Entscheidungsstichwort (Thema)

Gegenstandswert der anwaltlichen Tätigkeit in einem Beschlussverfahren, mit dem eine Betriebsratswahl angefochten wird

 

Leitsatz (amtlich)

1. Der Wert des Gegenstandes der anwaltlichen Tätigkeit für ein Beschlussverfahren, mit dem eine Betriebsratswahl angefochten wird, richtet sich regelmäßig nach der Zahl der zu wählenden Betriebsratsmitglieder, die nach § 9 BetrVG durch die Größe des Betriebs bestimmt wird.

2. Bei fehlenden Anhaltspunkten für eine abweichende Bewertung ist für die Wertfestsetzung typisierend vom doppelten Anknüpfungswert gemäß § 23 Abs. 3 Satz 2 Hs 2 RVG auszugehen. Dieser Wert ist für jede der in § 9 BetrVG genannten Staffeln jeweils um einen halben Anknüpfungswert zu erhöhen (Abweichung vom Beschluss der erkennenden Kammer vom 17. Juni 2009 - 5 TaBVGa 1/09 - juris und Anlehnung an II.2.3 des Streitwertkatalogs für die Arbeitsgerichtsbarkeit in der überarbeiteten Fassung vom 09.02.2018).

 

Normenkette

BetrVG § 19; RVG §§ 33, 23 Abs. 3 S. 2

 

Verfahrensgang

ArbG Mannheim (Entscheidung vom 06.11.2018; Aktenzeichen 3 BV 5/18)

 

Tenor

Auf die Beschwerde der Verfahrensbevollmächtigten des Regionalbetriebsrats wird der Wertfestsetzungsbeschluss des Arbeitsgerichts Mannheim vom 06.11.2018 - 3 BV 5/18 - dahingehend abgeändert, dass der Wert des Gegenstandes der anwaltlichen Tätigkeit der Verfahrensbevollmächtigten des Regionalbetriebsrats von 5.000,00 € auf 27.000,00 € angehoben wird.

 

Gründe

A.

Die Beschwerde betrifft die Festsetzung des Wertes des Gegenstandes der anwaltlichen Tätigkeit der Verfahrensbevollmächtigten des Betriebsrats in einem arbeitsgerichtlichen Beschlussverfahren.

Im Ausgangsverfahren begehrten die zu 1 - 7 beteiligten Arbeitnehmer (im Folgenden: "Antragsteller") die aufgrund eines Zuordnungstarifvertrags gemäß § 3 BetrVG durchgeführte Wahl des zu 8 beteiligten, aus 13 Mitgliedern bestehenden Regionalbetriebsrats der Region "Mitte/West" (im Folgenden: "Betriebsrat") für unwirksam zu erklären. Als zu 9 - 12 waren die Holding-Gesellschaft und weitere Beteiligungsgesellschaften auf Arbeitgeberseite (im Folgenden: "Arbeitgeberinnen") am Ausgangsverfahren beteiligt. Sämtliche Beteiligten ließen sich von Rechtsanwälten als Verfahrensbevollmächtigte vertreten.

Die Antragsteller machten unkontrollierte Zugangsmöglichkeiten zu Briefwahlunterlagen, Wahlbeeinflussung und -werbung durch eine Arbeitgeberin sowie eine ungültige Wahlvorschlagsliste als Unwirksamkeitsgründe geltend. Der Betriebsrat trat dem Begehren schriftsätzlich entgegen. Das Verfahren endete durch Antragsrücknahme.

Der Verfahrensbevollmächtigte der Antragsteller beantragte die Festsetzung des Wertes des Gegenstandes seiner anwaltlichen Tätigkeit. Das Arbeitsgericht hörte sämtliche Beteiligten des Ausgangsverfahrens und deren Verfahrensbevollmächtigte zu einer beabsichtigten "Festsetzung des Wertes des Gegenstands der anwaltlichen Tätigkeit" auf 5.000,00 € an. Hiergegen erhoben die Verfahrensbevollmächtigten des Betriebsrats Einwendungen und begehrten eine Wertfestsetzung auf 30.000,00 €, der das Arbeitsgericht nicht entsprach, sondern entsprechend seiner Anhörung festsetzte.

Mit der Beschwerde verfolgten die Verfahrensbevollmächtigten des Betriebsrats ihr ursprüngliches Begehren weiter, bevor sie dieses auf Hinweis des Beschwerdegerichts auf 27.000,00 € reduziert haben.

B.

Die Beschwerde des Verfahrensbevollmächtigten des Betriebsrats ist statthaft (§ 33 Abs. 3 Satz 1 RVG); sie ist form- und fristgerecht eingelegt worden (§ 33 Abs. 3 Satz 3 RVG) und auch im Übrigen zulässig und begründet. Das Arbeitsgericht hat den Wert des Gegenstandes der anwaltlichen Tätigkeit der Verfahrensbevollmächtigten des Betriebsrats zu gering bemessen. Dieser war von 5.000,00 € auf 27.000,00 € zu erhöhen.

I.

1. Gemäß § 33 Abs. 1 RVG erfolgt die Festsetzung des Wertes des Gegenstandes der anwaltlichen Tätigkeit nur aufgrund eines Antrags, also nicht von Amts wegen. Deshalb beschränkt sich die Wertfestsetzung auf den Anwalt, dessen Gebühren in Frage stehen (allgemeine Auffassung, vgl. erkennende Kammer 2. November 2009 - 5 Ta 113/09 - juris Rn 8; Hartmann, Kostengesetze, 48. Aufl., § 33 RVG Rn 7; Gerold/Schmidt-Mayer, RVG, 23. Aufl., § 33 Rn 10; Riedel/Sußbauer-Fraunholz, RVG, 9. Aufl., § 33 Rn 16).

2. Da im Ausgangsverfahren sowohl auf Antragsteller- als auch auf Betriebsrats- als auch auf Arbeitgeberseite Rechtsanwälte als Verfahrensbevollmächtigte beteiligt waren, kommen drei Wertfestsetzungsverfahren in Betracht:

a) Eines betreffend das Mandatsverhältnis zwischen den sieben Antragstellern des Ausgangsverfahrens und deren Verfahrensbevollmächtigten als Auftraggeber und Auftragnehmer des Anwaltsvertrags unter förmlicher Beteiligung der Arbeitgeberinnen als unter Umständen gemäß § 40 BetrVG materiell vom Gebührenanspruch Betroffene (erkennende Kammer 2. November 2009 - 5 Ta 113/09 - juris Rn 8; Hartmann, Kostengesetze, 48. Aufl., § 33 RVG Rn 8, 10 und 11; Gerold/Schmidt-Mayer, RVG, 23. Aufl., § 33 Rn 10). Deren Verfahrensbevollmächtigte...

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