Leitsatz
In Kleinbetrieben ist die arbeitgeberseitige Kündigung während oder sogar wegen einer Erkrankung des Arbeitnehmers erleichtert zulässig.
Sachverhalt
Anfang Januar 2007 hatte der klagende Arbeitnehmer seinem Arbeitgeber mitgeteilt, er werde im März an der Hüfte operiert und aufgrund dessen mindestens 5, 6 ggf. sogar 7 oder 8 Wochen arbeitsunfähig krank fehlen. Der Arbeitgeber kündigte daraufhin mit Schreiben vom 30.1.2007 das Arbeitsverhältnis und stellte für den Kläger einen neuen Mitarbeiter ein. Dagegen wehrte sich der Arbeitnehmer mit Erhebung einer Kündigungsschutzklage. Das Arbeitsgericht wies die Klage des Arbeitnehmers mit der Begründung zurück, dass auf den Kleinbetrieb des Arbeitgebers das Kündigungsschutzgesetz keine Anwendung finde. Auch sei die Kündigung nicht sittenwidrig i. S. des § 242 BGB.
Die Berufung des Arbeitnehmers hat auch vor dem LAG keinen Erfolg. Dieses führt unter Bezugnahme auf die Entscheidungsgründe des Arbeitsgerichts aus, dass ein Arbeitgeber während einer Erkrankung oder sogar wegen Erkrankung kündigen darf, ohne dass ihm vorgehalten werden kann, er handle treuwidrig. Laut Urteilsbegründung folgt dies aus § 8 EFZG. Danach besteht der Anspruch auf Entgeltfortzahlung unabhängig davon, dass der Arbeitgeber das Arbeitsverhältnis anlässlich der Arbeitsunfähigkeit kündigt. Gleiches gilt, wenn die Kündigung anlässlich einer bevorstehenden Arbeitsunfähigkeit ausgesprochen wird. Die Regelung im EFZG wäre überflüssig, wenn eine Kündigung, deren Ausspruch anlässlich einer Arbeitsunfähigkeit erfolgt, wegen Verstoßes gegen § 242 BGB unwirksam wäre.
Der Gesetzgeber hat Kleinbetriebe absichtlich dem Geltungsbereich des Kündigungsschutzgesetzes entzogen. Grund: Diese werden durch langwierige Arbeitsgerichtsprozesse bzw. durch geleistete Abfindungen zur Abwehr solcher Verfahren wirtschaftlich erheblich stärker belastet als größere Unternehmen. Denn häufig verfügen kleine Betriebe lediglich über geringe finanzielle Mittel. Sie müssen daher Auftragsschwankungen durch größere personalwirtschaftliche Flexibilität ausgleichen können dürfen. Zur Gewährleistung der Funktionsfähigkeit des Betriebs und des Betriebsfriedens sollen demzufolge auch notwendige Entlassungen in Kleinbetrieben leichter möglich sein. Denn gerade Kleinunternehmer sind auf gesunde und arbeitende Mitarbeiter angewiesen.
Vor diesem Hintergrund ist im Kleinbetrieb die Kündigung des Arbeitsverhältnisses zu einem Arbeitnehmer, der für längere Zeit ausfällt, nicht sittenwidrig. Dies gilt insbesondere, wenn der Arbeitgeber für den arbeitsunfähig kranken Arbeitnehmer eine Ersatzkraft einstellt.
Link zur Entscheidung
LAG Rheinland-Pfalz, Urteil v. 30.8.2007, 2 Sa 373/07.