Das Wichtigste in Kürze:

1. § 10 BFStrMG weist fünf Bußgeldtatbestände auf.
2. Der sog. Mautprellerei (§ 10 Abs. 1 Nr. 1 BFStrMG) kommt dabei die zentrale Bedeutung zu.
3. Die übrigen OWi sichern flankierend die ordnungsgemäße Mautentrichtung.
4. Für Ersttäter der Mautprellerei bestehen faktisch Regelgeldbußen.
5. § 10a BFStrMG sieht eine Halterhaftung bei Nichtermittelbarkeit des Fahrers vor.
6. Das BFStrMG enthält ein Verwertungs- und Weitergabeverbot der erhobenen Daten für mautfremde Zwecke.
7. Bußgeldrechtliche Besonderheiten sind zu beachten.
 

Rdn 2816

 

Literaturhinweise:

Burhoff, (Neue) automatische Kennzeichenerfassung (§§ 163g, 101 StPO), StRR 11/2021, 5

Göres, Rechtmäßigkeit des Zugriffs der Strafverfolgungsbehörden auf die Daten der Mauterfassung, NJW 2004, 195

Niehaus, Erhebung von Mautdaten durch Strafverfolgungsbehörden?, NZV 2004, 502

Pfab, Rechtsprobleme bei Datenschutz und Strafverfolgung im ABMG, NZV 2005, 506

Wegner, Die strafrechtlichen Risiken bei der Benutzung mautpflichtiger Autobahnen, NZV 2005, 293

s. auch die Hinw. bei → Lkw-Maut, Grundlagen der Mautpflicht, Rdn 2784.

 

Rdn 2817

1. Eingehende Kontrollen und die Möglichkeiten einer nachträglichen Mauterhebung genügen für sich allein nicht, um Verstößen gegen die Mautpflicht entgegenzuwirken. § 10 Abs. 1 BFStrMG sieht daher fünf einschlägige Bußgeldtatbestände vor, wobei jeweils vorsätzliches oder fahrlässiges Verhalten erfasst wird (vgl. die Übersicht bei Wegner NZV 2005, 293). Zu den Voraussetzungen der Mautpflicht → Lkw-Maut, Grundlagen der Mautpflicht, Rdn 2784. Der Versuch der Ordnungswidrigkeit ist nicht bußgeldbedroht, da die Ahndung des Versuchs nicht ausdrücklich bestimmt ist (§ 13 Abs. 2, Erbs/Kohlhaas/Häberle, 246. EL April 2023, BFStrMG § 10 Rn 11).

 

Rdn 2818

2. Die größte Bedeutung kommt dabei der sog. Mautprellerei nach § 10 Abs. 1 Nr. 1 BFStrMG zu. Hiernach handelt ordnungswidrig, wer als Mautschuldner die Maut nicht, nicht vollständig oder nicht rechtzeitig entrichtet.

 

Rdn 2819

a) Die Pflicht zur Mautentrichtung beruht für jeden Mautschuldner auf § 4 Abs. 1 S. 1 BFStrMG. Nicht rechtzeitig ist die Mautentrichtung, wenn sie nicht spätestens zu Beginn der mautpflichtigen Benutzung erfolgt. Nicht tatbestandsmäßig ist es jedoch, wenn der Fahrzeugführer lediglich die entsprechenden Buchungsbelege nicht mit sich führt (aber nachfolgend Rdn 2824 ff.). Mautprellerei durch nicht vollständiges Entrichten liegt vor, wenn eine geringere als die geschuldete Maut entrichtet wird, etwa durch fehlerhafte Eingabe von Fahrzeugdaten (z.B. Anzahl der Achsen) bei der automatischen Einbuchung über die On-Board-Unit (OLG Köln NZV 2007, 151). Bei manueller Einbuchung und Mautzahlung ist der Tatbestand erfüllt, wenn die Benutzung der mautpflichtigen Strecke noch vor bzw. erst nach Ablauf des im Einbuchungsbeleg ausgewiesenen Gültigkeitsdatums erfolgt (OLG Köln NZV 2006, 555) oder wenn erst im Verlauf der Nutzung der mautpflichtigen Strecke bei der nächsten Möglichkeit eine manuelle Einbuchung vorgenommen werden soll (OLG Köln, Beschl. v. 13.10.2006 – 81 Ss OWi 80/06).

 

Rdn 2820

b) Taugliche Täter der Mautprellerei sind alle in § 2 BFStrMG aufgeführten Mautschuldner (OLG Köln NZV 2006, 608). Auch der Fahrer ist gleichrangig mit Eigentümer, Halter und Disponent und nicht nachrangig verantwortlich (→ Lkw-Maut, Grundlagen der Mautpflicht, Rdn 2784).

 

Rdn 2821

c) Lediglich fahrlässig handelt der Fahrzeugführer, wenn er nicht bemerkt, dass er auf eine mautpflichtige Strecke auffährt (AG Köln, Beschl. v. 1.8.2006 – 901d OWi 24/06).

 

☆ Für eine solche Einlassung spricht es, wenn der Fahrzeugführer die mautpflichtige Strecke alsbald wieder verlassen hat oder umgehend eine manuelle Einbuchung erfolgt ist.Einlassung spricht es, wenn der Fahrzeugführer die mautpflichtige Strecke alsbald wieder verlassen hat oder umgehend eine manuelle Einbuchung erfolgt ist.

 

Rdn 2822

Der Fahrzeugführer handelt in aller Regel zumindest fahrlässig, da ihn im Rahmen der Selbstveranlagung die Pflicht trifft, entweder für die ordnungsgemäße Einbuchung Sorge zu tragen oder sich bei innerbetrieblicher Aufgabenteilung darüber vorab zu informieren, ob die Mautentrichtung erfolgt ist (zur Fahrlässigkeit bei der Kontrolle der On-Board-Unit AG Köln, Urt. v. 17.2.2017 – 902a OWI 165/15 und 902a OWI 233/17; → Lkw-Maut, Grundlagen der Mautpflicht, Rdn 2809). Er muss die Displayanzeige des OBU in regelmäßigen Abständen von ca. 1 Stunde bzw. bei jedem Auffahren auf die Autobahn und bei jedem Befahren eines gebührenpflichtigen Abschnitts (angezeigt durch einen Piepston) kontrollieren (OLG Köln, Beschl. v. 21.6.2017 – III-1 RBs 149/17, NStZ-RR 2018, 25). Er darf sich nicht darauf verlassen, dass die Mautentrichtung durch einen der anderen Mautschuldner veranlasst wird (OLG Köln VRR 2008, 113), auch wenn entsprechende Mitteilungen des Disponenten früher immer zutreffend waren (OLG Köln, Beschl. v. 17.12.2007 – 81 Ss OWi 93/07). Ein Verbotsirrtum über Entstehung und Umfang der Mautpflicht ist vermeidbar, wen...

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