Muss sich der Eigentümer eines unterhalb einer Eisenbahnbrücke gelegenen Grundstücks damit abfinden, dass Tag für Tag gebrauchtes Toilettenpapier aus den Zugtoiletten der über die Brücke fahrenden Bundesbahnzüge auf sein Anwesen regnet oder kann er etwas dagegen tun?

Genau vor diese Frage sah sich der Nachbar einer Bundesbahntrasse gestellt, dessen Wohngrundstück unterhalb einer stark befahrenen Eisenbahnbrücke in einem Abstand von etwa 50 m entfernt lag. Die Brücke wurde täglich von über 60 Zügen einschließlich Intercity-Zügen benutzt. Das ganze Jahr hindurch wurde benutztes Toilettenpapier aus den Zugtoiletten in einer solchen Menge auf sein Grundstück geweht, dass sich damit viele Eimer füllen ließen. Schließlich reichte es dem geplagten Grundstückseigentümer. Er verklagte die Deutsche Bahn AG auf Unterlassung und hatte vor Gericht auch Erfolg.

Ebenso wie das Landgericht bejahte auch das Oberlandesgericht die Voraussetzungen für einen Abwehranspruch des Nachbarn. Die unkontrollierte Entsorgung von in Zugtoiletten anfallenden menschlichen Fäkalien ist nach Meinung der Richter nach den heute vorherrschenden hygienischen Vorstellungen anachronistisch und stellt eine wesentliche Beeinträchtigung des betroffenen Grundstücks dar.[1] Die Bundesbahn musste allerdings den Missstand nicht sofort beseitigen, weil die Umrüstung der Zugtoiletten mit sehr hohen Kosten verbunden ist und die Richter ihr deshalb eine Schonfrist bis zum Jahr 2000 einräumten. Bis dahin muss sich der Grundstücksnachbar noch mit dem Fäkalienregen abfinden, ohne eine Entschädigung zu erhalten.

Den Medien ist zu entnehmen, dass sich die Bundesbahn inzwischen an das Verdikt hält und die Zugtoiletten beim Passieren der Brücke sperrt.

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