Dr. Wolf-Dietrich Deckert†
Leitsatz
Normenkette
§ 15 Abs. 1, 3 WEG, § 43 Abs. 1, 4 WEG, § 1004 BGB, § 27 FGG, § 551 Nr. 5 ZPO
Kommentar
1. Die Bezeichnung eines Raumeigentums in der Teilungserklärung als Wohnung stellt eine Zweckbestimmung mit Vereinbarungscharakter dar; sie verbietet eine Nutzung zu einem anderen Zweck, der die restlichen Eigentümer mehr stört oder beeinträchtigt, als eine Nutzung als Wohnung.
2. Sieht die Gemeinschaftsordnung vor, dass die Nutzung einer Wohnung zu gewerblichen Zwecken der Zustimmung des Verwalters bedarf, dann unterliegt eine solche erteilte Zustimmung gleichwohl einer Kontrolle durch die Wohnungseigentümer ebenso wie einer Überprüfung durch das Gericht. Sofern die Nutzung mehr stört oder beeinträchtigt, als eine zweckbestimmungsgemäße Wohnungsnutzung, ist sie trotz Genehmigung durch den Verwalter unzulässig und kann untersagt werden.
3. Ist durch Vereinbarung oder durch Eigentümerbeschluss bestimmt, dass vor Antragstellung beim Wohnungseigentumsgericht die Wohnungseigentümerversammlung anzurufen ist, muss als Zulässigkeitsvoraussetzung für einen Antrag nach § 43 Abs. 1 WEG vorab ein solchermaßen geregeltes Vorschaltverfahren durchgeführt werden. Es kann ausnahmsweise dann unterbleiben, wenn die Wohnungseigentümer bereits aus anderem Anlass wiederholt mit der Sache befasst waren und keine Lösung des Problems erreicht werden konnte.
4. Wurden nicht alle materiell beteiligten Wohnungseigentümer auch formell am WE-Verfahren beteiligt, so führt dies zwingend zur Aufhebung der Beschwerdeentscheidung und zur Zurückverweisung der Sache an das LG.
Link zur Entscheidung
( BayObLG, Beschluss vom 30.01.1991, BReg 2 Z 156/90)
zu Gruppe 5: Rechte und Pflichten der Miteigentümer
Anmerkung:
Im vorliegenden Fall war in der Gemeinschaftsverordnung vereinbart, dass die Ausübung eines Berufes oder Gewerbes in der Wohnung nur mit Zustimmung des Hausverwalters zulässig sei, die widerruflich und unter Auflagen erteilt und nur aus wichtigem Grund verweigert werden könne. Weiterhin sei jeder Wohnungseigentümer verpflichtet, vor Anrufung des Wohnungseigentumsgerichts die Vermittlung der Wohnungseigentümerversammlung in Anspruch zu nehmen. Mit dieser Entscheidung dürfte eine solche - oftmals vereinbarte - Verwaltergenehmigungsklausel keine wesentliche rechtliche Bedeutung mehr besitzen, wenn eine solchermaßen erteilte Genehmigung gleichwohl und nachträglich der Kontrolle durch die Eigentümer und auch der Überprüfung durch das Gericht überantwortet bleibt. Eine solche vereinbarte Verwalterzustimmung käme dann nur einer rechtlich bedeutungslosen Meinungsäußerung des Verwalters gleich und würde für den die Genehmigung ersuchenden Eigentümer keinerlei Verbindlichkeit oder Vertrauenswirkung erzeugen. Solche Vereinbarungen sollten dann gänzlich entfallen, da andernfalls ein genehmigender Verwalter in etwaige Investitionskostenschadensersatzhaftung von betreffender Eigentümerseite genommen werden könnte, wenn nachträglich Gemeinschaft oder Gericht solchen Zweckänderungen widersprechen. Änderungswilligen Eigentümern sei deshalb angeraten, sich nicht (mehr) ausschließlich auf etwaige Verwaltergenehmigungen zu verlassen und sich gleich um Eigentümerbeschlussgenehmigung zu bemühen.