Leitsatz
Übersteigt die Dauer des in einem Staffelmietvertrag individualvertraglich vereinbarten Kündigungsverzichts des Mieters den nach § 557a Abs. 3 BGB zulässigen Zeitraum von vier Jahren, so ist der Kündigungsverzicht gemäß § 557a Abs. 4 BGB nicht insgesamt, sondern nur insoweit unwirksam, als seine Dauer den genannten Zeitraum überschreitet (Abgrenzung zu Senatsurteil vom 25. Januar 2006, VIII ZR 3/05, NWW 2006, 1059; amtlicher Leitsatz des BGH).
Normenkette
BGB § 557a
Kommentar
Die Parteien schlossen am 28.3.2002 einen Mietvertrag über ein Einfamilienhaus. Hinsichtlich der Laufzeit war in § 2 des Vertrags Folgendes vereinbart:
"Das Mietverhältnis beginnt am 1.5.2002. Der Mietvertrag wird für die Dauer von 60 Monaten geschlossen und läuft bis zum 30.4.2007. Er verlängert sich jeweils um 12 Monate, falls er nicht gekündigt wird."
Hinsichtlich der Miete war in § 4 des Vertrags vereinbart:
"Es gilt die im Anhang befindliche Staffelmietvereinbarung. Dieser Zusatzmietvertrag gilt ab dem 1.5.2003."
Beide Regelungen wurden individualvertraglich getroffen.
Der Mieter hat das Mietverhältnis durch Schreiben vom 19.12.2002 zum 31.3.2003 gekündigt. Der BGH hatte zu entscheiden, ob die Kündigung trotz der Laufzeitvereinbarung wirksam ist.
Dies wird vom BGH verneint. Der BGH stellt zunächst klar, dass zwischen den Parteien kein Zeitmietvertrag besteht, weil das Mietverhältnis nicht durch Zeitablauf enden kann. Vielmehr wird durch eine Vereinbarung der vorliegenden Art ein Mietverhältnis auf unbestimmte Zeit begründet, bei dem allerdings die ordentliche Kündigung für eine bestimmte Zeit ausgeschlossen ist. Wird ein solcher Kündigungsausschluss mit einer Staffelmietvereinbarung verbunden, so ist § 557a Abs. 3 BGB zu beachten. Danach kann das Kündigungsrecht des Mieters "für höchstens vier Jahre seit Abschluss der Staffelmietvereinbarung ausgeschlossen werden". Eine zum Nachteil des Mieters abweichende Vereinbarung ist unwirksam (§ 557a Abs. 4 BGB). Die Vierjahresfrist beginnt nicht im Zeitpunkt der ersten Mietänderung, sondern mit dem Abschluss des Vertrags, hier also am 28.3.2002 (§ 557a Abs. 3 BGB). Das Kündigungsrecht konnte demnach nur bis zum Ablauf des 28.3.2006 und nicht bis 30.4.2007 ausgeschlossen werden.
Dies führt zur Frage, ob eine Überschreitung des gesetzlich zulässigen Zeitraums zur Gesamtunwirksamkeit der Ausschlussvereinbarung führt oder ob diese mit dem gesetzlich zulässigen Inhalt aufrechterhalten bleibt. Der BGH hat für einen durch Formularvertrag vereinbarten Kündigungsausschluss entschieden, dass die Überschreitung des Vierjahreszeitraums die Gesamtunwirksamkeit der Klausel zur Folge hat (Urteil v. 25.1.2006, VIII ZR 3/05).
Dies beruht auf dem Grundsatz des Verbots der geltungserhaltenden Reduktion: eine Formularklausel mit unzulässigem Inhalt ist unwirksam, sie kann nicht mit dem gesetzlich zulässigen Inhalt aufrechterhalten werden.
Für die Auslegung von Individualvereinbarungen gilt dieser Grundsatz nicht. Vielmehr ist hier zu fragen, ob nach dem Wortlaut oder dem Regelungszweck der Vorschrift Gesamt- oder Teilunwirksamkeit anzunehmen ist. Der BGH führt hierzu aus, dass die Regelung dem Schutz des Mieters diene. Diesem Regelungszweck wird mit der Teilunwirksamkeit hinreichend Rechnung getragen. Die Regelung des § 139 BGB steht dieser Rechtsfolge nicht entgegen, weil in der Regel davon auszugehen ist, dass die Parteien bei Kenntnis der Rechtslage einen vierjährigen Kündigungsausschluss vereinbart hätten.
Hinweis
Von einer Kündigungsausschlussvereinbarung der hier gewählten Art ist abzuraten. Die in § 2 des Mietvertrags getroffene Vereinbarung verstößt gegen § 573c Abs. 1 S. 1 BGB. Danach ist die Kündigung spätestens "am dritten Werktag eines Kalendermonats zum Ablauf des übernächsten Monats zulässig". Eine Vereinbarung zum Nachteil des Mieters ist unwirkam (§ 573c Abs. 4 BGB). Die Kündigungsfrist beträgt drei Monate; eine Vereinbarung, wonach der Mieter eine längere Frist einhalten muss, ist unwirksam. Nach dem Gesetz gibt es zwölf Kündigungstermine. Der Mieter kann zum Ende eines jeden Monats kündigen. Eine Vereinbarung, wonach der Mieter nur zum Ende eines bestimmten Monats kündigen kann, weicht von der gesetzlichen Regelung ab. Deshalb ist sie unwirksam.
Nach der Vereinbarung in § 2 des Mietvertrags verlängert sich das Mietverhältnis am 30.4.2007 um zwölf Monate bis zum 30.4.2008, am 30.4.2008 bis zum 30.4.2009 usw. Der Mieter kann also das Mietverhältnis immer nur zum Ende des Monats April beenden. Diese Regelung verstößt gegen § 573c Abs. 1 S. 1 BGB. Entfällt die Verlängerungsklausel, so verbleibt nach § 2 Satz 1 des Vertrags ein befristetes Mietverhältnis, auf das § 575 Abs. 1 BGB anzuwenden ist. Der Mietvertrag gilt danach als auf unbestimmte Zeit abgeschlossen.
Die Parteien hätten demnach folgende Regelung treffen müssen:
"Das Mietverhältnis beginnt am … . Der Mietvertrag wird für die Dauer von … Monaten geschlossen und läuft bis zum … . Er verlängert sich sodann auf unbestimmte Zeit, falls er nicht ge...