Entscheidungsstichwort (Thema)
Wohnungseigentumssache: Zulässigkeit einer Nutzung von Wohnungseigentum als Blumenladen bei Verwalterzustimmung
Verfahrensgang
AG Bad Kissingen (Aktenzeichen UR II 23/87) |
LG Schweinfurt (Aktenzeichen 2 T 79/89) |
Tenor
I. Auf die sofortige weitere Beschwerde der Antragsteller wird der Beschluß des Landgerichts Schweinfurt vom 11. Oktober 1990 aufgehoben.
II. Die Sache wird zur neuen Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Rechtsbeschwerdeverfahrens, an das Landgericht Schweinfurt zurückverwiesen.
III. Der Geschäftswert für das Rechtsbeschwerdeverfahren wird auf 80 000 DM festgesetzt.
Gründe
I.
Die Antragsteller und die Antragsgegnerin sind Wohnungseigentümer einer 1969 begründeten Wohnanlage. Die Antragsteller sind seit 1970 als Eigentümer ihrer Wohnung im Grundbuch eingetragen, die Antragsgegnerin ist seit 1981 Eigentümerin ihres Wohnungseigentums. Das unter der Wohnung Nr. 18 der Antragsteller liegende Wohnungseigentum Nr. 15 der Antragsgegnerin ist in der Teilungserklärung bezeichnet als „Miteigentumsanteil … verbunden mit dem Sondereigentum an der Wohnung … bestehend aus …”.
Die als Inhalt des Sondereigentums im Grundbuch eingetragene Gemeinschaftsordnung (GO) bestimmt in Nr. 4 Buchst. b, c, daß die Ausübung eines Berufes oder Gewerbes in der Wohnung nur mit Zustimmung des Hausverwalters zulässig ist, die widerruflich und unter Auflagen erteilt und nur aus wichtigem Grund verweigert werden kann. Gemäß Nr. 20 GO ist jeder Wohnungseigentümer verpflichtet, vor Anrufung des Wohnungseigentumsgerichts die Vermittlung der Wohnungseigentümerversammlung in Anspruch zu nehmen.
Das Wohnungseigentum der Antragsgegnerin wird von ihrem Pächter teilweise als Blumenladen genutzt, in dem auch Zeitungen verkauft werden. Diese Nutzung wurde der Antragsgegnerin durch Schreiben der Verwalterin vom 28.4.1981 gestattet. Die in diesem Zusammenhang vorgenommenen Umbaumaßnahmen wurden durch unangefochtenen Beschluß der Wohnungseigentümer vom 24.2.1982 genehmigt. Ein Beschluß der Wohnungseigentümer vom 9.2.1984, durch den der Antragsgegnerin die Nutzung der an den Laden anschließenden Wohnräume zu gewerblichen Zwecken gestattet wurde, ist auf Betreiben der Antragsteller aus formalen Gründen für ungültig erklärt worden. In der Niederschrift über die Eigentümerversammlung vom 26.2.1987 ist festgehalten, daß eine gewerbliche Nutzung der Wohnungen für unzulässig erklärt und eine Genehmigung nicht erteilt werde.
Die Antragsteller haben beantragt, der Antragsgegnerin zu verbieten, in ihrem Wohnungseigentum, hilfsweise in dem Ladenraum ihres Wohnungseigentums, ein Blumengeschäft zu betreiben sowie Zeitungen und Zeitschriften zu verkaufen. Das Amtsgericht hat dem Antrag am 14.7.1989 stattgegeben, das Landgericht hat ihn durch Beschluß vom 11.10.1990 abgewiesen. Hiergegen richtet sich die sofortige weitere Beschwerde der Antragsteller.
II.
Das Rechtsmittel ist begründet. Die Entscheidung des Landgerichts beruht auf einem Verfahrensmangel; er führt zur Aufhebung des angefochtenen Beschlusses und zur Zurückverweisung der Sache an das Landgericht.
1. Das Verfahren hat die sich aus der Gemeinschaft der Wohnungseigentümer ergebenden Rechte und Pflichten der Wohnungseigentümer untereinander i. S. des § 43 Abs. 1 Nr. 1 WEG zum Gegenstand. An diesem Verfahren sind gemäß § 43 Abs. 4 Nr. 1 WEG sämtliche Wohnungseigentümer materiell beteiligt. Wer materiell beteiligt ist, muß auch formell beteiligt, also zum Verfahren zugezogen werden. Die Notwendigkeit der Beteiligung ergibt sich auch aus § 45 Abs. 2 Satz 2 WEG, wo bestimmt ist, daß die gerichtliche Entscheidung für alle Beteiligten bindend ist. Sie ist außerdem ein Gebot der Gewährung rechtlichen Gehörs gemäß Art. 103 GG und der Sachaufklärung nach § 12 FGG (BayObLG WuM 1989, 36; DWE 1990, 29).
Weder das Amtsgericht noch das Landgericht haben die übrigen Wohnungseigentümer am Verfahren beteiligt. Dies hätte durch Einschaltung des Verwalters als Zustellungsvertreter geschehen können (vgl. BayObLGZ 1989, 342/344).
2. Die unterlassene Beteiligung der übrigen Wohnungseigentümer hat nach § 27 Satz 2 FGG, §§ 550, 551 Nr. 5 ZPO zwingend die Aufhebung des landgerichtlichen Beschlusses und die Zurückverweisung zur neuen Verhandlung und Entscheidung zur Folge (BayObLGZ 1973, 145/146 f.; BayObLG WuM 1989, 36/37; BayObLG DWE 1990, 29/30, jew. m.w.Nachw.). Der Verfahrensfehler ist im Rahmen von § 27 Satz 2 FGG, § 551 ZPO von Amts wegen zu beachten; daß niemand den Fehler gerügt hat, ist daher unerheblich (BayObLG WuM 1989, 350/351).
3. Eine Kostenentscheidung für das Rechtsbeschwerdeverfahren ist nicht veranlaßt; sie wird das Landgericht zu treffen haben. Die mit den Vorinstanzen übereinstimmende Festsetzung des Geschäftswerts für das Rechtsbeschwerdeverfahren beruht auf § 48 Abs. 2 WEG.
III.
Für das weitere Verfahren wird bemerkt:
1. Das Landgericht hat zur Begründung seiner Entscheidung ausgeführt: Auf Nr. 20 GO könne sich die Antragsgegnerin nicht berufen; Zweck der Bestimmung se...