Dr. Wolf-Dietrich Deckert†
Leitsatz
Normenkette
§ 256 BGB, § 257 BGB, § 286 BGB, § 288 BGB, § 669 BGB, § 670 BGB, § 675 BGB
Kommentar
1. Weist das Treuhandkonto des ausscheidenden Verwalters wegen unzureichender Wirtschaftsplanansätze und nicht gezahlter monatlicher Wohngeldbeitragsvorschüsse einen Fehlbestand auf, hat der Verwalter gegen die Gemeinschaft in der seinerzeitigen Zusammensetzung einen Anspruch auf Aufwendungsersatz ( §§ 675, 670 BGB), der schon bis zum Verzugseintritt jedenfalls mit dem gesetzlichen Zinssatz von 4% zu verzinsen ist. Hat also ein Verwalter einen bei seinem Ausscheiden bestehenden Fehlbetrag aus eigenen Mitteln verauslagt, steht ihm aus § 256 BGB ein Anspruch zumindest auf gesetzliche Zinsen zu, im Falle der Inverzugsetzung auch auf Schadenersatz gem. § 286 BGB für aufgewendete Bankzinsen.
2. Wer berechtigt ist, Ersatz für Aufwendungen zu verlangen, die er für einen bestimmten Zweck macht, kann nach § 257 BGB, wenn er für diesen Zweck eine Verbindlichkeit eingeht, auch Befreiung von der Verbindlichkeit verlangen. Um dem Schuldner das Wahlrecht zu erhalten, wie er die Befreiung vornehmen will, ist der Ersatzberechtigte regelmäßig nicht befugt, Zahlung des zur Tilgung erforderlichen Geldbetrages an sich zu verlangen. Aus der Natur des Rechtsverhältnisses kann sich jedoch etwas anderes ergeben. Das ist insbesondere bei einem Auftrag und demgemäß bei einem Geschäftsbesorgungsvertrag der Fall. Insbesondere aus dem Rechtsgedanken des § 669 BGB, der auch auf § 675 BGB anwendbar ist, ergibt sich, dass der Beauftragte entgegen der Regelung des § 257 BGB nicht nur Befreiung, sondern auch Zahlung an sich selbst zur Ablösung seiner Verbindlichkeit verlangen kann. Wenn er sogar vorschussberechtigt ist, muss ihm nach getätigter Aufwendung ein solcher Zahlungsanspruch zustehen. Im Übrigen ist bei einer hochverzinslichen Bankverbindlichkeit ohnehin eine Befreiung anders kaum vorstellbar als durch Zahlung durch die finanzkräftige Wohnungseigentümergemeinschaft.
Der gesetzliche Zinsanspruch in Höhe von 4% ( §§ 256, 288 BGB) war vorliegend auf den fälligen Aufwendungsersatzanspruch begründet.
3. Der noch anhängigen Zinsforderung können Eigentümer auch nicht entgegensetzen, der seinerzeit aufgelaufene Fehlbestand resultiere aus unzureichenden Wirtschaftsplanansätzen, nicht gezahlten monatlichen Wohngeldvorschüssen sowie einer vom Verwalter unterlassenen Beschlussfassung über eine Sonderumlage zum Ausgleich der Fehlbeträge. Selbst wenn ein Verwalter die gerichtliche Geltendmachung von Wohngeldrückständen versäumt haben sollte, wäre es treuwidrig, den Verwalter für den eingetretenen Fehlbestand verantwortlich zu machen, wenn dieser ohnehin von den Wohnungseigentümern aufzubringen ist. Auch über zu beschließende Sonderumlage hätte sich an den Nachzahlungspflichten der Eigentümer und dem Aufwendungsersatzanspruch des Verwalters für den Kontenfehlbestand bei Ausscheiden aus seinem Amt nichts geändert.
4. Auch das vom LG angesprochene Verbot einer Kreditaufnahme für den Verwalter ohne Ermächtigung der Eigentümer kann nur auf eine planmäßige Unterdeckung und Notwendigkeit einer größeren Kreditaufnahme bezogen werden. Weder bei knapp bemessenen Wirtschaftsplanansätzen noch gar bei unvorhergesehener und pflichtwidriger Zahlungssäumnis von Miteigentümern kann dem Verwalter verwehrt werden, das von ihm für die Gemeinschaft geführte Konto zu überziehen und ins Soll geraten zu lassen. Soweit der Verwalter gemeinschaftliche Kosten trotz fehlender Wohngeldzahlungen begleicht, handelt er im wohlverstandenen Interesse der Gesamtheit (zur Vermeidung einer gesamtschuldnerischen Haftung einzelner Eigentümer). Begleicht überdies ein Verwalter Gemeinschaftsschulden nicht freiwillig, kann dies außergerichtliche und gerichtliche Mehrkosten auslösen, für die in der Regel wiederum die Gemeinschaft aufzukommen hat.
5. Die Ansprüche des Verwalters (auf Aufwendungsersatz und dessen Verzinsung) richten sich gegen die Eigentümer im Zeitpunkt des Verwalterwechsels. Später in die Gemeinschaft eintretende Wohnungseigentümer haften dem ausgeschiedenen Verwalter ebenso wenig, wie sie in den Verwaltervertrag mit diesem eingetreten sind. Es kommt vorliegend deshalb aus Rechtsgründen auf die Zusammensetzung der Gemeinschaft zum Zeitpunkt des Ausscheidens des Verwalters an.
6. Der Streit musste an das LG zurückverwiesen werden. Dort müsse auch die Vertretungsberechtigung der jetzigen Verwaltung für die ausgeschiedenen, aber auch für die noch vorhandenen Wohnungseigentümer geprüft werden.
7. Keine außergerichtliche Kostenerstattung (was vom Senat bereits jetzt bestimmt werden kann) bei Geschäftswertansatz von DM 4.500,-.
Link zur Entscheidung
( KG Berlin, Beschluss vom 21.05.1997, 24 W 8575/96)
zu Gruppe 4: Wohnungseigentumsverwaltung
Anmerkung:
1. Im vorliegenden Fall wurde offensichtlich das Gemeinsc...