Leitsatz
Bisher war unklar, ob es bei Gründung oder Kapitalerhöhung einer GmbH zulässig ist, dass ein Gesellschafter eine Bareinlage übernimmt und sich zugleich gegenüber der Gesellschaft zur Erbringung von Dienstleistungen gegen Entgelt verpflichtet. Der BGH hält dies für zulässig.
Nach den Grundsätzen zur verdeckten Sacheinlage hatte der BGH bisher die Erfüllung der Einlagepflicht verneint, wenn die Gesellschaft bei wirtschaftlicher Betrachtung aufgrund einer im Zusammenhang mit der Übernahme der Bareinlage getroffenen Absprache tatsächlich einen Sachwert erhalten soll. Für die Sacheinlage gibt es Vorschriften, die ihre Vollwertigkeit gewährleisten und daher nicht umgangen werden sollen. Der mit den Grundsätzen der verdeckten Sacheinlage verbundene Vorwurf einer Umgehung der Gläubigerschutzvorschriften setze aber - so der BGH - voraus, dass diese Vorschriften bei rechtmäßigem Verhalten überhaupt anwendbar seien, da sonst keine Umgehung angenommen werden könne. Das sei aber bei Dienstleistungen nicht der Fall, da sie grundsätzlich nicht einlagefähig seien (§ 27 Abs. 2 AktG analog).
Weitere Fälle, in denen die Bareinlagepflicht nicht erfüllt ist, sind nach der Rechtsprechung des BGH die Fälle des "Hin- und Herzahlens". Ihnen liege, so der BGH, der Gedanke des Forderungstauschs (starke Einlageforderung gegen schwächere Darlehensforderung) zugrunde. Es gehe um die "verdeckte Finanzierung der Einlagemittel durch die Gesellschaft", was nicht akzeptiert werden könne. Aber auch damit sei die spätere (sukzessive) Vergütung von Dienstleistungen nicht vergleichbar. Hier stünden die Mittel grundsätzlich zur freien Verfügung der Geschäftsführung, die sie für das laufende operative Geschäft zweckentsprechend einsetze. Das sei nur ausnahmsweise dann anders, wenn die Mittel für den Gesellschafter zum Zwecke seiner Vergütung "reserviert" seien. Ansonsten aber würden die Mittel in den freien Liquiditätskreislauf der Gesellschaft eingespeist und fänden dort zweckentsprechende Verwendung. Der BGH weist in diesem Zusammenhang insbesondere darauf hin, dass andernfalls Gesellschafter von vornherein von der Wahrnehmung des mit einem Gehalt ausgestatteten Geschäftsführeramtes ausgeschlossen wären, was ernstlich nicht gewollt und richtig sein könne.
Hinweis
Die Entscheidung schafft Rechtssicherheit: Der Abschluss von Dienstverträgen mit Gesellschaftern - insbesondere Geschäftsführeranstellungsverträgen - steht der Erfüllungswirkung der Bareinlagepflicht nicht entgegen. Ausgeschlossen ist nur die "Reservierung" der Einlagemittel gerade für den Gesellschafter.
Die Entscheidung überzeugt dogmatisch. Wo Sacheinlagevorschriften keine Anwendung beanspruchen, können sie auch nicht umgangen werden; eine Sanktionierung scheint somit nicht möglich. Richtig ist auch, dass ein Hin- und Herzahlen mit der Folge, dass der Zufluss der Barmittel zeitlich aufgeschoben und auf eine andere - schwächere - Rechtsgrundlage gesetzt wird, nicht vorliegt. Bei den Dienstverträgen verbleibt das Geld der Gesellschaft zur freien Verfügung und fließt erst - dann aber endgültig - bei Inanspruchnahme der Dienste ab.
Dennoch überrascht die Entscheidung: Bei der verdeckten Sacheinlage geht es darum, dass die Sacheinlage zuverlässig bewertet wird und eine entsprechende präventive Kontrolle der Bewertung erfolgt (§ 5 Abs 4 GmbHG). Dienstleistungen sind gerade deswegen nicht einlagefähig, weil sie sich einer zuverlässigen Bewertung entziehen und es zudem bei der rein schuldrechtlichen Verpflichtung zur Erbringung solcher Dienste auch an einer Aussonderung aus dem Vermögen des Gesellschafters fehlt (so auch der BGH unter Rn. 8). Dann müsste aber der Austausch der Einlage gegen womöglich wertlose Dienste erst recht unzulässig sein. Die Sorge scheint nicht unberechtigt, dass hier ein neues Modell geschaffen wird, um möglichst gefahrlos und umgehend wieder an die Einlagemittel heranzukommen. Doch ist in diesem Zusammenhang darauf hinzuweisen, dass sich die Entscheidung des BGH nur mit den Regeln der Kapitalaufbringung befasst. Maßstab für Dienstleistungen ist immer noch das arm's-length-Prinzip, sodass Auszahlungen für wertlose Dienste sowohl nach den Kapitalerhaltungsregeln als auch deliktischen Gesichtspunkten verboten sind. Die Geschäftsführer würden hierfür haften und die Gesellschafter unter bereicherungsrechtlichen Gesichtspunkten zur Rückzahlung verpflichtet sein.
Der BGH hat ausdrücklich die Frage der Verfassungsmäßigkeit der Übergangsregelung des Art 3 Abs. 4 EGGmbHG dahinstehen lassen, wonach die Heilungsvorschriften des § 19 Abs. 4 und 5 GmbHG n.F. auch auf Altfälle Anwendung finden sollen. Ob Fälle verdeckter Sacheinlage aus der Zeit vor Inkrafttreten des MoMiG am 1.11.2008 rückwirkend geheilt sind, ist daher nach wie vor offen.
Link zur Entscheidung
BGH, Urteil vom 16.02.2009, II ZR 120/07