Dr. Wolf-Dietrich Deckert†
Leitsatz
- Rechtsschutzbedürfnis für den Antragsteller hinsichtlich der Geltendmachung einer Beschlussnichtigkeit eines solchen "Zitterbeschlusses" auch dann, wenn für die "nur beschlossene" Gebrauchs- Neuregelung ausschließlich "vernünftige Gründe" sprechen
- Kostenentscheidung teilweise auch zulasten des erst in III. Instanz obsiegenden Rechtsbeschwerdeführers (!) auf Grund Änderung der BGH-Rechtsprechung
Normenkette
§ 13 WEG, § 15 WEG, § 23 WEG; § 226 BGB, § 242 BGB
Kommentar
1. In einer planwidrig in Raumaufteilung und Bauausführung erstellten Anlage wurde u.a. der antragstellerseits angefochtene Mehrheitsbeschluss gefasst, in einem früheren und nunmehr nach Heizungsumstellung auf Gas überflüssig gewordenen Öltankraum zwei neue Kellerräume für zwei Wohnungseigentümer zu schaffen und die bisher von den beiden betreffenden Eigentümern genutzten Kellerflächen wieder in einen dem Aufteilungsplan entsprechenden Zustand zu versetzen. Dabei äußerte sich der beschlussanfechtende Antragsteller dahingehend, dass er den früheren Öltankraum als "Party- und Hobbykeller" genutzt sehen möchte (ungeachtet wohl hiergegen bestehender bauordnungsrechtlicher Bedenken); gleichzeitig begehrte er zuletzt (erstmals in III. Instanz) im Sinne der neuen Rechtsmeinung die Nichtigkeit dieses Beschlusses. Während AG und LG seine Anträge noch abwiesen, musste der Senat seiner Rechtsbeschwerde in III. Instanz Erfolg geben.
2. Mangels Kompetenz der Gemeinschaft zur Beschlussfassung sei dieser Beschluss tatsächlich nichtig, selbst wenn die Bildung zweier Kellerabteile im früheren Öltankraum als "in jeder Hinsicht als sachgerecht" bezeichnet werden könne (!), zumal ein Teil des Raumes weiterhin für gemeinschaftliche Zwecke nutzbar sei und der Antragsteller auch keine sinnvolle anderweitige Nutzung aufgezeigt habe (abgesehen von kaum bauordnungsrechtlich zulässiger Nutzung als "Partykeller"). Die von der Gemeinschaft erstrebte Regelung könnte hier nur im Rahmen eines neuerlich zu verfolgenden Anspruchs auf Abänderung der Teilungserklärung und dem aus dem Gemeinschaftsverhältnis folgenden Grundsatz des § 242 BGB erfolgen.
Mit der Beschlussfassung sei nicht nur eine bloße Gebrauchsregelung bewirkt worden, sondern die Begründung von Sondernutzungsrechten an einem gemeinschaftlichen Eigentum zu Gunsten zweier (Keller-)Eigentümer (vgl. auch Ott, ZWE 01, 12, 13). Von einer einem Mehrheitsbeschluss zugänglichen Gebrauchsregelung sei nur dann zu sprechen, wenn Eigentümern nicht das Recht zum Mitgebrauch gemeinschaftlicher Räume entzogen, sondern nur die Art und Weise seiner Ausübung geregelt werde, etwa durch Vermietung mit der Möglichkeit eines unmittelbaren (Eigen-)Gebrauchs, der einen mittelbaren (Fremd-)Gebrauch ersetze und an die Stelle des unmittelbaren Gebrauchs Anteile an den Mieteinnahmen treten ließe (BGH vom 20.9.2000, NJW 2000, 3211 = NZM 2000, 1010 = ZWE 2001, 21 mit Anmerkung Armbrüster, Seite 20; Schuschke, NZM 1999, 241, 243).
Vorliegend sei es jedoch um eine ausschließliche Nutzungsüberlassung mit dem Ziel gegangen, den betreffenden Eigentümern ein Äquivalent dafür einzuräumen, dass die nach Teilungserklärung ihrem Sondereigentum unterliegenden Kellerräume fehlten; allerdings sei den restlichen Eigentümern dafür kein Surrogat (z.B. in Form einer Nutzungsentschädigung) zugeflossen.
3. Einer Geltendmachung der Nichtigkeit des Beschlusses seien auch keine erkennbaren Vertrauensgesichtspunkte oder Grundsätze aus Treu und Glauben ( §§ 242, 226 BGB, Schikaneverbot) entgegengestanden. Solche Vertrauensschutzgründe könnten nur dann eingreifen, wenn im Vertrauen auf die frühere Rechtsprechung des BGH nicht lediglich Entschließungen gefasst, sondern zusätzlich rechtlich schützenswerte Positionen entstanden seien, deren Beseitigung zu unzumutbaren Härten führen würde (BGH, NJW 2000, 3500), wie hier nicht. Vorliegend führte auch die Hinnahme des - nichtigen - Beschlusses dazu, dass sich die ohnehin schon vorher grundbuchwidrige Situation weiter verstärkte, was letztlich auch nicht im wohl verstandenen Interesse aller Eigentümer der Anlage liegen könne. Dass es als Folge der Feststellung der Nichtigkeit des Eigentümerbeschlusses möglicherweise zu weiteren gerichtlichen Verfahren kommen werde, sei demgegenüber hinzunehmen, zumal hierdurch ggf. eine Übereinstimmung der tatsächlichen Verhältnisse mit den Eintragungen im Grundbuch erreicht werden könne.
4. Hinsichtlich der besonderen Kostenentscheidung sei jedoch zu berücksichtigen, dass die Meinung der Antragsgegner der bisher herrschenden Rechtsmeinung entsprochen habe und sie sich auch auf frühere Rechtsprechung des BGH hätten stützen können; das Obsiegen des Antragstellers habe allein darauf beruht, dass der BGH im Verlaufe des Verfahrens seine Rechtsprechung geändert habe. Somit wurden beide Streitseiten mit jeweils der Hälfte der Gerichtskosten aller 3 Instanzen belastet, eine außergerichtliche Kostenerstattung wurde nicht angeordnet(!).
Link zur Entscheidung
( OLG Köln, Beschluss vom 12.01.2001, 16 W...