Leitsatz

  • Objektive Auslegung einer Kostenverteilung-Vereinbarung nach Gemeinschaftsordnung

    Jahresabrechnung und Wirtschaftsplan ungültig, wenn vereinbarungswidrig Hausmeisterwohnungssondereigentum und Garagenteileigentum von Wohngeldzahlungen freigestellt werden

    Der Verwalter als Beteiligter ist im Beschlussanfechtungsverfahren grundsätzlich beschwerdeberechtigt

 

Normenkette

§ 8 Abs. 2 S. 1 WEG, § 10 Abs. 2 WEG, § 28 Abs. 1, 3 WEG, § 43 Abs. 1 Nr. 1 WEG, § 20 Abs. 2 FGG, § 20a Abs. 2 FGG

 

Kommentar

1. Wie bei allen Grundbucheintragungen ist auch bei Teilungserklärungen mit Gemeinschaftsordnungen allein auf den Wortlauf und Sinn abzustellen, wie sich dieser für einen unbefangenen Leser als nächstliegende Bedeutung des Eingetragenen ergibt (h. R. M.). Es kommt also nicht darauf an, was etwa der Verfasser einer Teilungserklärung (Gemeinschaftsordnung) mit einer Bestimmung erreichen wollte. Maßgebend ist auch nicht, wie die Bestimmungen von Eigentümern bisher gehandhabt wurden. Bei der Auslegung einer Grundbucheintragung dürfen Umstände, die außerhalb des Eintragungsvermerks und der dort zulässigerweise in Bezug genommenen Urkunden liegen, nur insoweit herangezogen werden, als sie nach den besonderen Verhältnissen des Einzelfalls für jedermann ohne weiteres erkennbar sind. Solche Umstände liegen dann nicht vor, wenn Wohnungseigentümer sich durch schlüssiges Verhalten bisher auf eine bestimmte Auslegung der Gemeinschaftsordnung einigten und diese bei der Aufteilung der Gemeinschaftskosten zugrunde legten. Ein in einer Miteigentümerordnung vorgesehener Verteilungsschlüssel kann nicht anders als durch Vereinbarung oder durch einen unangefochten gebliebenen Eigentümerbeschluss geändert werden, nicht aber durch langjährige Übung und die wiederholte Genehmigung von Abrechnungen, welche die Kosten abweichend auf die Gemeinschaft verteilen. Frühere, von einer Gemeinschaftsordnung abweichende Verteilungen und Genehmigungsbeschlüsse sind also für die Zukunft nicht präjudizierend.

2. Auch eine im Sondereigentum stehende Hausmeisterwohnung sowie Garagenteileigentum können nicht in Jahresabrechnung und Wirtschaftsplan von Wohngeldzahlungen im Falle entgegenstehender Vereinbarungen freigestellt werden.

3. Im Beschlussanfechtungsverfahren ist der Verwalter Beteiligter; daraus folgt grundsätzlich auch seine Beschwerdeberechtigung. Auch soweit diese Berechtigung des Verwalters vereinzelt in der Literatur von einer Beeinträchtigung seiner Rechtsstellung abhängig gemacht wird, ist diese Voraussetzung im vorliegenden Fall gegeben, weil ein Verwalter Jahresabrechnung und Wirtschaftsplan aufgestellt hat, die beide Gegenstand der angefochtenen Eigentümerbeschlüsse sind.

 

Link zur Entscheidung

( BayObLG, Beschluss vom 16.07.1990, BReg 1 b Z 29/89= WE 10/91, 291)

zu Gruppe 4: Wohnungseigentumsverwaltung

Dieser Inhalt ist unter anderem im Deutsches Anwalt Office Premium enthalten. Sie wollen mehr?