Alexander C. Blankenstein
Leitsatz
Aus dem unter den Wohnungseigentümern bestehenden Treueverhältnis kann sich die Pflicht ergeben, einer Änderung der Gemeinschaftsordnung (hier: Verteilungsschlüssel) zuzustimmen.
Fakten:
Nach der Teilungserklärung sind die Wohnungseigentümer u. a. verpflichtet, die Aufzugskosten sowie die Müllgebühren entsprechend ihrer Miteigentumsanteile zu bezahlen. Einer der Wohnungseigentümer begehrt nunmehr gerichtlich eine Änderung des Kostenverteilungsschlüssels dahingehend, dass er nicht mehr an den Aufzugskosten und auch nicht mehr an den Müllgebühren beteiligt wird, da er aus tatsächlichen Gründen den Aufzug nicht nutzen und seinen Müll nicht in den Müllgefäßen der Gemeinschaft entsorgen könne, da er keinen Schlüssel zu dem Müllraum habe. Wie der Leitsatz verdeutlicht, kann sich aus dem unter den Wohnungseigentümern bestehenden Treueverhältnis die Pflicht ergeben, einer Änderung des vereinbarten Kostenverteilungsschlüssels zuzustimmen. Voraussetzung ist jedoch, dass außergewöhnliche Umstände ein Festhalten an der getroffenen Regelung als grob unbillig und damit gegen Treu und Glauben nach § 242 BGB verstoßend erscheinen lassen. Und so konnte vorliegender Fall nicht beurteilt werden. Denn der Wohnungseigentümer hat zunächst gegen die übrigen Wohnungseigentümer Anspruch auf Zutritt zu dem Müllraum, sodass er auch den bei ihm angefallenen Müll durchaus entsorgen kann. Hinsichtlich der Aufzugskosten entspricht es höchstrichterlicher Rechtsprechung, dass jeder Wohnungs- und Teileigentümer für Betriebskosten und Instandhaltungskosten in gleicher Weise auch dann aufkommen muss, wenn er bestimmte Einrichtungen wie z.B. Treppenhaus, Aufzug, Kinderspielplatz, Fahrradkeller, Waschmaschinen- und Tischtennisraum nicht benutzt oder nicht benutzen kann. Ein allgemeiner Grundsatz, wonach ein Wohnungs/Teileigentümer Kosten für solche Einrichtungen nicht zu tragen hat, die ihm persönlich keinen Nutzen bringen, besteht nicht.
Link zur Entscheidung
Schleswig-Holsteinisches OLG, Beschluss vom 26.04.2006, 2 W 234/05
FAZIT:
Die Entscheidung entspricht der absolut herrschenden Meinung hinsichtlich des Anspruchs eines einzelnen gegen die übrigen Wohnungseigentümer auf Abänderung des vereinbarten Kostenverteilungsschlüssels. Der Regierungsentwurf zur Änderung des WEG sieht hier Lockerungen vor. Zu beachten ist grundsätzlich, dass ein Anspruch auf Änderung des vereinbarten Kostenverteilungsschlüssels - soweit dessen strenge Voraussetzungen erfüllt sind - grundsätzlich auch dann in Betracht kommt, wenn die Teilungserklärung eine Öffnungsklausel enthält.