Dr. Wolf-Dietrich Deckert†
Leitsatz
Kriterium einer außergerichtlichen Kostenerstattung muss die "sachliche Erfolgsaussicht" des (zurückgenommenen) Rechtsmittels sein
So genannte Einsichtsrechtsprechung des BayObLG für zweifelhaft erklärt
Erstattungspflicht außergerichtlicher Kosten bei offensichtlicher Aussichtslosigkeit des (zurückgenommenen) Rechtsmittels
Normenkette
§ 47 Satz 2 WEG
Kommentar
1. Im vorliegenden Fall ging es im Rechtsbeschwerdeverfahren um die isolierte Kostenentscheidung des LG (nach Rücknahme der Erstbeschwerde). Eine solche isolierte Kostenentscheidung ist mit der sofortigen weiteren Beschwerde (Rechtsbeschwerde) anfechtbar, wenn die Beschwer den nach § 20a Abs. 2 FGG erforderlichen Betrag von DM 200,- (wie hier) übersteigt.
2. Das LG hat die Rechtsprechung des BayObLG zugrunde gelegt, welches in diversen Entscheidungen zunächst vom Grundsatz ausgeht, die Rücknahme eines Rechtsmittels rechtfertige die Belastung eines Beschwerdeführers mit den außergerichtlichen Kosten der übrigen Verfahrensbeteiligten; eine Ausnahme von diesem Grundsatz solle jedoch dann nach Meinung des BayObLG gelten, wenn die Rücknahme des Rechtsmittels auf eine vom Gericht vermittelte Einsicht einer Aussichtslosigkeit zurückzuführen sei (BayObLG, WM 91, 134; 92, 569; 93, 492; WE 97, 238; 98, 78). Daneben lässt jedoch das BayObLG für die Ermessensausübung hinsichtlich der Kostenentscheidung im Einzelfall auch die Berücksichtigung der sachlichen Erfolgsaussicht des Rechtsmittels zu (so früher BayObLG, JURBüro 90, 1514, 1515).
3. Der Senat hat in der Vergangenheit offen gelassen, ob er sich dieser Abfolge von Grundsatz und (Regel-)Ausnahme bei der Ermessensausübung anschließen kann. Bereits der grundsätzliche Ausgangspunkt begegnet dem Bedenken, dass im Anwendungsbereich des § 47 Satz 2 WEG die allgemeine Vorschrift des § 13a Abs. 1 Satz 2 FGG nicht anwendbar ist. Die Sachentscheidung des Beschwerdegerichts, durch die das Rechtsmittel zurückgewiesen wird, führt also nicht allein dazu, dass der Beschwerdeführer mit den außergerichtlichen Kosten der gegnerischen Verfahrensbeteiligten zu belasten ist. Vielmehr bleibt es auch in diesem Fall bei dem Grundsatz, dass im WE-Verfahren die Beteiligten ihre außergerichtlichen Kosten selbst zu tragen haben. Das Kammergericht Berlin (OLGZ 88, 317; 89, 438, 440) hat deshalb mit zutreffender Begründung herausgestellt, die Rücknahme des Rechtsmittels könne allein kein hinreichender Anlass sein, den Beschwerdeführer kostenmäßig schlechter zu stellen, als wenn er sein Rechtsmittel durchgeführt hätte. Das "Einsichtsargument" des BayObLG (Förderung alsbaldiger Rechtsmittelrücknahme, um dem Gericht und den Beteiligten Aufwand an Zeit und Kosten zu ersparen) erscheint zweifelhaft, weil für die Erhebung der Gerichtskosten die Rücknahme des Rechtsmittels bereits kostenrechtlich privilegiert ist ( § 48 Abs. 4 i.V.m. Abs. 1 Satz 2 WEG). Hinsichtlich der Entstehung der außergerichtlichen Kosten der übrigen Verfahrensmitgliedern bleibt hingegen die alsbaldige Rechtsmittelrücknahme ohne Bedeutung, wenn der Hinweis des Gerichts auf die Aussichtslosigkeit des Rechtsmittels (wie hier geschehen und § 44 Abs. 1 WEG entsprechend) im Rahmen der Erörterung der Sache in der mündlichen Verhandlung vor dem LG erfolgt und damit zu diesem Zeitpunkt die anwaltliche Prozess- und Verhandlungs- bzw. Erörterungsgebühr bereits angefallen ist ( § 63 Abs. 1 Nr. 2, Abs. 2 BRAGO i.V.m. § 31 Abs. 1 Nr. 1 und 4 BRAGO).
Bei der Kosten-Ermessensentscheidung ist deshalb maßgebliches Gewicht auf die sachliche Erfolgsaussicht des Rechtsmittels bezogen auf den Streitstand zum Zeitpunkt der Rücknahmeerklärung zu legen. Die Anordnung der Erstattung außergerichtlicher Kosten hat danach dann zu unterbleiben, wenn dem Rechtsmittel bei summarischer Prüfung eine sachliche Erfolgsaussicht nicht abgesprochen werden kann, etwa wenn eine abschließende Sachentscheidung von der Beantwortung schwieriger Rechts- oder Auslegungsfragen abhängig gewesen wäre oder weitere tatsächliche Ermittlungen erfordert hätte. Ist hingegen ein Rechtsmittel (wie im vorliegenden Fall, was in den Gründen näher belegt wird) offensichtlich unbegründet, insbesondere eine Beschwerdebegründung nicht geeignet, die getragenen Erwägungen der in der Vorinstanz getroffenen Entscheidung ernsthaft in Zweifel zu ziehen, ist es unter Billigkeitsgesichtspunkten gerechtfertigt, den Beschwerdeführer mit den außergerichtlichen Kosten der gegnerischen Verfahrensbeteiligten zu belasten, die er durch sein Rechtsmittel veranlasst hat. Dies entspricht auch der Handhabung der Vorschrift durch den Senat bei Entscheidungen in der Hauptsache. An dieser Akzentuierung der Kriterien der Ermessensausübung sieht sich der Senat durch die Rechtsprechung des BayObLG nicht in einer eine Vorlagepflicht nach § 28 Abs. 2 FGG begründenden Weise gehindert, weil auch nach dessen Rechtsprechung die Berücksichtigung von Gesichtspunkten der sachlichen Erfolgsaussicht des Rechtsmittels nicht ausgeschlossen ist.
3. Keine außergerichtliche ...