Entscheidungsstichwort (Thema)
Kostenerstattung nach § 12 a Abs. 1 ArbGG
Leitsatz (amtlich)
1. Die Vorschrift des § 12 a Abs. 1 ArbGG erfasst lediglich Kostentatbestände aus dem arbeitsgerichtlichen Verfahren.
2. Die durch die Rechtsverteidigung im Verfahren vor dem Landgericht entstandenen (Anwalts) Kosten sind deshalb in vollem Umfang erstattungsfähig, auch wenn der Rechtsstreit nach Entstehen dieser Kosten an das Arbeitsgericht verwiesen wird.
Normenkette
ArbGG § 12a Abs. 1
Verfahrensgang
ArbG Heilbronn (Beschluss vom 24.08.1999; Aktenzeichen 7 Ca 206/99) |
Tenor
Auf die Beschwerde des Beteiligten Ziff. 1 wird derBeschluß des Arbeitsgerichts Heilbronn vom 24. August 1999 – 7 Ca 206/99 – aufgehoben.
Das Verfahren wird zur erneuten Bescheidung des Kostenfestsetzungsantrags des Beteiligten Ziff. 1 vom 08. Juli 1999, auch zur Entscheidung über die Kosten des Beschwerdeverfahrens, an das Arbeitsgericht Heilbronn zurückverwiesen.
Tatbestand
I.
Die Beteiligte Ziff. 2 hat im Ausgangsverfahren einen unbezifferten Antrag auf Zahlung von Schmerzensgeld gegenüber dem Beteiligten Ziff. 1 beim Landgericht Stuttgart klageweise geltend gemacht und den vorläufigen Streitwert mit 20.000,00 DM angegeben. Auf Grund streitiger mündlicher Verhandlung hat das Landgericht den Rechtsweg zu den ordentlichen Gerichten für unzulässig erachtet und den Rechtsstreit an das Arbeitsgericht Heilbronn verwiesen. Dort hat die Beteiligte Ziff. 2 die Klage zurückgenommen. Das Arbeitsgericht hat der Beteiligten Ziff. 1 durch Beschluss „die gerichtlichen Kosten des Rechtsstreits sowie die außergerichtlichen Kosten, die dem beklagten Land dadurch entstanden sind, dass die Klägerin ein Gericht der ordentlichen Gerichtsbarkeit angerufen und dieses den Rechtsstreit an das Arbeitsgericht verwiesen hat”, auferlegt. Der Antrag des Beteiligten Ziff. 1 auf Erstattung u. a. der bei dem Verfahren vordem Landgericht entstandenen Anwaltskosten (Prozess- und Verhandlungsgebühr aus einem festgesetzten Streitwert von 25.000,00 DM) ist durch Beschluss zurückgewiesen worden. Dagegen richtet sich die Beschwerde.
Entscheidungsgründe
II.
Die zulässige Beschwerde ist begründet.
Der Antrag auf Festsetzung der geltend gemachten Kosten kann nicht mit dem Hinweis auf § 12 a Abs. 1 Satz 1 und 3 ArbGG zurückgewiesen werden. Der Beteiligte Ziff. 1 beantragt zu Recht die Erstattung sämtlicher Kosten, die schon im Verfahren vor dem Landgericht entstanden sind.
Diese Rechtsfolge ergibt sich nicht schon aus der Kostenentscheidung des Arbeitsgerichts, obwohl der Wortlaut dieser Entscheidung hierfür sprechen könnte. Der Beschluss weist in seiner Begründung auf die Vorschrift des § 12 a Abs. 1 ArbGG, weshalb die hieraus in Anspruch genommene Rechtsfolge aus dem Gesetz abzuleiten ist
1. Schon seit jeher ist vornehmlich in der Rechtsprechung der Landesarbeitsgerichte die Frage umstritten, ob § 12 a Abs. 1 Satz 3 ArbGG lediglich die Mehrkosten meint, also diejenigen Kosten, die höher sind als diejenigen, die angefallen wären, wenn der Rechtsstreit unmittelbar beim zuständigen Arbeitsgericht anhängig gemacht worden wäre, oder auch die Anwaltskosten, die dadurch entstanden sind, dass der Beklagte bereits vor dem unzuständigen Gericht anwaltlich vertreten war.
Die als herrschend zu bezeichnende Meinung leitet aus § 12 a Abs. 1 Satz 3 ArbGG ab, dass alle Kosten, also auch in vollem Umfang die Anwaltskosten, die ihren Entstehungsgrund bereits in der Anrufung des unzuständigen Gerichts haben, zu erstatten seien (Germelmann-Matthes-Prütting, ArbGG, 12. Aufl., § 12 a Rz. 17 f.; Müller/Bauer, Der Anwalt vor den Arbeitsgerichten. 3. Aufl., S. 352; Gift/Baur, Das Urteilsverfahren vor den Gerichten für Arbeitssachen, 1. Aufl., C Rz. 296; Grunsky, ArbGG, 7. Aufl., § 12 a Rz. 12; jeweils mit Nachweisen auf die Rechtsprechung).
Eine Mindermeinung vertritt demgegenüber die Auffassung, es seien lediglich die Mehrkosten erstattungsfähig, also die Differenzkosten zwischen den tatsächlich entstandenen Kosten und den Kosten, die bei der unmittelbaren Anrufung des zuständigen Gerichts entstanden wären (so LAG Bremen, B. vom 05.07.1996, LAGE Nr. 19 zu § 12 a ArbGG; LAG Rheinland-Pfalz. B. vom 13.03.1986, LAGE Nr. 7 zu § 12 a ArbGG).
2. Die erkennende Kammer schließt sich der herrschenden Meinung an.
a) Schon die grammatische Auslegung des § 12 a Abs. 1 Satz 3 ArbGG steht für die Richtigkeit dieser Erkenntnis. Die hier umstrittenen Anwaltskosten sind irreversibel im Verfahren vor dem Landgericht „entstanden”. Das betrifft jedenfalls die Prozess- und Verhandlungsgebühr nach § 31 Abs. 1 Nr. 1 und 2 BRAGO. denn die diese Kosten verursachenden Lebenssachverhalte waren schon im Verfahren vor dem Landgericht eingetreten und damit in rechtsrelevanter Weise abgeschlossen. Sie sind sonach im Wortsinn „entstanden”. Die Fortführung des Verfahrens vor dem Arbeitsgericht hat demgegenüber keine weiteren Kosten „entstehen” lassen. Dass der Gesetzgeber trotz der hier verwendeten, eindeutigen Begriffe ihr Gegenteil gemeint haben soll, läss...