Dr. Wolf-Dietrich Deckert†
Leitsatz
Erledigung einer Anschlussbeschwerde
Normenkette
§ 47 WEG, § 48 WEG, § 13a Abs. 1 S. 2 FGG
Kommentar
Die Zurücknahme eines Rechtsmittels in Wohnungseigentumssachen rechtfertigt nicht regelmäßig, dem Rechtsmittelführer die den anderen Beteiligten entstandenen (außergerichtlichen) Kosten aufzuerlegen (entgegen BayObLG ZMR 85, 133; WuM 87, 237 und OLG Stuttgart, OLG Z 83, 171).
Mit Rücknahme einer Rechtsbeschwerde erledigt sich auch ein unselbstständiges Anschlussrechtsmittel, sodass eine Entscheidung in der Sache nicht mehr zu treffen ist (analog den ZPO-Vorschriften, vgl. BGH Z 71, 314 = NJW 78, 1977).
Im vorliegenden Fall wurde die rechtsmittelführende Antragstellerseite in die Übernahme der Gerichtskosten verurteilt und gleichzeitig ausgesprochen, dass außergerichtliche Kosten nicht zu erstatten seien. Eine Rücknahme eines Rechtsmittels führt also nicht regelmäßig dazu, dass der Rechtsmittelführer anderen Beteiligten außergerichtliche Kosten zu erstatten hat. Entgegenstehende gerichtliche Auffassungen führen zu einer durch nichts zu rechtfertigenden Benachteiligung des Rechtsmittelführers gegenüber demjenigen, der sein Rechtsmittel nicht zurücknimmt und entscheiden lässt. Im WEG gibt es den § 47 S. 2, der als Spezialvorschrift die Regelung des § 13 a Abs. 1 S. 2 FGG verdrängt. Es besteht hier also kein Zwang zur Anordnung einer Kostenerstattung, auch wenn dies im Einzelfall möglich wäre. Grundsätzlich hat es im WEG-Recht beim Regel-Ausnahme-Verhältnis zu verbleiben. Eine Kostenerstattung außergerichtlicher Kosten bedarf stets besonderer Gründe, z. B., dass Kosten durch ein unbegründetes Rechtsmittel oder durch grobes Verschulden veranlasst worden sind. Dieses Ausnahmeverhältnis des § 13a Abs. 1 S. 2 FGG ist keinesfalls als zwingende Vorschrift in den § 47 S. 2 WEG hinein zu interpretieren, sondern gibt lediglich Anhaltspunkte bei der zu betreffenden Ermessensentscheidung. Es wäre in Wohnungseigentumssachen ein völlig unverständliches Ergebnis, wenn bei einer durchgeführten, aber erfolglosen Rechtsbeschwerde nach einhelliger Meinung die Nichterstattung außergerichtlicher Kosten die Regel, die Erstattung die Ausnahme bildet, bei Rechtsmittelrücknahme aber dieses Regel-Ausnahme-Verhältnis umgekehrt wird.
Eine Vorlage an den BGH war trotz anderweitiger obergerichtlicher Entscheidungen nicht veranlasst, da in den zitierten Entscheidungen des BayObLG und des OLG Stuttgart ebenfalls anerkannt wurde, dass besondere Umstände eine andere Beurteilung im Einzelfall rechtfertigen könnten.
Link zur Entscheidung
( KG Berlin, Beschluss vom 11.05.1988, 24 W 6642/87)
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