Leitsatz
Gegenstand des Beschwerdeverfahrens war die Kostenentscheidung nach Rücknahme eines Ehescheidungsantrages unter Berücksichtigung des Inhalts einer Stellungnahme des Antragsgegners zum Ehescheidungsantrag, die von diesem verspätet abgegeben worden war.
Sachverhalt
Die Antragstellerin hatte mit Antragsschrift vom 18.11.2008 Prozesskostenhilfe für die Durchführung eines Ehescheidungsverfahrens einschließlich der Folgesache Sorgerecht begehrt. Mit Verfügung vom 28.11.2008 hat der Antragsgegner Gelegenheit zur Stellungnahme im Prozesskostenhilfeverfahren erhalten.
Nach Ausbleiben einer Stellungnahme hat das AG der Antragstellerin mit Beschluss vom 15.1.2009 Prozesskostenhilfe für das Ehescheidungsverfahren bewilligt und gleichzeitig das Sorgerechtsverfahren als Folgesache zum Scheidungsverfahren verbunden.
Nach Zustellung der Antragsschrift hat der Antragsgegner mit Schriftsatz vom 29.1.2009 mitgeteilt, die Ehe der Parteien, die beide mazedonische Staatsangehörige waren, sei mit Urteil des zuständigen mazedonischen Gerichts geschieden worden. Dieses Urteil sei seit dem 30.12.2008 rechtskräftig.
Daraufhin hat die Antragstellerin ihren Scheidungsantrag mit Schriftsatz vom 29.10.2009 zurückgenommen.
Das AG hat daraufhin die Kosten des Verfahrens dem Antragsgegner unter Hinweis auf § 626 Abs. 1 i.V.m. § 269 Abs. 3 S. 2 ZPO auferlegt und hierzu ausgeführt, es habe dem Antragsgegner oblegen, sich bereits im Prozesskostenhilfeprüfungsverfahren dazu zu äußern, dass er bereits in Mazedonien das Scheidungsverfahren betreibe. Da er dies nicht getan habe, sei es unter Berücksichtigung des Sachstandes billig, ihm die Kosten des Verfahrens aufzuerlegen.
Die gegen den erstinstanzlichen Beschluss gerichtete sofortige Beschwerde des Antragsgegners erwies sich als erfolgreich.
Entscheidung
Das OLG wies in seinem Beschluss darauf hin, dass die Klagerücknahme gemäß § 269 Abs. 3 S. 2 ZPO grundsätzlich zur Folge habe, dass der Kläger die Kosten des Rechtsstreits zu tragen habe. Ein besonderer Grund, die Kosten des Ehescheidungsverfahrens hier ausnahmsweise ganz oder zum Teil dem Antragsgegner aufzuerlegen, liege entgegen der Auffassung des erstinstanzlichen Gerichts nicht vor.
Die Regelung des § 269 Abs. 3 S. 2 ZPO sei eine Ausprägung des allgemeinen, den §§ 91, 97 ZPO zugrunde liegenden Prinzips, dass die unterlegene Partei die Kosten des Rechtsstreits zu tragen habe. Nehme der Kläger bzw. Antragsteller seine Klage zurück, begebe er sich freiwillig in die Rolle des Unterliegenden. Ob dieses Ergebnis mit dem materiellen Recht übereinstimme, sei ohne Bedeutung. Letzteres betreffe allein den materiell-rechtlichen Kostenerstattungsanspruch, nicht aber die davon zu unterscheidende prozessuale Kostenlast (BGHZ 45, 251, 256 f.).
Entgegen der Auffassung der Antragstellerin seien die Voraussetzungen des § 269 Abs. 3 S. 2 Halbs. 2 ZPO nicht erfüllt, weil sich eine Kostenlast des Antragsgegners nicht "aus anderen Gründen" im Sinne dieser Vorschrift ergebe.
Im vorliegenden Fall könne eine Anwendung des § 269 Abs. 3 S. 2 ZPO nur dann in Betracht kommen, wenn die Klagerücknahme bzw. die Rücknahme des Ehescheidungsantrages in einer der von § 93d ZPO geregelten vergleichbaren Prozesslage erfolgt wäre, mithin § 93d ZPO analog angewendet werden könnte. Eine solche Prozesssituation, in der erst die verspätete Erteilung vom Antragsgegner geschuldeter Auskünfte die Unbegründetheit des Scheidungsantrages zu Tage treten lasse, sei hier nicht gegeben gewesen.
Zum einen sei für den Antragsgegner eine gesetzliche Auskunftspflicht, so wie sie die für den Unterhaltsschuldner in den §§ 1605, 1580 BGB normiert sei, ggü. der Antragstellerin nicht gegeben gewesen.
Zum anderen habe dem Antragsgegner das Scheidungsurteil selbst innerhalb der ihm vom AG eingeräumten Stellungnahmefrist noch gar nicht vorgelegen und sei erst recht zu diesem Zeitpunkt noch nicht in Rechtskraft erwachsen gewesen. Darüber hinaus habe der Antragsgegner - unwidersprochen - vorgetragen, dass er in dem von der Antragstellerin ebenfalls eingeleiteten Verfahren zu einem Umgangsrecht der Antragstellerin mit dem gemeinsamen Kind der Parteien das in Mazedonien eingeleitete Scheidungsverfahren mitgeteilt habe.
Nach alledem habe es hier bei der kostenrechtlichen Grundentscheidung des § 269 Abs. 3 ZPO zu verbleiben, wonach der Antragstellerin die Kosten des Ehescheidungsverfahrens nach Rücknahme des Scheidungsantrages aufzuerlegen seien.
Link zur Entscheidung
Brandenburgisches OLG, Beschluss vom 01.03.2010, 13 WF 35/10