ZPO § 91 Abs. 1 Satz 1; RVG VV Nr. 1008 Abs. 3, Nr. 3100, Nr. 3101

Sachverhalt

Wohnungseigentümer K reicht beim Amtsgericht (AG) eine Anfechtungsklage ein. Mit am 8.7. bei Gericht eingegangenem Schriftsatz nimmt er diese wieder zurück. Am 9.7. wird dem Verwalter die Klage zugestellt. Mit Schriftsatz vom 11.7. teilt Rechtsanwalt R mit, die beklagten Wohnungseigentümer zu vertreten. Am 14.7. wird dem Verwalter der Klagerücknahmeschriftsatz zugestellt. Streitig ist, was mit den Kosten der beklagten Wohnungseigentümer ist. Auf Antrag der Beklagten setzt das AG die von K zu erstattenden Kosten auf 1.033,40 EUR nebst Zinsen fest. Hierin enthalten sind eine 0,8 Verfahrens- und eine 2,0 Erhöhungsgebühr. Die von K hiergegen eingelegte sofortige Beschwerde weist das Landgericht (LG) zurück. Hiergegen wendet sich die Rechtsbeschwerde. Ohne Erfolg!

Entscheidung

Das Beschwerdegericht bejahe zu Recht die Erstattungsfähigkeit der zuerkannten 0,8 Verfahrensgebühr sowie der 2,0 Erhöhungsgebühr. Die anwaltliche Tätigkeit des R sei trotz der zuvor erfolgten Klagerücknahme notwendig i. S. d. § 91 Abs. 1 Satz 1 ZPO gewesen. Aus der Rechtsprechung des III. Zivilsenats des BGH ergebe sich nichts anderes. Dieser habe nämlich bereits auf eine entsprechende Anfrage des XII. Zivilsenats mitgeteilt, nicht auf einen rein objektiven Maßstab abgestellt zu haben. Soweit der I. Zivilsenat des BGH bislang die Notwendigkeit von Kosten der Rechtsverteidigung nach einem rein objektiven Maßstab beurteilt habe, halte er daran, wie er auf Anfrage mitgeteilt hat, nicht mehr fest. Gehe es um die Erstattungsfähigkeit von Kosten eines Beklagten, die nach der Rücknahme der Klage entstanden sind, könne nichts anderes gelten als in den Fällen einer Rechtsmittelrücknahme.

Keinen Erfolg habe die Rechtsbeschwerde auch, soweit sie für den Fall der Annahme der Notwendigkeit der Kosten die Festsetzung einer Erhöhungsgebühr von 2,0 rüge. Vertrete der Rechtsanwalt in derselben Angelegenheit mehrere Personen und berechne er sich seine Vergütung nach Wertgebühren, erfolge die Deckelung der Erhöhung durch eine Begrenzung auf einen Gebührensatz von 2,0; dass die Erhöhung das Doppelte der Ausgangsgebühr übersteige, sei unschädlich.

Hinweis

Der Fall spielt im Kostenrecht und dürfte daher für Verwalter, auch wenn der BGH ihn entschieden hat, von allenfalls untergeordneter Bedeutung sein. Daher nur kurz zur Rechtslage. Bislang war noch nicht ganz sicher, ob es für den Begriff der "Notwendigkeit" i. S. d. § 91 Abs. 1 Satz 1 ZPO auf eine rein objektive Betrachtungsweise ankommt oder letztlich auf den Wissenstand der beklagten Partei. Der V. Zivilsenat schließt sich insoweit der ganz h. M. an, es käme auf den Wissenstand der beklagten Partei an. Da der I. Zivilsenat darüber hinaus mitgeteilt hat, die von ihm bislang geäußerte Gegenansicht nicht aufrecht erhalten zu wollen, dürfte es jetzt nach einhelliger Ansicht für die Rücknahmen von Klagen und Rechtsmitteln bei der Beurteilung der Notwendigkeit eines Kostenanfalls, stets auf den Wissenstand der beklagten Partei ankommen.

Streitig war im Übrigen bislang auch die Festsetzung einer Erhöhungsgebühr von 2,0. Behauptet wurde hier, aus Nr. 1008 Abs. 3 VV RVG folge, dass die Erhöhung das Doppelte der Ausgangsgebühr nicht übersteigen dürfe. Die Ausgangsgebühr betrage indes nur 0,8 (= 1,6). Das überzeugte den BGH nicht. Zu Recht! Denn das Verbot gilt nur bei Fest- und Betragsrahmen-, nicht aber bei Wertgebühren.

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