Entscheidungsstichwort (Thema)

Streitwert. Bestandschutz unbegrenzt und weitere Feststellungsanträge. Zwischenzeugnis. hilfsweise Endzeugnis. Antragmehrheiten. Prozessvergleich

 

Leitsatz (amtlich)

1. Die Bewertung der Anträge auf Erteilung eines Zwischenzeugnisses und hilfsweise eines Endzeugnisses richtet sich nach § 48 Abs. 1 GKG i. V. mit § 3 ZPO. Bei der Beurteilung des wirtschaftlichen Interesses an den beiden Zeugnissen steht dem Gericht ein Ermessensspielraum zu. Dabei ist es nicht ermessensfehlerhaft, wenn sich das Gericht im Rahmen seiner Ermessenentscheidung auch von der Bewertungsgröße des Monatsgehalts der klagenden Partei leiten lässt und die beiden Zeugnisse in diesem Rahmen unterschiedlich hoch bewertet.

2. Die Werte der beiden Zeugnisse (Zwischenzeugnis und Endzeugnis) sind zusammenzurechnen.

 

Normenkette

GKG § 48 Abs. 1; ZPO § 3; GewO § 109

 

Verfahrensgang

ArbG Pforzheim (Beschluss vom 29.06.2009; Aktenzeichen 2 Ca 99/09)

 

Tenor

Auf die Beschwerde der Beteiligten zu 1 wird der Beschluss des Arbeitsgerichts Pforzheim vom 29. Juni 2009 – 2 Ca 99/09 – teilweise abgeändert und wie folgt neu gefasst:

Der für die Gerichtsgebühren maßgebende Wert wird auf EUR 30.447,15 festgesetzt.

Der Vergleich hat einen Mehrwert in Höhe von EUR 2.819,62.

 

Tatbestand

I.

Die Beschwerde der Beteiligten zu 1 richtet sich gegen die Wertfestsetzung des Arbeitsgerichts gemäß § 63 Abs. 1 GKG.

Im Ausgangsverfahren stritten die Parteien über die Wirksamkeit einer außerordentlichen Kündigung vom 27. Januar 2009, weitere Feststellungsanträge hinsichtlich des Bestandes des Arbeitsverhältnisses sowie den Antrag auf Erteilung eines Zwischenzeugnisses. Darüber hinaus hat der Kläger bereits mit der Klage für den Fall der Abweisung seiner Bestandsschutzanträge den Antrag auf Erteilung eines Endzeugnisses gestellt. Der Rechtsstreit endet durch Vergleich gemäß Beschluss vom 14. Mai 2009, wonach das Arbeitsverhältnis mit Ablauf des 31. Juli 2009 enden sollte und weitere Regelungen hinsichtlich der Abwicklung des Arbeitsverhältnisses getroffen wurden.

Mit Beschluss vom 29. Juni 2009 hat das Arbeitsgericht den für die Gerichtsgebühren maßgebenden Wert auf EUR 24.297,15 festgesetzt. Darüber hinaus hat es einen Mehrwert in Höhe von EUR 2.819,62 angesetzt. Zur Begründung hat es ausgeführt, dass der Bestandsschutz insgesamt mit der Höchstgrenze nach § 42 Abs. 4 Satz 1 GKG und damit EUR 21.147,15 zu bewerten sei. Der Antrag auf Erteilung eines Zwischenzeugnisses sei mit EUR 3.000,00 angemessen berücksichtigt.

Mit beim Arbeitsgericht Pforzheim am 14. Juli 2009 eingegangenem Schriftsatz haben die Beteiligten zu 1 gegen den Beschluss vom 29. Juni 2009 Beschwerde eingelegt. Sie haben ausdrücklich die Beschwerde auf die ihrer Ansicht nach zu niedrige Festsetzung des Antrags auf Erteilung eines Zwischenzeugnisses begrenzt. Insoweit machen die Beschwerdeführer geltend, dass dieser Antrag mit mindestens EUR 15.000,00 zu bewerten sei.

Das Arbeitsgericht hat mit Beschluss vom 15. Juli 2009 der Beschwerde nicht abgeholfen und sie dem Landesarbeitsgericht vorgelegt.

 

Entscheidungsgründe

II.

Die statthafte und auch im Übrigen zulässige Beschwerde führt zu einer Abänderung des Beschlusses des Arbeitsgerichts Pforzheim vom 29. Juni 2009 dahingehend, dass der für die Gerichtsgebühren maßgebende Wert auf EUR 30.447,15 festzusetzen ist. Der vom Arbeitsgericht angenommene Mehrwert bleibt unverändert.

1. Soweit es die Bewertung der Bestandsschutzanträge angeht, erhebt die Beschwerde keine Einwendungen. Insoweit hat das Arbeitsgericht zu Recht den Wert unter Berücksichtigung der Vorgaben des § 42 Abs. 4 Satz 1 GKG mit EUR 21.147,15 festgesetzt.

2. Soweit es die Bewertung des Antrags auf Erteilung eines Zwischenzeugnisses angeht, bleibt der Beschwerde der Erfolg versagt. Das Arbeitsgericht hat diesen Antrag in nicht zu beanstandender Weise gemäß § 48 Abs. 1 GKG i. V. m. § 3 ZPO mit EUR 3.000,00 bewertet.

a) Nach der bisher ständigen Rechtsprechung der für Streitwertbeschwerden zuständigen Kammer 3 des Landesarbeitsgerichts Baden-Württemberg war eine Wertfestsetzung unter anderem für Zeugnisansprüche, die sich an der Bezugsgröße Monatseinkommen orientierte, ermessensfehlerhaft und unterlag deshalb selbst bei insoweit nicht geführter Beschwerde der Abänderung von Amts wegen (vgl. etwa LAG Baden-Württemberg 21. Februar 2006 – 3 Ta 23/06 – zu II 3 der Gründe). Nach dieser Rechtsprechung kam es bei der Bewertung des Antrags auf Erteilung eines Zeugnisses auf das einzelfallbezogene wirtschaftliche Interesse des Arbeitnehmers an (§ 48 Abs. 1 GKG i. V. m. § 3 ZPO), da es sich um einen vermögensrechtlichen Anspruch handelt. Fehlten Angaben der klagenden Partei zum Wert, war auf deren aus dem Akteninhalt ersichtlichen Interessen und darauf abzustellen, welche wirtschaftliche Bedeutung ein Zeugnis unter den zum Zeitpunkt der Klageerhebung (§ 40 GKG) herrschenden Bedingungen hatte. Dabei war zu beachten, dass ein Arbeitnehmer, insbesondere in den Fällen eines Streits um die Beendigung des Arbei...

Dieser Inhalt ist unter anderem im Deutsches Anwalt Office Premium enthalten. Sie wollen mehr?


Meistgelesene beiträge