Entscheidungsstichwort (Thema)
Behandlung eines Wertfestsetzungsbeschlusses, der nicht erkennen lässt, ob der Streitwert oder der Gegenstandswert festgesetzt wird. Bedeutung der Vorschriften im Gerichtskostengesetz, mit denen die Kosten des Rechsstreits herabgesetzt werden, für die Streitwertfestsetzung. Bewertung eines Anspruchs auf Reduzierung der Arbeitszeit nach § 8 TzBfG
Leitsatz (redaktionell)
1. Bei einer Wertfestsetzung des Arbeitsgerichts in einem Rechtsstreit über eine Arbeitszeitreduzierung und eine Entfernung einer Abmahnung aus der Personalakte des Arbeitnehmers richtet sich die Gerichtsgebühr nach dem Streitwert, § 63 Abs. 2 GKG.
2. Der vom Arbeitsgericht festgesetzte Streitwert wird den Interessen des Arbeitnehmers nicht gerecht, wenn er sich nicht an seinen tatsächlichen Interessen orientiert. Die Obergrenze des Streitwerts nach § 42 Abs. 4 S. 1 greift nicht, wenn nicht der Bestand des Arbeitsverhältnisses verhandelt wird, sondern der wirtschaftliche Wert einer Arbeitszeitreduzierung. Strebt der Arbeitnehmer mit der Arbeitszeitverkürzung keine anderweitige Verwendung seiner Arbeitskraft an, sondern persönlichkeitsbezogene Werte wie Weiterbildung und Steigerung der sozialen Stellung in der Gesellschaft, hat der angestrebte Bildungsabschluss unter dem Gesichtspunkt des Selbstwertgefühls und dem persönlichen Gewinn, der aus einer solchen Qualifikation folgt, einen nicht unerheblichen Wert.
3. Auch bei vermögensrechtlichen Streitigkeiten können immaterielle Interessen (Affektionsinteresse) bei der Bewertung herangezogen werden, wenn gerade diese Anlass für den Rechtsstreit sind und diesem seinen Sinn verleihen. Dieses Interesse ist kennzeichnend für eine angestrebte Arbeitszeitverkürzung, die keine anderweitige Verwendung der Arbeitskraft anstrebt, sondern von ideellen Umständen getragen wird.
Normenkette
TzBfG § 8 Abs. 4; GKG § 63 Abs. 2; RVG § 33 Abs. 1
Verfahrensgang
ArbG Freiburg i. Br. (Beschluss vom 23.10.2007; Aktenzeichen 8 Ca 371/06) |
Tenor
Auf die Beschwerde der Beteiligten zu 1 wird unter Zurückweisung ihrer weiter gehenden Beschwerde der Wertfestsetzungsbeschluss des Arbeitsgerichts Freiburg vom 23. Oktober 2007 – 8 Ca 371/06 – abgeändert:
Der Streitwert wird auf 21.000,00 EUR festgesetzt.
Tatbestand
I.
Die Beschwerde der Beteiligten zu 1 richtet sich gegen die Wertfestsetzung des Arbeitsgerichts, wobei unklar ist, ob sie nach § 63 Abs. 2 GKG oder nach § 33 RVG erfolgt ist.
Der Streit der Parteien betraf ein Begehren des Klägers auf Reduzierung der wöchentlichen Arbeitszeit in den Sommermonaten nach § 8 TzBfG von 45 auf 40 Stunden bei täglicher Beendigung der Arbeitszeit um spätestens 16 Uhr, weil er ab 17 Uhr am Unterricht im Abendgymnasium teilnehmen wollte. Er strebt das Abitur an, um später ein Studium auf technischem Gebiet aufnehmen zu können. Weiterhin hat der Kläger noch einen Antrag auf Entfernung (wohl einer Mehrfertigung) einer Abmahnung aus der Personalakte rechtshängig gemacht. Diesen hat das Arbeitsgericht mit 1.000.00 EUR bewertet. Diese Bewertung wird von der Beschwerde nicht beanstandet.
Das Verfahren hat durch einen vor dem Landesarbeitsgericht unter dem Aktenzeichen 22 Sa 19/07 in einem anderen Rechtsstreit zwischen den Parteien am 05. Juni 2007 abgeschlossenen Gesamtvergleich geendet.
Mit Schriftsatz vom 04.07.2007, beim Arbeitsgericht eingegangen am 05. Juli 2007 (Bl. 84 der Akte) haben die Beteiligten zu 1 um Festsetzung des Streitwerts auf mindestens 50.000,00 EUR gebeten. Mit Beschluss vom 23. Oktober 2007 hat das Arbeitsgericht den „Wert des Gegenstandes” auf 5.000,00 EUR festgesetzt. Dabei hat es nach „§§ 3 ff. ZPO” die Abmahnung mit 1.000,00 EUR und das Teilzeitverlangen mit 4.000,00 EUR bewertet. Zu letzterem hat es zur Begründung im Wesentlichen angeführt, es handele sich bei einem solchen Verlangen um ein Weniger gegenüber einer Klage gegen eine Kündigung des Arbeitsverhältnisses. Deshalb könne ihr Wert nicht höher sein als der in § 42 Abs. 4 Satz 1 GKG vorgesehene Wert. Ferner hat es eine Rechtsmittelbelehrung erteilt, die unter anderem den Inhalt hat, der Beschluss könne binnen zwei Wochen nach Zustellung mit der Beschwerde angefochten werden. Der Beschluss ging aber den Beteiligten formlos zu.
Hiergegen richtet sich die Beschwerde der Beteiligten zu 1, die sich im Wesentlichen darauf stützt, dass die Lebensplanung des Klägers und die durch eine höherwertige Ausbildung erzielbaren höheren Verdienstchancen zu berücksichtigen seien.
Das Arbeitsgericht hat der Beschwerde nicht abgeholfen und sie hierher vorgelegt.
Entscheidungsgründe
II.
Die zulässige Beschwerde ist teilweise auch in der Sache gerechtfertigt. Der Streitwert ist auf 21.000,00 EUR festzusetzen.
1. Der Beschluss des Arbeitsgerichts ist unklar. Beteiligt wurden am Verfahren nur der Kläger und seine Prozessbevollmächtigten. Einerseits wird der „Wert des Gegenstands” festgesetzt. Damit lässt das Gericht offen, ob es den Wert des Streitgegenstands im Sinne des § 3 Abs. 1 in Verbindung mit § 63 Abs. 2 GKG oder d...