Alexander C. Blankenstein
Von erheblicher Bedeutung für den Vermieter ist, dass die Kündigung dem Mieter auch zugeht. Im Räumungsrechtsstreit muss nämlich der Vermieter den Zugang der Kündigung beweisen können. Kann er dies nicht, hat er nicht nur die Klage verloren – mit der negativen Konsequenz der Verfahrenskostenbelastung –, das Mietverhältnis ist nicht gekündigt. Eine Kündigung stellt nämlich eine empfangsbedürftige einseitige Willenserklärung dar: Ohne beweisbaren Zugang, keine Kündigung. Stets muss jedenfalls der Vermieter damit rechnen, dass der Mieter einen möglichen Zugang der Kündigung zu vereiteln sucht.
9.1 Was heißt "Zugang"?
Da es sich bei einer Kündigung um eine empfangsbedürftige einseitige Willenserklärung des Mieters oder Vermieters handelt, kann sie ihre Wirkung nur dann entfalten, wenn sie dem Vertragsgegner auch zugeht. Nach der Bestimmung des § 130 Abs. 1 Satz 1 BGB wird eine Willenserklärung, die einem anderen gegenüber abzugeben ist, in dessen Abwesenheit dann wirksam, wenn sie ihm zugeht. Zugegangen ist die Kündigung, wenn sie in den Machtbereich des Empfängers gelangt ist und die Kenntnisnahme möglich und nach der Verkehrsanschauung üblicherweise zu erwarten ist. Ein Brief gelangt in den Machtbereich des Empfängers, wenn er ihm oder seinem Empfangsboten übergeben, wenn er in seinen Briefkasten eingeworfen oder wenn er in das von ihm unterhaltene Postfach einsortiert wurde. Die Kenntnisnahme vom Inhalt des Briefes selbst ist mit der Leerung des Briefkastens möglich. Zu erwarten ist eine solche üblicherweise in den späten Vormittagsstunden.
Einwurf am Samstagnachmittag
Wirft der Vermieter die Kündigung am Samstagnachmittag in den Briefkasten des Mieters, gilt die Kündigung erst als am darauffolgenden Montag zugegangen.
Da es nur darauf ankommt, wann mit der Kenntnisnahme üblicherweise zu rechnen ist, tritt Zugang auch dann ein, wenn der Empfänger aus individuellen Gründen in seiner Sphäre nicht in der Lage war, vom Inhalt der Nachricht Kenntnis zu nehmen. Denn gerade diese Risiken sollen dem Erklärenden nicht aufgebürdet werden, sondern dem Empfänger zur Last fallen. Dem Empfänger obliegt es, dafür zu sorgen, dass ihn die Nachrichten, die an seine für die Kommunikation mit dem Erklärenden bereit gehaltenen Empfangsvorrichtungen übermittelt werden, auch tatsächlich erreichen. Zugang tritt deshalb auch dann nach allgemeinen Regeln ein, wenn der Empfänger wegen urlaubsbedingter Abwesenheit oder aus Krankheitsgründen an der tatsächlichen Kenntnisnahme gehindert war.
9.2 Persönliche Übergabe
Die persönliche Übergabe des Kündigungsschreibens ist nur dann zu empfehlen, wenn ein Zeuge die persönliche Übergabe im Streitfall bestätigen kann.
Was ist zu tun?
- Der Vermieter oder Verwalter sorgen für einen Zeugen. Bei diesem kann es sich um einen anderen Hausbewohner, einen Mitarbeiter des Vermieters bzw. Verwalters oder auch einen sonstigen beliebigen Dritten handeln.
- Vermieter bzw. Verwalter fertigen ein Schreiben, in dem der Zeuge bestätigt, dass die Kündigung dem Mieter übergeben wurde. Eine Kopie des Kündigungsschreibens wird der Zeugenbestätigung beigefügt.
- Vermieter bzw. Verwalter und Zeuge übergeben dem Mieter das Kündigungsschreiben.
- Vermieter bzw. Verwalter lassen sich die vorgefertigte Bestätigung vom Zeugen unterzeichnen. Weiter sorgen sie dafür, dass der Zeuge auf der Kopie des Kündigungsschreibens bestätigt, dass eben dieses Schreiben dem Mieter übergeben wurde. Auch diese Erklärung ist vom Zeugen zu unterzeichnen.
Musterschreiben: Zeugenbestätigung für persönliche Übergabe
Bestätigung
Ich, Herr Werner Schulze, geboren am 31. Mai 1972, wohnhaft in 82139 Starnberg, Bahnhofplatz 10, bestätige, dass der Vermieter, Herr Bubi Stenzel, heute um 15.30 Uhr sein Kündigungsschreiben vom 1. August 2023, mit dem das Mietverhältnis außerordentlich fristlos wegen Stromdiebstahls gekündigt wird, dem Mieter, Herrn Heribert Schmidt, persönlich übergeben hat. Ich habe die Übergabe persönlich wahrgenommen, weil ich Herrn Stenzel begleitet habe.
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Starnberg, 2. August 2023 |
Unterschrift Werner Schulze |
Ehegatte/Lebensgefährte des Mieters als Empfänger
Leben Ehegatten in einer gemeinsamen Wohnung, werden sie füreinander als Empfangsboten angesehen. Eine an einen der Ehegatten gerichtete Willenserklärung gelangt dann grundsätzlich auch in seinen Macht- und Zugriffsbereich, wenn sie dem anderen Ehegatten innerhalb oder außerhalb der Wohnung übermittelt wird. Entsprechende Grundsätze gelten auch für zusammenlebende Lebenspartner oder nichteheliche Lebensgemeinschaften.
Der Zugang ist in diesen Fällen allerdings noch nicht mit der Übergabe der Kündigung an den Partner des Mieters erfolgt, sondern erst im Zeitpunkt der Weitergabe des Schreibens, in aller Regel also noch am selben Tag.
9.3 Übermittlung durch Boten
Die Kündigung kann auch durch Boten übermittelt werden. Als Bote kommen wiederum andere Hausbewohner, Mitarbeiter des Vermieters oder Verwalters oder aber auch sonstige Dritte in Betracht. Auch bei der Übe...