Dr. Wolf-Dietrich Deckert†
Normenkette
§ 16 WEG
Kommentar
1. In der Gemeinschaftsordnung einer aus einem Wohnhaus und einer Tiefgarage bestehenden Wohnanlage wurde bestimmt, dass "die Gemeinschaftskosten im Verhältnis des Bodenflächenmaßes zu tragen sind, die Kosten für die Instandhaltung des Garagentores, für die Entlüftung der Garagenanlage und die Beleuchtungskörper in der Garage aber nur von den Eigentümern der Tiefgaragenstellplätze". Dann kann diese Vereinbarung - ausgehend vom Wortlaut und der für einen unbefangenen Betrachter nächstliegenden Bedeutung der Erklärung - nicht so ausgelegt werden, dass die gesamten die Tiefgarage betreffenden Kosten ausschließlich von den Garagenstellplatzeigentümern und die gesamten den Wohnbereich betreffenden Kosten ausschließlich von den Wohnungseigentümern zu tragen sind. Weder aus dem Wortlaut noch aus dem Sinn der speziell getroffenen Vereinbarung ergibt sich ein Anhaltspunkt dafür, dass die dort genannten Kosten nur beispielhaft aufgeführt und somit die gesamten ausscheidbaren, die Tiefgarage betreffenden Kosten ausschließlich von den Garagenstellplatzeigentümern zu tragen sind.
Die getroffene Vereinbarungsbestimmung enthält also eine Ausnahmeregelung für ganz bestimmte Einzelfälle, nicht jedoch einen generellen Kostenverteilungsschlüssel und auch kein Gebot von Kosten- und Lastentragung im Sinne des § 16 Abs. 2 WEG nach Benutzer- oder Eigentümergruppen. Gleiches gilt umgekehrt; auch Teileigentümer der Tiefgaragenplätze müssen zu den Bewirtschaftungskosten der Wohnungen herangezogen werden. Ohnehin können Kosten für Außenanlagen, für die Reinigung und die Instandhaltung von Treppen, Liften u. ä. kaum nach Garagen- und Wohnbereich aufgeschlüsselt werden, sind also schon aus praktischen Erwägungen auf alle Miteigentümer (gesetzeskonform) umzulegen.
2. Führt ein vereinbarter Verteilungsschlüssel im Einzelfall zu einer Mehrbelastung eines Wohnungseigentümers gegenüber den restlichen Miteigentümern, kann nach Grundsätzen von Treu und Glauben ( § 242 BGB) ein Anspruch des einzelnen Eigentümers gegen die übrigen Mitglieder der Gemeinschaft auf Abänderung in Frage kommen. Um jedoch vereinbarte Regelungen nicht stets zur Diskussionzu stellen, Unruhe in den Gemeinschaften zu vermeiden und den Rechtsgrundsatz, dass einmal Vereinbartes grundsätzlich bindet, nicht auszuhöhlen, besteht nach h. M. in der Rechtsprechung gegen die übrigen Mitglieder einer Gemeinschaft nur dann ein Anspruch auf Änderung von Vereinbarungen oder darauf beruhenden Beschlüssen, wenn außergewöhnliche Umstände ein Festhalten an der Vereinbarung oder eines darauf beruhenden Eigentümerbeschlusses als grob unbillig und damit als gegen Treu und Glauben verstoßend erscheinen lassen. Insoweit ist an die Prüfung der Voraussetzungen hierfür ein strenger Maßstab anzulegen (im vorliegenden Fall wurde eine solche Ausnahmesituation verneint).
3. Kosten eines WE-Verfahrens nach § 43 WEG müssen in die Jahresgesamtabrechnung eingestellt werden, wenn ein Verwalter (wie hier) die dafür erforderlichen Geldmittel dem gemeinschaftlichen Konto entnommen hat (BayObLGZ 92, 210 und WE 94, 218).
4. Keine außergerichtliche Kostenerstattung bei Geschäftswert des Rechtsbeschwerdeverfahrens von 15.000 DM.
Link zur Entscheidung
( BayObLG, Beschluss vom 12.10.1995, 2Z BR 87/95)
Zu Gruppe 5: Rechte und Pflichten der Miteigentümer