Leitsatz
Schon ein auf solide ermittelten Tatsachen beruhender Straftatverdacht eines Arbeitgebers zu Lasten eines Arbeitnehmers kann eine fristlose Kündigung rechtfertigen.
Sachverhalt
Es müssen für eine Verdachtskündigung allerdings wirklich starke Verdachtsmomente vorliegen, die auf "objektiven Tatsachen" beruhen und zudem "geeignet sind", das für eine Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses notwendige Vertrauen des Arbeitgebers in seinen Mitarbeiter zu zerstören. Der Kläger war bei der Beklagten als Kraftfahrer beschäftigt. Zusammen mit drei weiteren Klägern wurde ihm vorgeworfen, diverse Unfälle verursacht zu haben; davon einen Teil vorsätzlich und in Absprache mit seinen Freunden, den Unfallgegnern. In der Absicht, den Kraftfahrzeughaftpflicht-Versicherer seines Arbeitgebers zu betrügen. Der Versicherer witterte Betrug und erstattete Strafanzeige. Anschließend informierte die Polizei den Arbeitgeber des Klägers über die Einzelheiten des Verfahrens. Nach einer Anhörung unter Beteiligung des Personalrats wurde der Lkw-Fahrer fristlos sowie vorsorglich auch fristgerecht entlassen. Auch einen ebenfalls beschuldigten Kollegen entließ das Unternehmen.
In seiner hiergegen gerichteten Kündigungsschutzklage machte der Beschuldigte geltend, dass keine hinreichend objektiven Umstände vorliegen würden, die einen dringenden Tatverdacht für eine vorsätzliche Unfallverursachung rechtfertigen könnten. Sein Arbeitgeber hingegen vertrat die Auffassung, dass den von dem Kläger und seinen Kollegen verursachten Verkehrsunfällen ein erkennbares Schema zugrunde liegt. Er hielt daher die ausgesprochenen Kündigungen für gerechtfertigt. Doch diesen Argumenten folgten weder das Arbeitsgericht noch das LAG.
Auch die Richter des BAG gaben dem Arbeitgeber Recht. Nach Ansicht des BAG kann ein auf Tatsachen beruhender Verdacht eine außerordentliche Kündigung rechtfertigen. Die offensichtlichen Unfall-Gaunereien der Mitarbeiter reichen demnach für die Kündigung aus wichtigem Grund. Die Richter machten allerdings deutlich, dass die Tatsachen sehr stichhaltig sein müssen: An die Darlegung und Qualität der Verdachtsmomente sind in solchen Fällen strenge Anforderungen zu stellen. In dem Urteilsfall bestanden aufgrund der Häufigkeit der Unfälle sowie der weiteren Umstände hinreichende Verdachtsmomente gegen den Arbeitnehmer. Der Arbeitgeber muss außerdem nachweisen können, dass er zumutbare Anstrengungen zur Aufklärung des Sachverhalts unternommen hat. Er muss dem Arbeitnehmer insbesondere die Möglichkeit einer Stellungnahme einräumen. Das BAG hat die Sache an die Vorinstanz zurückverwiesen, die den Verdachtsmomenten nachgehen soll.
Link zur Entscheidung
BAG, Urteile v. 29.11.2007, 2 AZR 724/06, 2 AZR 725/06, 2 AZR 1067/06, 2 AZR 1068/06.