Entscheidungsstichwort (Thema)
Unterrichtung der örtlichen Vertretungen durch den Europäischen Betriebsrat. Unbegründeter Feststellungsantrag des Europäischen Betriebsrats zur vorrangigen Unterrichtung durch einen bestehenden Ausschuss
Leitsatz (amtlich)
1. § 36 Abs. 1 EBRG sieht keine Vorrangigkeit der Unterrichtung durch einen bestehenden Ausschuss vor.
2. Aus § 36 Abs. 2 Satz 3 EBRG ergibt sich kein Vorrang der mündlichen Information.
Normenkette
EBRG § 36 Abs. 1, 2 S. 3; ZPO § 253 Abs. 2 Nr. 2, § 256 Abs. 1
Verfahrensgang
ArbG Lörrach (Entscheidung vom 08.04.2014; Aktenzeichen 4 BV 7/13) |
Tenor
- Die Beschwerde des Beteiligten zu 1) gegen den Beschluss des Arbeitsgerichts Lörrach vom 08.04.2014 - 4 BV 7/13 - wird zurückgewiesen.
- Die Rechtsbeschwerde wird zugelassen.
Gründe
A.
Die Beteiligten streiten über die Rechte des Europäischen Betriebsrats der A.-Gruppe in Europa / Beteiligter zu 1) (im Folgenden: EBRA) und dem herrschenden Unternehmen dieser Gruppe in Europa, der Beteiligten zu 2) (im Folgenden: Beteiligte zu 2) auf der Grundlage des § 36 EBRAG iVm. der "Vereinbarung zwischen der A.-Gruppe in Europa und den Betriebsräten sowie betrieblichen Arbeitnehmervertretungen aus den zur A.-Gruppe gehörenden Betrieben in Europa über die Bildung und zur Arbeit eines europäischen Betriebsrats A." (im Folgenden: EBRA-Vereinbarung) - über die konkrete Ausübung eines Informationsrechts gegenüber den Arbeitnehmervertretungen in England am 24.04.2014.
Die A.-Gruppe ist hauptsächlich in der Verpackungsindustrie tätig und beschäftigt in Europa ca. 11.500 Arbeitnehmer, davon ca. 1.850 in Deutschland. Der größte Standort in Deutschland liegt in S. mit ca. 1.130 Arbeitnehmern (Beteiligte zu 2).
Der EBRA wurde aufgrund oben genannter ERBA-Vereinbarung vom 23.10.2002 gebildet (vgl. ABI. 3 bis 11 der erstinstanzlichen Akte).
Vom 14. bis 16.10.2013 fand dessen jährliche Sitzung mit dem europäischen Management statt. Am 23.10.2013 teilte der EBRA der A.-Gruppe mit, er wolle die bei der Sitzung erhaltenen Informationen an die Arbeitnehmervertretungen in Italien und England vor Ort weitergeben. Die zentrale Leitung hielt es nicht für erforderlich, dass der Ausschuss hierfür nach Italien reise und bat um eine weitere Begründung der Notwendigkeit einer über die Information durch die bei der Sitzung anwesenden Vertreter aus England hinausgehende Unterrichtung.
Darauf hat der EBRA gegen die Beteiligte zu 2) ein Beschlussverfahren eingeleitet, das beim Arbeitsgericht Lörrach am 25.11.2013 einging, und zuletzt beantragt, der Beteiligten zu 2) aufzugeben, ihm zu genehmigen, die nationalen Arbeitnehmervertretungen im Vereinigten Königreich über die Durchführung und Ergebnisse der Jahressitzung des Antragstellers vom Oktober 2013 durch zwei Mitglieder des geschäftsführenden Ausschusses im Rahmen einer Sitzung am 24.04.2014 am Standort des Betriebs C. im Vereinigten Königreich zu unterrichten, hilfsweise, für den Fall des Unterliegens, festzustellen, dass die A.-Gruppe verpflichtet gewesen sei, ihm zu genehmigen, die dortigen nationalen Arbeitnehmervertreter über die Durchführung und Ergebnisse seiner Jahressitzung durch zwei Mitglieder des geschäftsführenden Ausschusses des EBRA im Rahmen einer Sitzung am 24.04.2014 am Standort des Betriebs C. im Vereinigten Königreich zu unterrichten und ausgeführt, er habe die Direktinformation beschlossen. Es bleibe ihm selbst überlassen, wie er seine Rechte nach § 36 EBRG wahrnehme. Die Vorschrift gebe ihm das Recht, über seine Informationspflichten und deren Art und Weise der Ausübung selbständig zu entscheiden, ohne Einflussmöglichkeit der zentralen Leitung. Deren Verweigerungshaltung stelle eine Beschneidung der Rechte des Europäischen Betriebsrats dar. § 36 EBRAG solle den Dialog sicherstellen zwischen den Arbeitnehmern und dem EBRA und sehe die schriftliche Information nur ausnahmsweise vor. Grundsatz sei die mündliche nicht nur fernmündliche Information. Jene ersetze nicht die Kommunikation von Angesicht zu Angesicht. Er müsse sich nicht auf eine Telefonkonferenz verweisen lassen. Um mit den nationalen Arbeitnehmervertretern eine Begegnung herbeiführen zu können, sei die Reise von zwei Ausschussmitgliedern zu der Sitzung in C., Großbritannien am 24.04.2014 erforderlich. Die Kosten beliefen sich auf ca. 2.562,00 €, bzw. 3.244,85 €. Angesichts eines solchen Betrages könne der Wirtschaftlichkeitsaspekt nicht im Vordergrund stehen.
Die Beteiligte zu 2) hat vor dem Arbeitsgericht Antragsabweisung beantragt und vorgetragen, die Anreise am 24.04.2014 durch zwei Mitglieder des Ausschusses des EBRA sei nicht erforderlich. Allein dessen Behauptung, eine Information vor Ort und durch zwei Mitglieder des Ausschusses sei erforderlich, könne nicht ausreichen. Es sei bereits nicht erforderlich, eine Sitzung vor Ort in C. durchzuführen. Ein Dialog sei sehr wohl auch im Wege einer Telefonkonferenz oder einer Videokonferenz möglich. Es würden dabei deutlich weniger Kosten anfallen. Die Verhältnismäßigkeit von Aufwand un...