Entscheidungsstichwort (Thema)
Übernahmeverlangen nach § 78 a BetrVG. Teilzeitarbeitsverhältnis
Leitsatz (redaktionell)
1. Bei Fehlen einer eigentlich notwendigen Vorabentscheidung über die zulässige Verfahrensart wird die Prüfungssperre des § 88 ArbGG i.V.m. § 65 ArbGG ausgelöst, auch wenn das Arbeitsgericht trotz ordnungsgemäßer Rüge fehlerhaft in den Gründen der Hauptsacheentscheidung diese Frage behandelt hat, soweit die Rüge der Verfahrensart in der Beschwerdeinstanz nicht aufrecht erhalten wird.
2. Das Übernahmerecht des Auszubildenden nach § 78a BetrVG steht zur Disposition des Auszubildenden, weshalb nach Ausübung des Übernahmeverlangens und Entstehen des Arbeitsverhältnisses nach § 78a BetrVG dieses Arbeitsverhältnis einvernehmlich abgeändert werden kann.
Normenkette
BetrVG § 78a; ArbGG §§ 48, 65, 88
Verfahrensgang
ArbG Freiburg i. Br. (Beschluss vom 30.09.2004; Aktenzeichen 11 BV 17/04) |
Tenor
1. Die Beschwerde der Beteiligten 2-4 gegen den Beschluss des Arbeitsgerichts Freiburg vom 30.09.2004 – 11 BV 17/04 wird zurückgewiesen.
2. Die Rechtsbeschwerde wird nicht zugelassen.
Tatbestand
I.
Die Beteiligten streiten im Hauptantrag darüber, ob zwischen der Arbeitgeberin und dem Bet. zu 2, einem Mitglied der Jugend- und Auszubildendenvertretung, nach Beendigung des Ausbildungsverhältnisses ein unbefristetes Teilzeitarbeitsverhältnis entstanden ist, hilfsweise darüber, ob das begründete Vollzeitarbeitsverhältnis aufzulösen ist.
Die Beteiligte zu 1 ist die Arbeitgeberin des am 0.0.1984 geborenen Beteiligten zu 2, der bei ihr ausgebildet wurde und nunmehr in einem Arbeitsverhältnis beschäftigt wird. Der Beteiligte zu 3 ist der Betriebsrat des Betriebes F., die Beteiligte zu 4 die Jugend- und Auszubildendenvertretung des Betriebes F.
Die Niederlassung B. F. der Arbeitgeberin ist für die Brief- und Verbundzustellung in dem Postleitzahlbereich 77 und 79 zuständig. Jeweils pro Postleitzahlbereich besteht ein eigenständiger Betrieb im Sinne des Betriebsverfassungsgesetzes. Die Jugend- und Auszubildendenvertretung des Betriebes F. besteht aus insgesamt 3 Mitgliedern. Der Beteiligte zu 2 hatte zum 01.09.2002 die Ausbildung zur Fachkraft für Brief- und Frachtverkehr bei der Arbeitgeberin in deren Betrieb in F. begonnen. Der Berufsausbildungsvertrag wurde für die Zeit vom 01.09.2002 bis zum 31.08.2004 geschlossen. Am 19.07.2004 endete das Ausbildungsverhältnis infolge des Bestehens der praktischen Abschlussprüfung. Der Beteiligte zu 2 ist seit 14.11.2002 Mitglied der Jugend- und Auszubildendenvertretung im Betrieb F. Mit bei der Arbeitgeberin am 10.05.2004 eingegangenem Schreiben ohne Datum verlangte er die Weiterbeschäftigung gemäß § 78 a BetrVG. Am 14.06.2004 bot die Arbeitgeberin, vertreten durch ihre Personalleiterin, Frau K., bei einer Veranstaltung für sämtliche Auszubildende diesen die Übernahme auf einen Arbeitsplatz mit einer Wochenarbeitszeit von 30 Stunden (Teilzeitarbeitsverhältnis) an. Den in Betracht kommenden Auszubildenden, so auch dem Beteiligten zu 2, händigte sie ein an den jeweiligen Auszubildenden adressiertes Schreiben vom 11.06.2004 aus, das auszugsweise wie folgt lautet:
„Sehr geehrter Herr T.,
…
Aufgrund Ihres Leistungs- und Verhaltensbildes im Verlauf der Ausbildung und insbesondere während des bisher absolvierten Teils des selbständigen Einsatzes haben wir Sie in den Kreis der Auszubildenden aufgenommen, denen wir hiermit ein unbefristetes Beschäftigungsangebot bei der Niederlassung B. F. im Anschluss an die Ausbildung unterbreiten. Die Wochenarbeitszeit dieses Arbeitsplatzes beträgt 30 Stunden.
Bitte senden Sie das beigefügte Rückmeldeformular bis spätestens zum 16.06.2004 im beigefügten Rückumschlag an uns zurück….”
Auf dem mit „Beschäftigungsangebot bei der Niederlassung B. F.” überschriebenem, dem vorgenannten Schreiben beigefügten Antwort-Formular, in dem bereits der Name des jeweiligen Auszubildenden, so auch der des Beteiligten zu 2, eingedruckt war, kreuzte der Beteiligte zu 2 das Feld an, „Ich nehme das unbefristete Beschäftigungsangebot bei der Niederlassung B. F. an” und unterschrieb es. Das Antwort-Formular ging am 16.06.2004 in der Personalabteilung des Betriebes F. der Arbeitgeberin ein.
Am 02.07.2004 schrieb der Beteiligte zu 2 erneut an die Arbeitgeberin und führte aus:
„Ich habe als JAV-Mitglied eine Weiterbeschäftigung gem. § 78 a Abs. 2 BetrVG mit Schreiben vom 16.06.2004 geltend gemacht. Ich habe daher nach erfolgreichem Abschluss meiner Ausbildung am 19.07.2004 einen Anspruch auf Beschäftigung in einem Vollzeitarbeitsverhältnis. Mir wurde lediglich ein Teilzeitarbeitsverhältnis mit 30 Wochenstunden angeboten, das ich unter dem Vorbehalt angenommen habe, dass das Arbeitsgericht rechtskräftig entscheidet, dass eine Vollzeitbeschäftigung unzumutbar ist. Mit meinem Weiterbeschäftigungsverlangen habe ich zugleich meine Bereitschaft erklärt, im Umfang von 38,5 Wochenstunden zu arbeiten. Dieses habe ich wiederholt durch die vorbehaltliche Annahme des Teilzeitarbeitsverhältnisses …”.
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