Entscheidungsstichwort (Thema)
Streitwert bei Austausch nicht identischer Streitgegenstände im Laufe des Rechtsstreits
Leitsatz (redaktionell)
Werden im Rahmen einer Entgeltklage eines Arbeitnehmers während des laufenden Rechtsstreits einzelne Monate für erledigt erklärt und die Klage um weitere Monate erweitert, so handelt es sich um nicht identische Streitgegenstände mit der Folge, dass eine Zusammenrechnung aller Werte stattzufinden hat.
Normenkette
GKG § 39 Abs. 1; ArbGG § 91 Abs. 1
Verfahrensgang
ArbG Dresden (Entscheidung vom 18.05.2016; Aktenzeichen 3 Ca 3192/15) |
Tenor
Auf die Beschwerde des Beschwerdeführers/Beteiligten zu 1. wird der Beschluss des Arbeitsgerichts Dresden vom 18.05.2016 - 3 Ca 3192/15 - abgeändert:
1. Der Gegenstandswert der anwaltlichen Tätigkeit des Prozessbevollmächtigten des Klägers wird für das gesamte Verfahren auf 18.200,00 € festgesetzt.
2. Der Wert des Beschwerdegegenstands wird auf 273,70 € festgesetzt.
Gründe
I.
Die Beschwerde betrifft die Wertfestsetzung des Arbeitsgerichts gemäß § 63 Abs. 2 GKG.
Im Ausgangsverfahren beantragte der Kläger zunächst in der Klage vom 03.01.2015 Vergütung für die Monate September und Oktober 2015, mit Klageerweiterung vom 20.11.2015 Vergütung für den Monat November 2015 und schließlich nach Abschluss eines Teilvergleichs im Gütetermin vom 04.12.2015 mit weiterer Klageerweiterung vom 26.02.2016 die Vergütung für den Monat Dezember 2015 sowie für die Monate Januar bis März 2016 in Höhe von jeweils 2.600,00 € brutto.
Der Rechtsstreit endete durch klagestattgebendes Anerkenntnisteil- und Schlussurteil vom 13.04.2016.
Das Anerkenntnisteil- und Schlussurteil ist rechtskräftig.
Das Arbeitsgericht hat nach Anhörung sämtlicher Beteiligter den Gegenstandswert der anwaltlichen Tätigkeit des Prozessbevollmächtigten des Klägers gemäß §§ 63 Abs. 2 GKG, 32 RVG durch Beschluss vom 18.05.2016 für das Verfahren bis 19.11.2015 auf 5.200,00 €, für das Verfahren ab 20.11.2015 bis 04.12.2015 auf 7.800,00 €, für das Verfahren ab 05.12.2015 bis 25.02.2016 auf 2.600,00 € und für das Verfahren ab 26.02.2016 auf 13.000,00 € festgesetzt und hierzu ausgeführt, dass die jeweils noch streitigen Gegenstände addiert worden seien und ein Teil der Forderungen durch den Vergleich am 04.12.2015 erledigt worden sei und daher nicht mehr Streitgegenstand gewesen sei und somit am 05.12.2015 auch nicht mehr zu berücksichtigen sei.
Der hiergegen eingelegten Beschwerde des Beteiligten zu 1., mit der dieser die Addition sämtlicher im Laufe des Verfahrens geltend gemachter Ansprüche unabhängig davon, ob sie nacheinander rechtshängig waren oder nicht, begehrt und auf dessen Begründung im Schriftsatz vom 08.06.2016 Bezug genommen wird (Bl. 88 bis 92 d. A.), hat das Arbeitsgericht mit Beschluss vom 22.06.2016, auf dessen Inhalt verwiesen wird (Bl. 95/96 d. A.), nicht abgeholfen und sie dem Sächsischen Landesarbeitsgericht zur Entscheidung vorgelegt.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den gesamten Akteninhalt Bezug genommen.
II.
1. Die Beschwerde des Beteiligten zu 1. ist statthaft (§ 68 Abs. 1 Satz 1 GKG); sie ist form- und fristgerecht eingelegt worden (§ 68 Abs. 1 Satz 3 i. V. m. § 63 Abs. 3 Satz 2 GKG) und auch im Übrigen zulässig. Der Beschwerdewert von 200,00 € ist erreicht.
2. Die Beschwerde hat auch in der Sache Erfolg.
Entgegen der Ansicht des Arbeitsgerichts ist hier der Streitwert wegen nachträglich eingetretener Wertveränderungen, wenn also verschiedene Streitgegenstände nicht ganz oder teilweise nebeneinander, sondern nacheinander geltend gemacht werden, nicht zeitig gestaffelt festzusetzen. Es hat vielmehr eine Addition bzw. Zusammenrechnung der einzelnen Streitgegenstände - hier der Zahlungsanträge - stattzufinden.
a) Nach § 39 Abs. 1 GKG werden in demselben Verfahren und in demselben Rechtszug die Werte mehrerer Streitgegenstände zusammengerechnet, soweit nichts anderes bestimmt ist. Über die Frage, wie der Streitwert zu bestimmen ist, wenn wirtschaftlich nicht identische Streitgegenstände während des Rechtsstreits ausgetauscht werden, wenn also verschiedene Streitgegenstände nicht ganz oder teilweise nebeneinander, sondern nacheinander geltend gemacht werden, herrscht in Rechtsprechung und Schrifttum ein lebhafter Meinungsstreit. Nach einer Auffassung hat eine Zusammenrechnung stattzufinden, eine andere Auffassung lehnt in Fällen der Auswechslung des Streitgegenstands eine Werteaddition ab (vgl. zur Darstellung des Meinungsstandes OLG Düsseldorf 16.08.2010 - 24 W 9/10 - zitiert in Juris).
b) Die erkennende Kammer schließt sich mit dem LAG Baden-Württemberg vom 03.11.2014 - 5 Ta 125/14 - zitiert in Juris der ersten Meinung an.
Insoweit führt das LAG Baden-Württemberg in seiner Entscheidung vom 03.11.2014 aus:
aa) Das OLG Düsseldorf (a. a. O.) begründet seine gegenteilige Auffassung wie
folgt:
"24
Schon der Wortlaut der Bestimmung des § 39 Abs. 1 GKG legt nahe, dass nur etwas gleichzeitig Vorhandenes zusammengerechnet werden kann. Dafür spricht auch die Entstehungs...