Dr. Wolf-Dietrich Deckert†
Leitsatz
Ausnahmsweise keine Erstattung außergerichtlicher Kosten nach Rechtsmittelrücknahme; sog. Einsichts- Rechtsprechung erneut bestätigt
Berichtigung offenbarer Unrichtigkeit einer Gerichtsentscheidung auch durch das Rechtsmittelgericht
Normenkette
§ 47 WEG, § 319 ZPO
Kommentar
1. Wird die sofortige Beschwerde ausdrücklich zur Fristwahrung eingelegt und nach Hinweis des LG auf die Aussichtslosigkeit des Rechtsmittels innerhalb einer vom LG eingeräumten Überlegungsfrist zurückgenommen, so ist es nicht ermessensfehlerhaft, wenn von der Anordnung der Erstattung außergerichtlicher Kosten des Beschwerdeverfahrens abgesehen wird.
2. Ein in I. Instanz mit seiner Beschlussanfechtung unterlegener Antragsteller legte - anwaltlich nicht vertreten - fristgerecht "zur Fristwahrung" Beschwerde gegen die amtsgerichtliche Entscheidung ein. Das LG teilte dem Antragsteller und Beschwerdeführer mit, dass das Rechtsmittel wohl schon unzulässig sei, weil der Wert der Beschwer weit unter DM 1.500,- liege. Weiterhin teilte das LG dem Beschwerdeführer mit: "Zur Vermeidung weiterer Kosten durch eine Verwerfung des Rechtsmittels als unzulässig erhalten Sie Gelegenheit, Ihre Beschwerde binnen 2 Wochen zurückzunehmen. Von einer Zustellung an die Gegenseite wird zur Kostenvermeidung vorerst abgesehen."Etwa zu gleicher Zeit hatten die Antragsgegner mit Schriftsatz beantragt, das Rechtsmittel als unzulässig zu verwerfen. Nach anwaltlicher Überprüfung nahm der Antragsteller und Beschwerdeführer dann fristgemäß sein Rechtsmittel zurück.
In der isolierten Kostenentscheidung wurden zunächst "dem Antragsgegner" die Gerichtskosten des Beschwerdeverfahrens auferlegt, von der Anordnung der Erstattung außergerichtlicher Kosten wurde jedoch abgesehen.
3. Selbstverständlich hat der "Antragsteller" die Gerichtskosten zu tragen; die offenbare Unrichtigkeit (Schreibversehen im landgerichtlichen Beschluss-Tenor) im Sinne von § 319 Abs. 1 ZPO konnte auch der Senat entsprechend berichtigen (vgl. BayObLG, WE 99, 35/36).
4. Grundsätzlich hat derjenige, der ein Rechtsmittel zurücknimmt, die gerichtlichen und außergerichtlichen Kosten des Rechtsmittelverfahrens zu tragen; von der Anordnung einer Kostenerstattung kann jedoch ausnahmsweise abgesehen werden, wenn das Rechtsmittel ausdrücklich nur zur Fristwahrung eingelegt war oder wenn die Zurücknahme auf der vom Gericht vermittelten Einsicht in die Aussichtslosigkeit des Rechtsmittels beruht (verfestigte Rechtsprechung des Senats). Im vorliegenden Fall hat der Beschwerdeführer sein Rechtsmittel nach Hinweis des LG auf das Fehlen der erforderlichen Beschwer ( § 45 Abs. 1 WEG) innerhalb der ihm eingeräumten Überlegungsfrist zurückgenommen; außerdem habe das LG die Beschwerdeschrift den Antragsgegnern nicht zugeleitet; diese hätten Verwerfung des Rechtsmittels beantragt, ohne förmlich am Verfahren beteiligt worden zu sein. Bei dieser Sachlage stellt es keinen Ermessensfehlgebrauch dar, wenn das LG die Erstattung der den Antragsgegnern im Beschwerdeverfahren entstandenen außergerichtlichen Kosten nicht angeordnet hat.
3. Keine außergerichtliche Kostenerstattung im Rechtsbeschwerdeverfahren bei Geschäftswert dieser Instanz von DM 4.180,-.
Link zur Entscheidung
( BayObLG, Beschluss vom 31.01.2000, 2Z BR 158/99)
zu Gruppe 7: Gerichtliches Verfahren
Anmerkung:
Bedauerlicherweise hält das BayObLG nach wie vor an seiner sog. Einsichts- Rechtsprechung und hier grds. zu verneinendem Ausspruch einer Erstattung außergerichtlicher Kosten nach Rücknahme eines Rechtsmittels fest, bestätigt damit auch die langjährige Spruchpraxis des LG München I (als Erstbeschwerdegericht); vgl. in diesem Zusammenhang auch die aus meiner Sicht überzeugende Entscheidung des OLG Hamm, Entscheidung vom 16.08.1999, Az.: 15 W 205/99.
Es ist keine Frage, dass auch ein in I. Instanz unterlegener Beteiligter "zur Fristwahrung" und "vorsorglich" Rechtsmittel einlegen kann; bei bisher in I. Instanz anwaltlich vertretener Gegnerseite kann und sollte in diesem Zusammenhang beschwerdeführerseits zusätzlich auch ausdrücklich darum gebeten werden, dass sich die Gegenseite einstweilen bis zu endgültiger Entscheidung über Weiterführung oder Zurücknahme des Rechtsmittels aus Kostenersparnisgründen noch nicht in II. Instanz anwaltlich beraten und vertreten lassen bzw. erwidernd in Erscheinung treten sollte.
Auch mit einer "vorsorglich" eingelegten Beschwerde ist allerdings das Verfahren in II. Instanz anhängig; es geht hier m.E. nicht an, dass ein Rechtsmittelgericht die Gegenseite von einer eingelegten Beschwerde (gleich welchen Inhalts) nicht einmal in Kenntnis setzt. Verfahrensbeteiligte haben doch ein legitimes Interesse daran, baldmöglichst davon Kenntnis zu erhalten, ob eine Streitsache als endgültig abgeschlossen angesehen werden kann oder nach wie vor rechtshängig ist! Auch (grds. zulässige) Hinweise des Gerichts an einen Rechtsmittelführer können sehr schnell die Grenze unzulässiger (richterlicher) Rechtsberatung überschreiten, zumal dann, wenn solche "Hinwei...