Leitsatz
Die in den Mietverträgen der ehemals gemeinnützigen Wohnungsunternehmen enthaltene Kostenmietklausel ist ergänzend dahingehend auszulegen, dass die Parteien nach der Aufhebung des Wohnungsgemeinnützigkeitsgesetzes eine Mieterhöhung nach den allgemeinen Vorschriften des § 2 MHG bzw. des § 558 BGB ohne Beschränkung auf die Kostenmiete für zulässig erachtet hätten.
Normenkette
BGB § 558
Kommentar
Ein Mieter hatte im Jahr 1963 von einer Baugenossenschaft eine Wohnung gemietet. Die Vermieterin war bis zur Aufhebung des Wohnungsgemeinnützigkeitsgesetzes zum 31.12.1989 als gemeinnützige Wohnungsbaugenossenschaft tätig. Dementsprechend enthielt der Mietvertrag folgende Klauseln:
§ 4 Abs. 1
Die nach dem Recht über die Gemeinnützigkeit im Wohnungswesen und den sonst maßgebenden gesetzlichen Bestimmungen festgesetzte Miete beträgt bei Vertragsbeginn monatlich DM 54,–.
§ 4 Abs. 7
Deckt die … Miete die nach den Grundsätzen einer ordnungsmäßigen Wirtschaftsführung anzusetzenden Kosten nicht oder tritt eine Erhöhung der Kapital- oder Bewirtschaftungskosten ein, so kann das Wohnungsunternehmen die Miete durch schriftliche Mitteilung gegenüber den Mietern entsprechend erhöhen.
Die Miete wurde im Verlauf der Jahre mehrmals erhöht; sie betrug zuletzt 192 EUR (3,37 EUR/qm). Im Februar 2003 hat die Vermieterin Zustimmung zur Mieterhöhung nach § 558 BGB verlangt und dieses Verlangen mit drei Vergleichswohnungen begründet. Der Mieter hat die Ansicht vertreten, dass die Vermieterin weiterhin an die vertraglich vereinbarte Kostenmietklausel in § 4 Abs. 7 des Mietvertrags gebunden sei. Die Instanzgerichte haben der Klage der Vermieterin stattgegeben. Die Revision des Mieters hatte keinen Erfolg.
Hinweis
In der Rechtsprechung und Literatur ist streitig, ob eine vertraglich vereinbarte Kostenmietklausel nach der Aufhebung des Wohnungsgemeinnützigkeitsgesetzes weiter gilt. Nach einer Ansicht kann der Vermieter zwar Zustimmung zur Mieterhöhung nach § 558 BGB verlangen; jedoch ist die Erhöhung auf die jeweilige Kostenmiete beschränkt (so LG München I, WuM 1999, 170; LG Berlin, GE 2002, 803; Börstinghaus in: Schmidt-Futterer Mietrecht, 8. Aufl., vor §§ 557 bis 557b BGB, Rdn. 50).
Nach der Gegensicht ergibt sich aus einer ergänzenden Vertragsauslegung, dass die Kostenmietklausel mit dem Wegfall der Wohnungsgemeinnützigkeit ihre Bedeutung verloren hat (Schultz in: Bub/Treier, Kap. III A, Rdn. 310a).
Der BGH folgt der letztgenannten Auffassung: Die Kostenmietklausel ist ergänzend dahingehend auszulegen, "dass die Parteien, hätten sie den späteren Wegfall der Gemeinnützigkeit … bedacht, eine Mieterhöhung nach den allgemeinen Vorschriften des § 2 MHG beziehungsweise des § 558 BGB für zulässig erachtet hätten".
Link zur Entscheidung
BGH, Urteil vom 14.06.2006, VIII ZR 128/05, NZM 2006, 693