Leitsatz
Sind andere Abhilfeversuche erfolglos geblieben, kann der Mieter vom Vermieter die fristlose Kündigung eines Mitmieters wegen ständiger Lärmbelästigung verlangen.
Sachverhalt
Die Mieter eines Wohnhauses verlangen, daß der Vermieter den Mitmieter, die durch erheblichen Lärm stören, fristlos kündigt. In umfangreichen tagebuchartigen Lärmprotokollen haben sie festgehalten, daß immer wieder gerade zu Zeiten der Nacht- und Sonntagsruhe lautes Poltern und Herumtrampeln und Kinderlärm zu vernehmen ist und daß häufig schwere Gegenstände zu Boden fallen gelassen werden. Dadurch wird die Decke derart erschüttert, daß teilweise der Deckenleuchter ins Schwingen gerät. Dieses wiederholt sich täglich, so daß die Mieter trotz Oropax und Schaftabletten nach 22.00 Uhr fast allabendlich geweckt werden. Immer wieder läuft sonntags morgens zwischen 6.00 und 8.00 Uhr die Waschmaschine. Weder Gespräche noch eine förmliche Abmahnung noch ein Unterlassungsurteil haben die Lärmbelästigung einschränken können.
Entscheidung
Die Mieter haben einen Anspruch (§ 536 BGB) darauf, daß der Vermieter dem lärmenden Mitmieter fristlos kündigt. Der Vermieter ist verpflichtet, den Mietern den vertragsgemäßen Gebrauch zu ermöglichen. Er muß sie auch vor von außen kommenden Störungen schützen, selbst vor solchen, die durch Mitmieter verursacht werden. Ein bestimmtes Verhalten kann der Mieter vom Vermieter grundsätzlich zwar nicht verlangen, um den vertragsgemäßen Gebrauch herzustellen. Es ist vielmehr Sache des Vermieters, durch geeignete Verhaltensweisen dieses Ziel zu erreichen. Etwas anderes gilt nur, wenn dem Vermieter nur noch eine einzige Maßnahme verbleibt. So liegt der Fall hier: Die Mieter können verlangen, daß der Vermieter den lärmenden Mitmietern fristlos kündigt. Sie werden durch den Lärm übermäßig gestört. Eine Geräuschkulisse, wie sie durch die Lärmprotokolle dokumentiert ist, müssen sie auch in einem Mehrfamilienhaus nicht dulden. Zwar ist hinsichtlich der Kinder zu berücksichtigen, daß lautes Trampeln, Laufen und Schreien beim Spielen tagsüber vorkommen und nicht erwartet werden kann, daß dies stets unterbunden wird. Aber nicht jeder Lärm von Kindern ist hinzunehmen. Da der Lärm stets wiederkehrend am späten Abend auftritt, überschreitet er das hinzunehmende Maß. Die Mieter können daher Abhilfe verlangen. Da aufgrund der erfolglosen Maßnahmen keine Verbesserung eingetreten ist, sind die Mieter nicht darauf zu verweisen, durch Mietminderung den Vermieter dazu zu bringen, Schadensersatzansprüche gegen die Mitmieter geltend zu machen, in der Hoffnung dies werde die Mitmeter zur Vernunft bringen. Hier bleibt daher nur noch, die störenden Mitmieter durch Kündigung aus dem Haus zu entfernen.
Link zur Entscheidung
LG Berlin, Urteil vom 11.01.1999, 62 S 290/98
Fazit:
Lärm kann den Mietgebrauch in erheblicher Weise beeinträchtigen. Dann stellt er einen Mietmangel dar, der auch zur Mietminderung berechtigt. Es hängt von den Gegebenheiten des Einzelfalls, insbesondere von den Verhältnissen des Wohnobjektes ab, welche Geräusche hinzunehmen sind und welche nicht. Ein Geräusch ist unzulässig, wenn es unüblich oder vermeidbar ist und wenn ein normal empfindlicher Durchschnittsmensch es nicht mehr erträgt. Für Lärmstörungen, die auf baulichen Unzulänglichkeiten beruhen, können Mitmieter aber nicht verantwortlich gemacht werden.