Entscheidungsstichwort (Thema)

Abmahnung: Rechtsgrundlage der Wertung. Grundsätze zum Ermessensspielraum. Streitwertfestsetzung. Ermessensspielraum. Abmahnung. Bezugsgröße

 

Leitsatz (amtlich)

1. Die Bewertung eines Antrages auf Feststellung der Berechtigung einer Abmahnung erfolgt nach § 48 Abs. 1 GKG i. V. m. § 3 ZPO.

2. Im Rahmen der nach § 48 Abs. 1 GKG i. V. mit § 3 ZPO nach freiem Ermessen vorzunehmenden Schätzung des Werts ist es nicht ermessensfehlerhaft, wenn sich das Gericht im Rahmen seiner Ermessenentscheidung von der Bewertungsgrüße des Monatsgehalts der klagenden Partei leiten lässt.

3. Die Ermessensausübung ist fehlerhaft, wenn wesentliche Gesichtspunkte erkennbar nicht berücksichtigt werden.

 

Normenkette

GKG § 48 Abs. 1, §§ 61, 39 Abs. 1, § 63 Abs. 2; ZPO § 3

 

Verfahrensgang

ArbG Freiburg i. Br. (Beschluss vom 10.09.2009; Aktenzeichen 8 Ca 102/09)

 

Tenor

Auf die Beschwerde der Beteiligten zu 1 wird der Beschluss des Arbeitsgerichts Freiburg – Kammern Villingen-Schwenningen – vom 10. September 2009 – 8 Ca 102/09 – abgeändert:

Der für die Gerichtsgebühren maßgebende Wert wird auf EUR 3.785,33 festgesetzt.

 

Tatbestand

I.

Die Beschwerde der Beteiligten zu 1 richtet sich gegen die Wertfestsetzung des Arbeitsgerichts gemäß § 63 Abs. 2 GKG.

Im Ausgangsverfahren stritten die Parteien über die Berechtigung von Seitens der Beklagten ausgesprochenen Abmahnungen vom 2. Dezember 2008, 7. Januar 2009, 5. Dezember 2008 sowie 12. Dezember 2008. Der Kläger war bei der Beklagten seit Mai 1997 als Kraftfahrer zu einem durchschnittlichen Bruttomonatsentgelt von EUR 2.839,00 beschäftigt. Das Arbeitsverhältnis endet mit Ablauf des 31. Januar 2009. Die gegen die Abmahnungen vom 2. Dezember 2008 und 7. Januar 2009 gerichtete Klage datiert vom 18. Februar 2009 und die Klageerweiterung hinsichtlich der Schreiben vom 5. Dezember 2008 und 12. Dezember 2008 erst vom 4. März 2009. Das Arbeitsgericht hat die Klage mit Urteil vom 21. Juli 2009 als unzulässig abgewiesen, dem Kläger die Kosten des Rechtsstreits auferlegt und den Rechtsmittelstreitwert auf EUR 500,00 festgesetzt.

Mit nicht begründetem Beschluss vom 10. September 2009 hat das Arbeitsgericht den für die Gerichtsgebühren maßgebenden Wert auf EUR 500,00 festgesetzt. Mit Schriftsatz vom 29. September 2009 haben die Beteiligten zu 1 ohne jede Begründung Beschwerde gegen diesen Wertfestsetzungsbeschluss vom 10. September 2009 eingelegt. Das Arbeitsgericht hat der Beschwerde mit Beschluss vom 30. September 2009 nicht abgeholfen und sie dem Landesarbeitsgericht zur Entscheidung vorgelegt.

 

Entscheidungsgründe

II.

Die nach dem Wert der Beschwer (§ 68 Abs. 1 Satz 1 GKG) statthafte und auch im Übrigen zulässige Beschwerde der Beteiligten zu 1 ist begründet. Sie führt zur Abänderung des angefochtenen Streitwertbeschlusses und zur Festsetzung des für die Gerichtsgebühren maßgebenden Wertes auf EUR 3.785,33. Die vom Arbeitsgericht im Beschluss vom 10. September 2009 vorgenommene Wertfestsetzung ist nicht frei von Ermessensfehlern und deshalb auf die Beschwerde abzuändern.

1. Das Arbeitsgericht hat den Wert eines Abmahnungsrechtsstreits nach § 48 Abs. 1 GKG i. V. m. § 3 ZPO nach freiem Ermessen zu schätzen. Nach ständiger und langjähriger Rechtsprechung der Kammer 3 des Landesarbeitsgerichts Baden-Württemberg ist der Bewertungsmaßstab bei Abmahnungsstreitigkeiten aus § 48 Abs. 1 GKG i. V. m. § 3 ZPO zu entnehmen, weil es sich bei dem Streit um die Herausnahme einer Abmahnung aus der Personalakte und deren Berechtigung, um eine vermögensrechtliche Streitigkeit handelt. Für deren Bewertung ist das wirtschaftliche oder persönliche Interesse der das Verfahren einleitenden Partei hinsichtlich der mit der Klage geltend gemachten Anträge maßgeblich. Soweit das Arbeitsgericht zulässig sein Ermessen ausgeübt hat, kann das Beschwerdegericht dessen Ermessensentscheidung übernehmen. Deshalb wird in solchen Fällen vom Beschwerdegericht eine entsprechende Entscheidung ungeachtet dessen respektiert, ob der festgesetzte Gebührenwert vom Beschwerdegericht selbst höher oder niedriger festgesetzt worden wäre, wenn sich die „Richtigkeit” eines bestimmten Wertes nicht unmittelbar aus dem Gesetz ergibt, sondern Ergebnis einer richterlichen Schätzung ist, die auch von subjektiven Wertungselementen abhängt (vgl. hierzu etwa LAG Baden-Württemberg 24. Juni 2009 – 5 Ta 12/09 – zu II 1 der Gründe). Ein wesentliches Indiz für die Höhe des Gegenstandswerts ist die Angabe der Partei persönlich vor Kenntnis des Ausgangs des Rechtsstreits (BGH 26. März 1997 – III ZR 296/96 – NJW-RR 1997, 884; KG 6. April 1999 – 5 W 12/99 – NJW-RR 2000, 285 f.). Sofern diese Angaben nicht völlig übersetzt sind oder ausschließlich der Schädigung des Prozessgegners dienen sollen oder auch dem Interesse der Partei, die Kosten des Rechtsstreits durch einen zu niedrig angegebenen Streitwerts zu minimieren, sondern wenn sie plausibel das eigene Interesse beschreiben, können diese für die Schätzung herangezogen werden, wenn sie sich auf diese Weise auf ...

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