Entscheidungsstichwort (Thema)

Tarifpluralität. Verschmelzung im Wege der Aufnahme. Prinzip der Tarifeinheit

 

Leitsatz (redaktionell)

Die Fälle der Tarifpluralität sind nach dem Prinzip der Tarifeinheit im Regelfall dahingehend aufzulösen, dass nur der speziellere Tarifvertrag zur Anwendung kommt, d.h. derjenige Tarifvertrag, der dem Betrieb räumlich, fachlich und persönlich am nächsten steht (Festhalten an der bisherigen Rechtsprechung des BAG, Urteil vom 04.12.2002 - 10 AZR 113/02).

 

Normenkette

TVG § 3; BetrVG § 99; UmwG § 20 Abs. 1 Nr. 1, § 2 Abs. 1; BGB § 310 Abs. 4, § 305c Abs. 2

 

Verfahrensgang

ArbG Stuttgart (Beschluss vom 19.04.2004; Aktenzeichen 30 BV 178/03)

 

Tenor

Die Beschwerde der Beteiligten Ziffer 2 gegen denBeschluss des Arbeitsgerichts Stuttgart vom19.04.2004, Az.: 30 BV 178/03, wird zurückgewiesen.

Die Rechtsbeschwerde zum Bundesarbeitsgericht wird zugelassen.

 

Tatbestand

I.

Die Antragstellerin begehrt die Ersetzung der vom Betriebsrat am Standort L. für den Gemeinschaftsbetrieb der Unternehmen TSI GmbH, TGG und DTT GmbH (nachfolgend: Betriebsrat) verweigerten Zustimmung zur Umgruppierung der Arbeitnehmerin.

Die Antragstellerin ist die ehemalige DS GmbH, die mit Eintrag in das Handelsregister vom 28.11.2001 in die T.ITS GmbH umfirmiert wurde. Mit Eintrag in das Handelsregister vom 11.12.2002 wurde die damalige TSI GmbH (nachfolgend: TSI alt) auf die T.ITS GmbH verschmolzen. Ebenfalls mit Eintrag in das Handelsregister vom 11.12.2002 wurde sodann die T.ITS GmbH in die Firma der Antragstellerin umbenannt.

Die TSI alt hatte am 20.03.2002 mit der Gewerkschaft ver.di diverse Haustarifverträge, u.a. den Manteltarifvertrag und den Entgeltrahmentarifvertrag für die TSI (nachfolgend: ERTV TSI) geschlossen. Diese Tarifverträge fanden ihrem Geltungsbereich nach Anwendung auf die bei der TSI beschäftigten Arbeitnehmer, soweit sie Mitglieder von ver.di waren. Mit Änderungstarifvertrag vom 11.10.2002 wurde u.a. der Geltungsbereich des ERTV TSI wie folgt eingeschränkt:

§ 2.2f:

Als Arbeitnehmer im Sinne dieses Tarifvertrages gelten nicht Arbeitnehmer die organisatorisch den Buchungskreisen (BK) 08 und 010 zugeordnet sind. Insoweit gilt der Ergänzungstarifvertrag zu den Flächentarifverträgen der Metallindustrie fort.

Der ERTV TSI vom 04.11.2004, in Kraft getreten am 01.09.2004 sieht in der Protokollnotiz zu § 1 vor:

„1. Abs. 1 und 2:

In der Zeit bis zum 31.12.2004 findet der Entgeltrahmentarifvertrag der T-Systems International GmbH keine Anwendung auf Arbeitnehmer die organisatorisch den Buchungskreisen (BK) 08 oder 010 zugeordnet sind”.

Bei der T.ITS GmbH fanden kraft Mitgliedschaft im Verband der Metall- und Elektroindustrie Baden-Württemberg die Flächentarifverträge Metall sowie – speziell – der Ergänzungstarifvertrag für Beschäftigte von D. Unternehmen vom 03.09. /10.09.1998 zwischen der „Tarifgemeinschaft von Dienstleistungsunternehmen, die Mitglieder im Verband der Metallindustrie Baden-Württemberg e.V. sind” und der Industriegewerkschaft Metall (nachfolgend: DLTV) Anwendung. Die Antragstellerin als Rechtsnachfolgerin der T.ITS ist am 30.06.2003 als Mitglied aus dem Verband der Metall- und Elektroindustrie Baden-Württemberg ausgetreten.

Zwischen den Beteiligten ist streitig, ob nach der Verschmelzung der TSI alt auf die T.ITS GmbH bzw. auf die Antragstellerin auf sämtliche Arbeitnehmer im Unternehmen – so der Arbeitsvertrag dies zulässt – unabhängig von deren Gewerkschaftszugehörigkeit die Haustarifverträge mit der Gewerkschaft ver.di, insbesondere der ERTV TSI Anwendungen finden und ob dementsprechend die Arbeitnehmer der ehemaligen T.ITS GmbH in die Vergütungsordnung des ERTV TSI umzugruppieren sind oder ob die Flächentarifverträge Metall und insbesondere der DLTV auf diese Arbeitnehmer weiterhin zur Anwendung gelangen.

Der Arbeitsvertrag der Arbeitnehmerin, deren etwaige Mitgliedschaft bei einer Gewerkschaft nicht bekannt ist, enthält folgende Tarifbezugnahmeklausel:

„Für Ihr Arbeitsverhältnis gilt der Ergänzungstarifvertrag sowie die Tarifverträge der Metall- und Elektroindustrie Nord-Württemberg/Nord-Baden bzw. Berlin – je nach den ergänzungstariflichen Bestimmungen zum Geltungsbereich – soweit diese nicht durch den Ergänzungstarifvertrag (ETV) abgeändert wurden. Die Tarifverträge gelten solange sie in einer Gesellschaft der Tarifgemeinschaft, die den Ergänzungstarifvertrag gemäß § 3 Abs. 1 TVG abgeschlossen hat beschäftigt sind, so das Arbeitsverhältnis in ihrer jeweils gültigen Fassung wenn nicht abweichende einzelvertragliche Regelungen getroffen sind oder in späteren Abmachungen getroffen werden. Finden in ihrem Betrieb unterschiedliche Tarifverträge Anwendung so bezieht sich diese Verweisung auf den für den Betrieb spezielleren (insbesondere Branchen-) Tarifvertrag.

Die Frau gehört nicht den Buchungskreisen 08 oder 010 an. Mit dem Betriebsrat am 27.02.2003 vorgelegten Listen (vgl. Bl. 12 ff. d. Akte) bat die Antragstellerin den Betriebsrat um Zustimmung zur Ein- bzw. Umgruppierung u.a. der vorliegend betroffen...

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