Leitsatz
Die volljährige Tochter aus einer geschiedenen Ehe nahm ihren barunterhaltsverpflichteten Vater zusätzlich zu dem laufenden Unterhalt auf Übernahme der Kosten für einen Aufenthalt in den USA während des Schuljahres 2004/2005 im Rahmen eines Austausch-Programms in Anspruch.
In dem Verfahren ging es primär um die Frage, ob diese Kosten Sonderbedarf darstellen, der von dem unterhaltsverpflichteten Vater übernommen werden muss.
Sachverhalt
Die Ehe der Eltern der Klägerin war im Jahre 1993 geschieden worden. Aus dieser Ehe waren die am 14.11.1986 geborene Klägerin und ihre am 25.7.1990 geborene Schwester hervorgegangen. Die Klägerin besuchte das Gymnasium. Während des Schuljahres 2004/2005 hat sie an einem offiziellen Exchange Visitor Program in den USA teilgenommen. Sie verlangte von ihrem Vater die Kosten für den Aufenthalt in den USA sowie die Kosten für eine Versicherung und das Visum i.H.v. insgesamt 6.425,00 EUR. Der Beklagte war selbständiger Augenarzt. Er zahlte an die Klägerin aufgrund eines Urteils des AG vom 12.1.2004 monatlichen Unterhalt i.H.v. 547,80 EUR. Ferner zahlte er Unterhalt an seine geschiedene Ehefrau und die Schwester der Klägerin. Der Beklagte war inzwischen eine neue Ehe eingegangen, aus der im Jahre 1995 ein Kind hervorgegangen war. Außerdem hatte er die im Jahre 1984 geborene Tochter seiner zweiten Ehefrau adoptiert.
Er hat in erster Instanz beantragt, die Klage abzuweisen und das Urteil des AG aus dem Monat Januar 2004 dahingehend abzuändern, dass er ab 1.12.2004 nicht mehr verpflichtet ist, Unterhalt an die Klägerin zu zahlen.
Das erstinstanzliche Gericht hat den Beklagten antragsgemäß verurteilt, an seine volljährige Tochter 6.425,00 EUR zu zahlen, die Widerklage wurde als unzulässig abgewiesen mit der Begründung, der Beklagte habe zu den Grundlagen des abzuändernden Urteils nicht ausreichend vorgetragen und im Übrigen seine derzeitigen Einkommensverhältnisse nicht substantiiert dargestellt.
Der Beklagte hat gegen das erstinstanzliche Urteil Berufung eingelegt, soweit er zur Zahlung der Kosten des Auslandsaufenthalts verurteilt worden ist. Sein Rechtsmittel war erfolgreich.
Entscheidung
Das OLG vertrat in seiner Entscheidung die Auffassung, der Beklagte sei nicht verpflichtet, die zusätzlichen Kosten für den Auslandsaufenthalt der Klägerin zu tragen. Es handele sich hierbei nach § 1613 Abs. 2 BGB um einen unregelmäßigen Bedarf, der außergewöhnlich hoch sei und über den Rahmen des laufenden Bedarfs hinausgehe (BGH v. 11.11.1981 - IVb ZR 608/80, MDR 1982, 391 = FamRZ 1982, 145 [147]; OLG Karlsruhe v. 22.3.1988 - 18 UF 161/87, FamRZ 1988, 1091 ff.; OLG Naumburg v. 8.4.1999 - 3 UF 98/98, OLGReport Naumburg 1999, 421 = FamRZ 2000, 444 ff.).
Voraussetzung dafür, dass der Unterhaltsverpflichtete sich an Leistungen für einen Sonderbedarf zu beteiligen habe, sei, dass die Sonderbedarfskosten aus Sicht eines objektiven Betrachters als notwendig erschienen. Es müsse sich um die Deckung notwendiger Lebensbedürfnisse handeln, es gelte hier nichts anderes als beim laufenden Bedarf (OLG Naumburg v. 8.4.1999 - 3 UF 98/98, OLGReport Naumburg 1999, 421 = FamRZ 2000, 444 ff.; Kathoener/Büttner/Niepmann, Rechtsprechung zur Höhe des Unterhalts, 9. Aufl., Rz. 278).
In der BGH-Entscheidung vom 11.11.1981 (a.a.O.) sei zwar nicht ausgeführt, dass es sich um notwendige Lebensbedürfnisse handeln müsse. Gleichwohl könne der Entscheidung auch nicht entnommen werden, dass diese Voraussetzungen nicht gegeben sein müssten. Der BGH sei mit Krankheitskosten befasst gewesen, deren Erforderlichkeit sich von selbst verstehe.
Die Klägerin habe ausgeführt, der Aufenthalt in den USA habe ihr auf spielerische Art und Weise perfekte englische Sprachkenntnisse vermittelt, die für ihren späteren beruflichen Lebensweg von außerordentlicher Nützlichkeit und Notwendigkeit seien. Das OLG vertrat hierzu die Auffassung, dass die Kosten des Auslandsaufenthalt den angemessenen Ausbildungsbedarf der Klägerin überschritten.
Es werde nicht bestritten, dass der Aufenthalt des Schülers einem Gymnasiums für ein Schuljahr in den USA der persönlichen Entwicklung und dem Erlernen der englischen Sprache diene. Unterhaltsrechtlich berechtigt sei ein solcher Aufenthalt allerdings nicht ohne Weiteres. Die Klägerin habe neben der Möglichkeit in der Schule auch außerschulisch die Möglichkeit, ihre Englischkenntnisse zu vertiefen. So könne sie z.B. an Volkshochschulkursen teilnehmen.
Die Teilnahme an einem Schüleraustausch diene im Regelfall zwar nicht nur der Förderung der Sprachkenntnisse der teilnehmenden Schüler; er berge aber auch für weniger leistungsstarke Schüler schon angesichts unterschiedlicher Lehrpläne durchaus Risiken für das Bestehen in anderen Fächern. Die Finanzierung eines Auslandsaufenthalts stelle sich zwar als gute, jedoch nicht als allgemein übliche und gebotene schulische Förderung dar. Im Rahmen des Unterhalts könne jedoch nicht eine besonders herausgehobene und teure Ausbildung verlangt werden, wie sie in aller Regel allenfal...