Ivana Mikulic, Daniel Schön
Rz. 71
Der eheliche Kindesunterhalt ist in den Art. 288 ff. FamG geregelt. Kindesunterhalt ist gem. Art. 283 Abs. 1 FamG immer vorrangig. Stiefkinder sind eigenen Kindern gleichgestellt (Art. 283 Abs. 4 FamG). Kindesunterhalt kann auch rückwirkend (als Schadensersatz) verlangt werden, und zwar bis zu fünf Jahre nach Entstehen des jeweiligen Teilanspruchs (Art. 289 Abs. 3 FamG).
Es gibt seit 2014 auch ein dem deutschen Recht nachgebildetes Unterhaltsvorschussgesetz (im Folgenden: UVG). Der Unterhaltsvorschuss in Höhe des hälftigen Mindestunterhalts wird für maximal drei Jahre gewährt, wenn der Verpflichtete trotz rechtskräftiger Verurteilung nicht leistet und die Vollstreckung nicht erfolgreich ist (Art. 8 Abs. 3 UVG). Nach Art. 3 UVG muss das Kind die kroatische Staatsangehörigkeit und einen Wohnsitz in Kroatien haben. Zuständig ist das Zentrum für Sozialfürsorge, das innerhalb von 30 Tagen nach Antragstellung entscheiden muss (Art. 11 UVG).
Rz. 72
Die Eltern sind zum Unterhalt für die minderjährigen Kinder verpflichtet (Art. 288 Abs. 1 FamG). Auch volljährige Kinder haben einen Unterhaltsanspruch, wenn sie sich in der Ausbildung befinden und ihren Ausbildungsverpflichtungen regelmäßig und ordentlich nachkommen (Art. 290 Abs. 1 FamG). Zudem bleibt der Unterhaltsanspruch ein Jahr nach der Ausbildung fortbestehen, wenn das Kind keine Beschäftigung findet (Art. 290 Abs. 2 FamG). Das neue Familiengesetz sieht für diese Fälle jedoch eine Altersgrenze vor. Der Unterhaltsanspruch besteht maximal bis zum vollendeten 26. Lebensjahr. Ist das volljährige Kind aufgrund einer schweren und andauernden Krankheit oder aufgrund von Invalidität arbeitsunfähig, so hat es Anspruch auf Unterhalt, solange die Arbeitsunfähigkeit besteht (Art. 290 Abs. 4 FamG). Einkünfte des Kindes sind auf den Unterhalt anzurechnen (vgl. Art. 90, 291 Abs. 1 FamG).
Rz. 73
Neben den Eltern haben auch die Großeltern sowie die Stiefeltern eine Unterhaltspflicht gegenüber dem Kind, sofern es keinen Unterhalt von den Eltern erhalten kann (Art. 288 Abs. 2 und 3 FamG). Dabei sind die Großeltern vorrangig vor den Stiefeltern heranzuziehen (Art. 283 Abs. 3 FamG).
Rz. 74
Mit dem neuen Familiengesetz wurde eine Unterhaltstabelle eingeführt, die je nach Altersstufe des Kindes und den Einkommensverhältnissen der Eltern den durchschnittlichen Bedarf eines minderjährigen Kindes festsetzt. Diese Tabelle entspricht in etwa der deutschen Düsseldorfer Tabelle. Die Unterhaltstabelle wird gem. Art. 314 Abs. 4 FamG im jährlichen Rhythmus vom zuständigen Sozialministerium erlassen. Sie stellt jedoch keine zwingende Regelung dar, sondern sie ist eine Orientierungsgröße für Gerichte, die eigenständig über die Unterhaltshöhe entscheiden. Die Unterhaltstabelle ist in drei Altersstufen des Kindes (0–6 Jahre, 7–12 Jahre und 13–18 Jahre) sowie 15 Einkommensstufen unterteilt. Für jede Einkommensstufe wird ein entsprechender Selbstbehalt des Unterhaltspflichtigen festgesetzt. Wenn das Einkommen für die gesamte Unterhaltspflicht nicht ausreicht, werden die Tabellenbeträge der jeweils nächsten niedrigeren Einkommensstufe herangezogen. Grundsätzlich hat das Gericht beim Unterhaltspflichtigen neben seinen Einkünften auch seine Vermögenssituation sowie seine Möglichkeiten für eine Beschäftigung entsprechend seiner Ausbildung und seiner Arbeitsfähigkeit zu berücksichtigen (Art. 313 FamG). Das Gericht muss dabei von Amts wegen Ermittlungen über die Leistungsfähigkeit des Unterhaltspflichtigen anstellen; es darf sich nicht allein auf das Vorbringen der Parteien im Gerichtsverfahren verlassen.
Rz. 75
Der Unterhalt in Geld ist von demjenigen Elternteil zu bezahlen, der nicht mit dem Kind zusammenlebt. Bei dem Elternteil, bei dem das Kind lebt, wird angenommen, dass die Unterhaltspflicht bereits durch die alltägliche Sorge erfüllt ist (Art. 310 Abs. 1 FamG). Beim volljährigen Kind haben grundsätzlich beide Elternteile ihre Unterhaltspflicht in Geld zu leisten (Art. 316 Abs. 2 FamG). Lebt das volljährige Kind bei einem Elternteil, werden die Wohnkosten bei der Unterhaltshöhe dieses Elternteils berücksichtigt.
Rz. 76
Kindesunterhalt muss nach der kroatischen Gerichtspraxis erst geleistet werden ab dem Tag der Erhebung der Unterhaltsklage bzw. mit dem Tag der Einleitung des Scheidungsverfahrens, da in diesem das Gericht von Amts wegen über den Kindesunterhalt entscheidet (Art. 413 Abs. 1 FamG). Für den Zeitraum davor besteht jedoch eine Schadensersatzpflicht (siehe Rdn 71). Das Gericht kann nach den Art. 537–543 FamG vorläufige Maßnahmen zur Regelung des Unterhalts, die bis zum Abschluss des Verfahrens gelten sollen, bestimmen. Eine Abänderungsklage ist nach Art. 429–432 FamG möglich, sofern sich an der Höhe der Leistungsfähigkeit oder an anderen Umständen etwas ändert. Im Unterhaltsverfahren wird das Kind von demjenigen Elternteil vertreten, bei dem es lebt (Art. 424 Abs. 2 FamG).