahm der Berechtigte das ihm von der Kommune zur Verfügung gestellte Ersatzgrundstück an – wozu er nicht verpflichtet war (§ 21 Abs. 1 Satz 2 VermG) –, konnte die Mieter oder Nutzer des Einfamilienhauses oder des Grundstücks für Erholungszwecke "ihr" Grundstück kaufen (vgl. dazu näher Kinne, ZOV 1992, 352; ZOV 1994, 449 ff.; ferner Kinne in Rädler/Raupach/Bezzenberger, § 21 VermG Rn. 6 ff.).
Rz. 29
Stand das Vorkaufsrecht mehreren Nutzern gemeinschaftlich zu, galt der Verkauf eines Grundstücksteils an den Nutzer, dem dieser Grundstücksteil zur alleinigen Nutzung überlassen worden ist, für die übrigen Nutzer nicht als Vorkaufsfall. Mit dem Erwerb des Eigentums erlosch das Vorkaufsrecht an der erworbenen Fläche (§ 20 Abs. 7a VermG).
Die Gemeinden durften die mögliche Bereitstellung von Ersatzgrundstücken nicht aus Gründen, die keinen Bezug zu ihrer Aufgabenstellung haben, generell verweigern (BVerwG, Urteil v. 17.9.1998, 7 C 6.98, ZOV 1998, 451).
Die Gemeinden mussten deshalb ihren Grundstücksbestand daraufhin überprüfen, welche Grundstücke sie den Ämtern zur Regelung offener Vermögensfragen als Ersatzgrundstücke zur Verfügung stellen können, weil sie nicht für kommunale Zwecke benötigt wurden (VG Potsdam, Urteil v. 14.12.1998, 9 K 1059/96, ZOV 1999, 322).
Allerdings hatte die Gemeinde einen weiten kommunalpolitischen Spielraum, ein bestimmtes Kontingent von Mietwohngrundstücken im kommunalen Eigentum zu erhalten oder Erbbaurechte zu vergeben, um insoweit auf den örtlichen Mieten- oder Grundstücksmarkt zugunsten ihrer Bürger einzuwirken (BVerwG, Urteil v. 5.4.2000, 8 C 22.99, VIZ 2000, 457).
Rz. 30
Der Antragsteller konnte die entsprechende Entscheidung der Gemeinde jedoch nicht selbständig anfechten, sondern nur im Prozess gegen das Amt zur Regelung offener Vermögensfragen (AROV) auf Zuweisung eines Ersatzgrundstücks an den Berechtigten die Rechtmäßigkeit dieser Entscheidung überprüfen lassen (BVerwGE 28, 145; BVerwG, NVwZ 1986, 556). Die Entscheidung der Gemeinde, die dann beizuladen war (VG Potsdam, a. a. O.), wenn sich der Prozess über den Antrag auf Zuweisung eines Ersatzgrundstücks nicht ohnehin auch gegen sie richtete (Identität von Zugehörigkeit des AROV zur Gemeinde, die das Ersatzgrundstück zur Verfügung stellen soll), war dann rechtswidrig, wenn sie generell die Bereitstellung eines Ersatzgrundstücks ablehnte ohne zu prüfen, ob das betreffende Ersatzgrundstück für kommunale Zwecke benötigt wurde. Insbesondere konnte sich die Gemeinde nicht allein darauf berufen, dass sie durch die Bereitstellung von Ersatzgrundstücken Vermögenseinbußen erleidete. Denn die Gemeinde konnte gemäß § 1 Abs. 1 Satz 1 i. V. m. § 9 Abs. 1 Satz 1 EntschG vom Bund vollen Aufwendungsersatz in Höhe des Verkehrswerts des Ersatzgrundstücks verlangen (BVerwG, a. a. O.; unter Heranziehung des § 9 i. V. m. § 12 Abs. 3 Satz 1 EntschG ebenso: VG Potsdam, a. a. O.).
Maßgebend für die Fähigkeit der Kommune, ein Ersatzgrundstück zur Verfügung zu stellen, war die aktuelle Grundstückssituation. Die Behörde musste zur Ablehnung des entsprechenden Antrags im Einzelnen konkret und nachvollziehbar darlegen, dass unter Beachtung der rechtlich vorgegebenen Maßstäbe ein Ersatzgrundstück mit möglichst vergleichbarem Wert in demselben Stadt- oder Gemeindegebiet nicht zur Verfügung stand (VG Cottbus, Urteil v. 17.2.1999, 1 K 777/96, ZOV 1999, 313).
Sollte das AROV eine Auswahl zwischen mehrer...