Entscheidungsstichwort (Thema)

Streitwert. Abmahnung. Entfernung einer Mehrfertigung aus Personalakte. Widerruf der Abmahnung, hilfsweise Rücknahme

 

Leitsatz (amtlich)

1. Die Bewertung eines Antrags auf Feststellung der Entfernung einer Abmahnung aus der Personalakte und deren Widerruf, hilfsweise Rücknahme erfolgt nach § 48 Abs. 1 GKG i. V. m. § 3 ZPO.

2. Im Rahmen der nach § 48 Abs. 1 GKG i. V. mit § 3 ZPO nach freiem Ermessen vorzunehmenden Schätzung des Werts ist es nicht ermessensfehlerhaft, wenn sich das Gericht für die – als Einheit zu verstehenden Anträge – im Rahmen seiner Ermessenentscheidung von der Bewertungsgröße des Monatsgehalts der klagenden Partei leiten lässt.

 

Normenkette

GKG § 48 Abs. 1, § 68 Abs. 1 S. 1, § 39 Abs. 1; ZPO § 3

 

Verfahrensgang

ArbG Stuttgart (Beschluss vom 12.07.2010; Aktenzeichen 5 Ca 8736/09)

 

Tenor

Die Beschwerde der Beschwerdeführer gegen den Wertfestsetzungsbeschluss des Arbeitsgerichts Stuttgart vom 12. Juli 2010 – 5 Ca 8736/09 – wird zurückgewiesen.

 

Tatbestand

I.

Die Beschwerde der Beschwerdeführer richtet sich gegen die Wertfestsetzung des Arbeitsgerichts gemäß § 63 Abs. 2 GKG.

Gegenstand des Ausgangsverfahrens war ein Antrag auf Entfernung einer Mehrfertigung einer Abmahnung vom 25. Mai 2009 aus der Personalakte der Klägerin und die Verurteilung der Beklagten, die Abmahnung vom 25. Mai zu widerrufen hilfsweise für den Fall der Abweisung des Antrags zu 2, die Abmahnung vom 25. Mai 2009 zurückzunehmen. Der Abmahnung zugrunde lag ein Vorfall vom 16. Januar 2009. Der Klägerin, die seit Anfang des Jahres 2005 bei der Beklagten, zuletzt zu einem durchschnittlichem Bruttomonatsentgelt von EUR 3.939,13 beschäftigt ist, wurde vorgeworfen, sie habe sich über eine Arbeitskollegin despektierlich geäußert. In der Klagschrift haben die Beschwerdeführer den Streitwert mit EUR 8.939,13 mitgeteilt und dabei angegeben, dass der Antrag zu 1 mit einem Bruttomonatsgehalt zu bewerten sei und der Antrag zu 2 mit EUR 5.000,00. Das Ausgangsverfahren endete in erster Instanz durch klagabweisendes Urteil vom 18. Mai 2010, bei dem der Streitwert nach § 61 Abs. 1 ArbGG im Urteil mit EUR 3.939,13 festgesetzt wurde.

Gegen diese Wertfestsetzung haben die Beschwerdeführer mit Schriftsatz vom 7. Juni 2010 Streitwertbeschwerde eingelegt, die das Arbeitsgericht mit Beschluss vom 8. Juni 2010 für unzulässig erachtet hat und sie dem Landesarbeitsgericht vorgelegt hat. Das Landesarbeitsgericht hat mit Verfügung vom 11. Juni 2010 Rücknahme der Beschwerde gegen den Streitwert im Urteil angeregt (vgl. Verfügung vom 11. Juni 2010 im Verfahren 5 Ta 114/10). Dies hat der Beschwerdeführer sodann getan und mit Schriftsatz vom 21. Juni 2010 die Festsetzung des für die Gerichtsgebühren maßgebenden Werts beim Arbeitsgericht beantragt.

Das Arbeitsgericht hat mit ausführlich begründetem Beschluss vom 8. Juli 2010 den für die Gerichtsgebühren maßgebenden Wert für das Verfahren auf EUR 3.939,13 festgesetzt. Gegen diesen Beschluss haben die Beschwerdeführer mit am 23. Juli 2010 beim Arbeitsgericht Stuttgart eingegangenem Schriftsatz Beschwerde eingelegt, der das Arbeitsgericht mit Beschluss vom 26. Juli 2010 nicht abgeholfen und sie dem Landesarbeitsgericht zur Entscheidung vorgelegt hat.

 

Entscheidungsgründe

II.

Die nach dem Wert der Beschwer (§ 68 Abs. 1 Satz 1 GKG) statthafte und auch im Übrigen zulässige Beschwerde ist unbegründet. Die vom Arbeitsgericht vorgenommene Wertfestsetzung mit EUR 3.939,13 ist nicht zu beanstanden. Die im Klagverfahren verfolgten Anträge sind insgesamt mit einem Monatsgehalt und damit EUR 3.939,13 zutreffend und ausreichend bewertet. Die von einer mit der Beschwerde erstrebte höhere Wertfestsetzung ist nicht gerechtfertigt, insbesondere nicht Grundlage der Angaben des Gegenstandswerts in der Klagschrift gemäß § 61 GKG.

1. Das Arbeitsgericht hat den Wert eines Abmahnungsrechtsstreites nach § 48 Abs. 1 GKG in Verbindung mit § 3 ZPO nach freiem Ermessen zu schätzen. Nach ständiger und langjähriger Rechtsprechung der Kammer 3 des Landesarbeitsgerichts Baden-Württemberg ist der Bewertungsmaßstab bei Abmahnungsstreitigkeiten aus § 48 Abs. 1 i. V. m. § 3 ZPO zu entnehmen, weil es sich bei dem Streit um die Herausnahme einer Abmahnung aus der Personalakte und deren Berechtigung (Widerruf/Rücknahme) um eine vermögensrechtliche Streitigkeit handelt. Für die Bewertung ist das wirtschaftliche oder persönliche Interesse der das Verfahren einleitenden Partei hinsichtlich der mit der Klage geltend gemachten Anträge maßgeblich. Soweit das Arbeitsgericht zulässig sein Ermessen ausgeübt hat, kann das Beschwerdegericht dessen Ermessensentscheidung übernehmen. Deshalb wird in solchen Fällen vom Beschwerdegericht eine entsprechende Entscheidung ungeachtet dessen respektiert, ob der festgesetzte Gebührenstreitwert vom Beschwerdegericht selbst höher oder niedriger festgesetzt worden wäre, wenn sich die „Richtigkeit” eines bestimmten Wertes nicht unmittelbar aus dem Gesetz ergibt, sondern Ergebnis einer richterlichen Schätzung i...

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