Leitsatz

  • Gerichtliche Kostenentscheidung nach Beschwerderücknahme

    Anfechtbare Geschäftswertentscheidung

    Geschäftswertansätze (Abrechnung, Wirtschaftsplan, Instandsetzung)

 

Normenkette

§ 47 WEG, § 48 Abs. 3 S. 1 WEG, § 31 Abs. 1, 3 KostO, § 567 ZPO, § 9 Abs. 2 S. 1 BRAGO

 

Kommentar

1. Nehmen Antragsteller ihren Antrag im (Erst-)Beschwerdeverfahren zurück, hat das Beschwerdegericht (Landgericht) nicht nur über die Kosten des Beschwerdeverfahrens, sondern auch über die Kosten des ersten Rechtszuges (Amtsgericht) zu entscheiden. Unterläßt dies das Beschwerdegericht, kann die Entscheidung auf zulässige weitere Beschwerde (Rechtsbeschwerde) hin vom Rechtsbeschwerdegericht (Dritte Instanz) nachgeholt werden.

2. Der 2. Senat des BayObLG bleibt dabei, dass derjenige, der einen Antrag oder ein Rechtsmittel zurücknimmt, grundsätzlich auch die außergerichtlichen Kosten des Gegners zu erstatten hat. Die Zurücknahme nach mehr als dreijähriger Dauer eines Beschwerdeverfahrens und nach zwei mündlichen Verhandlungen rechtfertigt keine Ausnahme von diesem Grundsatz, auch wenn sie mit inzwischen gewonnener "Einsicht" und mit der Förderung des Rechtsfriedens in der Gemeinschaft begründet wird.

3. Hat das Rechtsbeschwerdegericht nach Zurücknahme des Antrags im zweiten Rechtszug auf sofortige Beschwerde über die Kosten des Beschwerdeverfahrens und auf Beschwerde über den für den zweiten Rechtszug festgesetzten Geschäftswert zu entscheiden, kann es auch den Geschäftswert des 1. Rechtszuges abändern.

4. Zu den Grundsätzen für die Festsetzung des Geschäftswerts, wenn ein Eigentümerbeschluss über die Genehmigung der Jahresabrechnung und des Wirtschaftsplanes sowie über die Durchführung oder Genehmigung baulicher Instandsetzungsmaßnahmen angefochten wird:

Wird ein Beschluss über die Jahresabrechnung oder den Wirtschaftsplan angefochten, so ist zunächst von deren Gesamtvolumen auszugehen; als Geschäftswert festzusetzen ist aber jedenfalls dann, wenn keine konkreten Einzelbeanstandungen erhoben werden, nur ein angemessener Bruchteil davon, nach Rechtsprechung des Senats in der Regel 1/5 bis 1/4. Wurde zum Wirtschaftsplan beschlossen, dass dieser ggf. länger als ein Wirtschaftsjahr gelten sollte, ist insoweit ein etwas höherer Betrag als bei der Jahresabrechnung anzusetzen.

Wird ein Beschluss über eine konkrete Instandsetzungsmaßnahme angefochten, so ist der entstandene oder veranschlagte Kostenaufwand dafür grundsätzlich in voller Höhe als Geschäftswert festzusetzen.

5. Eine Beschwerde gegen die Festsetzung des Geschäftswerts für ein Beschwerdeverfahren ist grundsätzlich statthaft ( § 9 Abs. 2 Satz 1 BRAGO) und auch sonst zulässig (§ 31 Abs. 3 Satz 1, § 14 Abs. 3 Satz 1 Kostenordnung und ZPO). Die Zulässigkeit scheitert nicht an § 567 Abs. 3 Satz 1 ZPO, denn auf diese Bestimmung wird im Unterschied zu § 567 Abs. 2 und Abs. 4 ZPO in § 14 Abs. 3 Satz 1 KostO nicht verwiesen (a.A. OLG Köln, ZMR 95, 326). Eines bestimmten Antrages bedarf es nicht.

 

Link zur Entscheidung

( BayObLG, Beschluss vom 19.09.1996, 2Z BR 74/96)

zu Gruppe 6: Baurechtliche und bautechnische Fragen; Baumängel

Dieser Inhalt ist unter anderem im Deutsches Anwalt Office Premium enthalten. Sie wollen mehr?