Entscheidungsstichwort (Thema)

Gegenstandswert des Verfahrens bei Klageänderung

 

Leitsatz (amtlich)

Bei einer Klageänderung i. S. § 263 ZPO sind für die Ermittlung des für die Gerichtsgebühren maßgebenden Werts die Werte des ursprünglichen und des neuen Antrags zu addieren, es sei denn, diese wären wirtschaftlich (teil)identisch.

 

Normenkette

GKG § 39 Abs. 1; ZPO § 263 Abs. 1

 

Verfahrensgang

ArbG Mannheim (Entscheidung vom 02.07.2014; Aktenzeichen 3 Ca 166/13)

 

Tenor

Die Beschwerde der Beklagten gegen den Wertfestsetzungsbeschluss des Arbeitsgerichts Mannheim vom 02.07.2014 - 3 Ca 166/13 - wird zurückgewiesen.

 

Gründe

I.

Die Beschwerde betrifft die Wertfestsetzung des Arbeitsgerichts gemäß § 63 Abs. 2 GKG.

Im Ausgangsverfahren wandte sich der bei der Beklagten beschäftigte Kläger gegen die ordentliche Arbeitgeberkündigung vom 25.03.2013 zum 30.06.2013 und begehrte den darüber hinausgehenden Fortbestand des Arbeitsverhältnisses, bevor er - nach Aufklärung über die Nichtanwendbarkeit des Kündigungsschutzgesetzes aufgrund zu geringer Betriebsgröße - die Klage unter Rücknahme des Bestandsschutzantrags änderte und fortan restliche Vergütung für die Monate April bis Juni 2013 in Höhe von 17.254,06 € begehrte. Der Rechtsstreit endete durch klagstattgebendes Urteil.

Das Arbeitsgericht hat den für die Gerichtsgebühren maßgebenden Wert auf 36.405,67 € festgesetzt (19.151,61 € <= die Quartalsvergütung des Klägers> für den Bestandsschutzantrag zuzüglich den Nennwert der bezifferten Zahlungsklage).

Mit der Beschwerde begehrt die Beklagte die Herabsetzung des Streitwerts auf den - höheren - Einzelwert für den Bestandsschutzantrag. Eine Werteaddition komme nicht in Betracht, da Bestandsschutz- und Leistungsklage nie nebeneinander rechtshängig gewesen seien.

Das Arbeitsgericht hat der Beschwerde nicht abgeholfen, sondern diese dem Beschwerdegericht zur Entscheidung vorgelegt.

II.

Die Beschwerde der Beklagten ist statthaft (§ 68 Abs. 1 Satz 1 GKG); sie ist form- und fristgerecht eingelegt worden (§ 68 Abs. 1 Satz 3 i.V.m. § 63 Abs. 3 Satz 2 GKG) und auch im Übrigen zulässig, aber unbegründet. Das Arbeitsgericht hat den für die Gerichtsgebühren maßgebenden Wert zutreffend auf 36.405,67 € festgesetzt.

1. Die Bewertung der einzelnen Anträge lässt Rechts- und/oder Ermessensfehler nicht erkennen und wird von der Beschwerde auch nicht angegriffen, so dass sich weitere Ausführungen des Beschwerdegerichts hierzu erübrigen.

2. Zutreffend hat das Arbeitsgericht auch die Werte des Bestandsschutzantrags und der Zahlungsanträge addiert.

a) Nach § 39 Abs. 1 GKG werden in demselben Verfahren und in demselben Rechtszug die Werte mehrerer Streitgegenstände zusammengerechnet, soweit nichts anderes bestimmt ist. Über die Frage, wie der Streitwert zu bestimmen ist, wenn wirtschaftlich nicht identische Streitgegenstände während des Rechtsstreits ausgetauscht werden, wenn also verschiedene Streitgegenstände nicht ganz oder teilweise nebeneinander, sondern nacheinander geltend gemacht werden, herrscht in Rechtsprechung und Schrifttum ein lebhafter Meinungsstreit. Nach einer Auffassung hat eine Zusammenrechnung stattzufinden, eine andere Auffassung lehnt in Fällen der Auswechslung des Streitgegenstandes eine Werteaddition ab (vgl. zur Darstellung des Meinungsstandes OLG Düsseldorf 16. August 2010 - 24 W 9/10 - zitiert nach [...]).

b) Die erkennende Kammer schließt sich der ersten Meinung an.

aa) Das OLG Düsseldorf (aaO) begründet seine gegenteilige Auffassung wie folgt:

"24

Schon der Wortlaut der Bestimmung des § 39 Abs. 1 GKG legt nahe, dass nur etwas gleichzeitig Vorhandenes zusammengerechnet werden kann. Dafür spricht auch die Entstehungsgeschichte der Norm. Absatz 1 ist durch das Kostenrechtsänderungsgesetz 1994 zusätzlich in das Gerichtskostengesetz eingefügt worden. Die Grundregel, dass in demselben Verfahren und in demselben Rechtszug die Werte mehrerer Streitgegenstände zusammengerechnet werden, ergab sich nach altem Recht durch die Verweisung in § 12 Abs. 1 GKG a.F. auf § 5 Hs. 1 ZPO. Die Regelung des § 39 Abs. 1 GKG wurde allein deshalb in das GKG eingestellt, weil sie für alle Gerichtsbarkeiten Geltung erlangen sollte (BT-Drs. 15/1971 Seite 154). Zu § 5 Hs. 1 ZPO war und ist aber auch heute noch allgemein anerkannt, dass in einem Prozess verschiedene prozessuale Ansprüche (Streitgegenstände) nebeneinander bestehen müssen, um eine Wertaddition begründen zu können (KG Rpfleger 1968, 289; Zöller/Herget aaO.; Stein/Jonas/Roth ZPO 21. Aufl., Rn. 5; MünchKomm/Wöstmann aaO., Musielak/Heinrich aaO.; Baumbach/Hartmann, aaO, Rn. 3.).

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Dem kann nicht entgegengehalten werden, Zuständigkeits- und Gebührenstreitwert dürften nicht miteinander verwechselt werden (so Zöller/Herget aaO.; Onderka Anmerkung KostRspr. § 39 GKG Nr 3 zu OLG Dresden aaO.). Denn der Gesetzgeber hat, wie die beschriebene Entstehungsgeschichte zu § 39 Abs. 1 GKG deutlich macht, eine solche Differenzierung nicht vornehmen wollen. Dies entspricht im Übrigen dem Prinzip der Einheitlichkeit der Rechts...

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