Alexander C. Blankenstein
3.1 Grundsätze
Unabhängig von der Frage, wer eine Beschlussfassung über eine Kostenverteilungsänderung initiiert, muss der Verwalter stets prüfen, ob dafür überhaupt eine Beschlusskompetenz besteht. Das Wohnungseigentumsgesetz verleiht unmittelbare Beschlusskompetenzen zur Änderung des gesetzlichen und vereinbarten Kostenverteilungsschlüssels mit den Bestimmungen der §§ 16 Abs. 2 Satz 2 und 21 Abs. 5 WEG. Mittelbar verleiht es eine Beschlusskompetenz, indem es in § 10 Abs. 3 Satz 1 WEG eine Beschlussfassung auf Grundlage vereinbarter Öffnungsklauseln erlaubt.
Wie bereits ausgeführt, kann die Bestimmung des § 16 Abs. 2 Satz 2 WEG seit dem Inkrafttreten des WEMoG am 1.12.2020 durch Vereinbarung abbedungen werden. Insbesondere können die Wohnungseigentümer bestimmte Mehrheitsquoren festlegen, die zu einer Kostenverteilungsänderungsbeschlussfassung erforderlich sind. Eine Beschlusskompetenz besteht dann nur innerhalb der durch die Vereinbarung vorgegebenen Grenzen.
Im Gegensatz hierzu sind besondere Mehrheitsquoren in Altvereinbarungen unbeachtlich, da die entsprechenden Vereinbarungen mit Inkrafttreten des WEG-Änderungsgesetzes am 1.7.2007 wegen der Regelung in § 16 Abs. 5 WEG a. F. unwirksam wurden, die die Unabdingbarkeit der Bestimmungen des § 16 Abs. 3 und Abs. 4 WEG a. F. angeordnet hatte.
3.2 Kostenbelastung auch bei vereinbarter Kostenbefreiung
Eine Kostenverteilungsänderung ist auch dergestalt denkbar, dass Wohnungseigentümer erstmals mit Kosten belastet werden, von deren Tragung sie an sich durch Vereinbarung befreit sind. Entsprechend verringert sich insoweit die Kostenlast der übrigen Wohnungseigentümer. Auch für ein solches Vorgehen besteht eine Beschlusskompetenz. Sind Wohnungseigentümer von der Tragung bestimmter Kosten in der Teilungserklärung/Gemeinschaftsordnung befreit, können sie also durch Beschluss mit diesen Kosten belastet werden. Voraussetzung ist lediglich, dass die Vereinbarung nicht ausdrücklich vorsieht, dass eine beschlussweise Änderung der durch sie angeordneten Kostenverteilung nicht möglich ist. Im Übrigen aber kann die Gemeinschaftsordnung zunächst einmal wirksam bestimmte Eigentümer oder Eigentümergruppen von einer Kostenverteilung ausnehmen.
Mögliche Regelungen
- Enthält die Gemeinschaftsordnung eine Regelung, wonach Betriebs- und Erhaltungskosten technischer Anlagen, die ausschließlich einzelnen Wohnungseigentümern zugutekommen, insbesondere "die Kosten der noch an- und einzubauenden Lifte, nur von diesen Eigentümern zu tragen" sind, sind diejenigen Wohnungseigentümer, deren Sondereigentumseinheiten im Erdgeschoss gelegen sind, dann nicht an den Kosten zu beteiligen, wenn die Aufzüge nicht in den Keller führen.
- Grundsätzlich ist auch eine Regelung in der Gemeinschaftsordnung/Teilungserklärung wirksam, nach der die Eigentümer unausgebauter Dachgeschosseinheiten bis zum Beginn des Ausbaus von einer Kostentragungspflicht befreit sind.
Bezogen auf einen konkreten Einzelfall führt eine Kostenbelastung an sich kostenbefreiter Wohnungseigentümer dann nur zur Anfechtbarkeit des Beschlusses und nicht zu seiner Nichtigkeit.
Erhebung einer Sonderumlage
Zur Finanzierung einer Erhaltungsmaßnahme beschließen die Wohnungseigentümer die Erhebung einer Sonderumlage. In der Gemeinschaftsordnung ist geregelt, dass die Wohnungseigentümer der Dachgeschosseinheiten erst zur Zahlung von Bewirtschaftungs- und Verwaltungskosten verpflichtet sind, wenn mit den Ausbauarbeiten begonnen wurde. In die Beitragspflicht zur Sonderumlage wird auch ein Dachgeschosseigentümer einbezogen, der mit dem Ausbau seiner Einheit noch nicht begonnen hat.
Die Einbeziehung auch dieses Eigentümers in die Beitragspflicht ist nicht möglich. Der Beschluss ist allerdings nur anfechtbar und nicht nichtig. Allein jedenfalls durch die Beschlussfassung über die Erhebung einer Sonderumlage können bislang kostenbefreite Wohnungseigentümer nicht mit Kosten belastet werden. Allerdings können sie durch ausdrückliche Beschlussfassung über ihre künftige Kostenbelastung mit Kosten belastet werden, von deren Tragung sie bislang befreit waren.
Umgekehrter Fall: Kostenbefreiung
Im Übrigen aber ist es auch möglich, durch Beschluss auf Grundlage von § 16 Abs. 2 Satz 2 WEG bislang kostenbelastete Wohnungseigentümer von einer anteiligen Kostenlast zu befreien.
Dies stellt mehr oder weniger die Kehrseite der exklusiven Kostenbelastung einzelner Wohnungseigentümer dar.
Mehrfachparker
In der Tiefgarage sind auch Mehrfachparker vorhanden. Nach der Teilungserklärung sind grundsätzlich alle Erhaltungskosten nach den jeweiligen Miteigentumsanteilen von sämtlichen Wohnungs- bzw. Teileigentümern zu tragen. Demgegenüber beschließen die Wohnungseigentümer, dass Erhaltungskosten, die die Mehrfachparker betreffen, nur noch von deren Eigentümern zu tragen sind. Dies ist zum einen möglich und bringt zum anderen zum Ausdruck, dass die ursprünglich entsprechend anteilig kostentragungsverpflichteten übrigen Wohnungseigentümer künftig von einer Kostentragungsverpflichtung befreit sin...