Verfahrensgang

ArbG Stuttgart (Beschluss vom 18.01.1996; Aktenzeichen 16 BV 138/95)

 

Tenor

1. Auf die Beschwerde der Beteiligten Ziffer I wird der Beschluß des Arbeitsgerichts Stuttgart vom 18.01.1996 – 16 BV 138/95 – abgeändert:

Das Arbeitsverhältnis zwischen der Beteiligten Ziff. I und dem Beteiligten Ziff. 2 wird aufgelöst.

2. Die Rechtsbeschwerde wird zugelassen.

 

Tatbestand

A.

Die Beteiligten streiten darüber, ob das zwischen der Arbeitgeberin und dem Beteiligten Ziffer 2 gem. § 78 a Abs. 2 Satz 1 BetrVG begründete Arbeitsverhältnis auf Antrag der Arbeitgeberin nach § 78 a Abs. 4 Nr. 2 BetrVG aufzulösen ist.

Der Beteiligte Ziffer 2 wurde seit dem 01.08.92 von der Arbeitgeberin in deren Niederlassung in … zum Kommunikationselektroniker ausgebildet. Am 26.07.95 wurde ihm das Bestehen der Abschlußprüfung mitgeteilt. Zu diesem Zeitpunkt war der Beteiligte Ziffer 2 Mitglied der Jugend- und Auszubildendenvertretung der Niederlassung …, der Beteiligten Ziffer 4. Betriebsrat dieser Niederlassung ist der Beteiligte Ziffer 3.

Mit Schreiben des Vorstandsmitglieds der … vom 20.12.93 (s. FK. Bl. 134, 135 d.A.) wurden die Präsidenten der Direktionen davon unterrichtet, daß zu den zur Umsetzung der Personalabsenkung vorbereiteten Regelungen ein grundsätzlicher Einstellungsstop für das Jahr 1994 gehöre. Mit Schreiben vom 13.12.94 (s. FK. Bl. 136, 137 d.A.) teilte die Generaldirektion der … den Präsidenten der … direktionen u. a. mit, daß im Jahre 1995 ca. 4.300 Auszubildende ihre Ausbitdung zum/zur Kommunikationselektroniker/in sowie zum/zur Elektromechaniker/in abschließen würden und daß der Vorstand eine Übernahmequote von 200 Arbeitsplätzen für „Ke-Verkürzer (Prüfungsjahrgang 1996)” beschlossen habe. Mit Schreiben der Generaldirektion der Rechtsnachfolgerin der …, der jetzigen Arbeitgeberin und Beteiligten Ziffer I vom 28.02.95 (s. FK. Bl. 8, 9 d.A.) gab diese bekannt, daß bis zum Jahr 2000 eine „sozialverträgliche Verringerung der Mitarbeiterzahl um 60.000 Kräfte” nötig sei und der Vorstand für das Geschäftsjahr 1995 eine Verringerung des Personalbestandes um rund 6.000 Kräfte beschlossen habe, gleichwohl aber 00 Arbeitsplätze für Kommunikationselektroniker angeboten werden könnten, wobei die regionalisierten Quoten noch gesondert bekanntgegeben würden. Darüber hinaus seien im Geschäftsjahr 1995 grundsätzlich keine Einstellungen vom Arbeitsmarkt möglich. Mit Schreiben der Generaldirektion der Arbeitgeberin vom 26.05.95 lebst Anlagen (s. FK. Bl. 10-15 d.A.) wurden sodann die Einstellungsquoten bekanntgemacht; die für den Bezirk Süd-West, zu welchem die Niederlassung … gehört, bekanntgegebene Einstellungsquote war ebenso wie diejenigen der Bezirke Nord, West und Süd 0 (s. FK. Bl. 14 d.A.) Abschließend heißt es im Schreiben vom 26.05.95: „Auszubildende, … die Mitglieder eines Betriebsrates oder einer Jugend- und Auszubildendenvertretung sind, sind im Rahmen der jeweiligen Quote für die ausbildungsgerechte Übernahme aus der eigenen Organisationseinheit zu berücksichtigen.”

Mit Schreiben vom 21.06.95 verlangte der Beteiligte Ziffer 2 von der Arbeitgeberin seine Weiterbeschäftigung im Anschluß an das Ausbildungsverhältnis. Von der Arbeitgeberin wurde keiner der 10 Kommunikationselektroniker, die mit dem Beteiligten Ziffer 2 ihre Ausbildung in der Niederlassung … abschlossen, übernommen. Aufgrund seiner Ausbildung kann der Beteiligte Ziffer 2 in den Bereichen … und … beschäftigt werden. Ein Vergleich des für die Niederlassung … erstellten Personalbedarfsbelegs (s. FK. Bl. 25 d.A.) mit dem Personalbestandsbeleg (s. FK. Bl. 24 d.A.) ergab zur Zeit der Beendigung des Ausbildungsverhältnisses des Beteiligten Ziffer 2 für die Bereiche … und … einen rechnerischen Bedarf von 39,9 Beschäftigten, so daß selbst unter Berücksichtigung von 29 Abordnungen in die neuen Bundesländer in der Niederlassung … ein rechnerischer Bedarf von 10,9 Arbeitsplätzen gegeben war, für die der Beteiligte Ziffer 2 aufgrund seiner Ausbildung in Betracht kam.

Mit ihrem am 07.08.95 beim Arbeitsgericht eingegangenen Antrag begehrt die Arbeitgeberin die Auflösung des Arbeitsverhältnisses mit dem Beteiligten Ziffer 2 nach § 78 a Abs. 4 Satz 1 Nr. 2 BetrVG. Sie ist der Auffassung, daß ihr die Weiterbeschäftigung des Beteiligten Ziffer 2 unzumutbar sei, da wegen der bindenden Vorgaben der Generaldirektion die Niederlassung … keinen Auszubildenden in ein Arbeitsverhältnis habe übernehmen dürfen. Von einem freien Arbeitsplatz könne nicht die Rede sein, wenn sich der Arbeitgeber in Ausübung seiner unternehmerischen Entscheidungsfreiheit entschlossen habe, einen bisher vorhandenen Arbeitsplatz nicht mehr zu besetzen. Von dem Einstellungsstop seien alle Auszubildenden betroffen; eine Benachteiligung des Beteiligten Ziffer 2 sei daher nicht zu befürchten.

Die Arbeitgeberin hat im 1. Rechtszug beantragt,

das Arbeitsverhältnis mit dem Beteiligten Ziffer 2 aufzulösen.

Die Beteiligten Ziffer 2, 3 und 4 haben im 1. Rechtszug beantragt,

den Antrag zurückzuweisen,

und die Auffassung ver...

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