Verfahrensgang
ArbG Reutlingen (Entscheidung vom 05.11.1999; Aktenzeichen 2 Ca 72/99) |
Tenor
1. Die sofortige Beschwerde des Klägers gegen den Kostenfestsetzungsbeschluss des Rechtspflegers des Arbeitsgerichts Reutlingen vom 05.11.1999 – 2 Ca 72/99 – wird zurückgewiesen.
2. Auf die sofortige Beschwerde der Beklagten wird der unter 1. bezeichnete Beschluss
- hinsichtlich des Ausspruchs unter Ziffer 1 des Tenors dahingehend ergänzt, dass die festgesetzten Kosten ab 06.07.1999 mit 4 % zu verzinsen sind,
- im Kostenpunkt sowie insoweit aufgehoben, als er unter 2. des Tenors den Kostenfestsetzungsantrag vom 05.10.1999 zurückgewiesen hat.
Im Umfang der Aufhebung wird das Verfahren zur erneuten Bescheidung des Kostenfestsetzungsantrags der Beklagten vom 05.10.1999 in Verbindung mit dem Antrag vom 18.11.1999, auch zur Entscheidung über die Kosten des Beschwerdeverfahrens, an das Arbeitsgericht Reutlingen zurückverwiesen.
Gründe
I.
Die zulässige sofortige Beschwerde des Klägers ist unbegründet.
Der Antrag der Beklagten auf Festsetzung der geltend gemachten Kosten kann nicht mit Hinweis auf § 12 a Abs. 1 Satz 1 und 3 ArbGG zurückgewiesen werden. Die Beklagten beantragen zu Recht die Erstattung sämtlicher Kosten, die schon im Verfahren vor dem Landgericht Tübingen entstanden sind.
Diese Rechtsfolge ergibt sich nicht schon aus der Kostenentscheidung des Urteils des Arbeitsgerichts vom 28.09.1999, da diese nichts darüber aussagt, welche Kosten des Rechtsstreits erstattungsfähig sind. Diese Rechtsfolge ist vielmehr aus dem Gesetz, hier aus der Vorschrift des § 12 a Abs. 1 ArbGG abzuleiten. Hierzu hat die 1. Kammer des Landesarbeitsgerichts Baden-Württemberg mit Beschluss vom 05.11.1999 – 1 Ta 3/99 – ausgeführt:
„1. Schon seit jeher ist vornehmlich in der Rechtsprechung der Landesarbeitsgerichte die Frage umstritten, ob § 12 a Abs. 1 Satz 3 ArbGG lediglich die Mehrkosten meint, also diejenigen Kosten, die höher sind als diejenigen, die angefallen wären, wenn der Rechtsstreit unmittelbar beim zuständigen Arbeitsgericht anhängig gemacht worden wäre, oder auch die Anwaltskosten, die dadurch entstanden sind, dass der Beklagte bereits vor dem unzuständigen Gericht anwaltlich vertreten war.
Die als herrschend zu bezeichnende Meinung leitet aus § 12 a Abs. 1 Satz 3 ArbGG ab, dass alle Kosten, also auch in vollem Umfang die Anwaltskosten, die ihren Entstehungsgrund bereits in der Anrufung des unzuständigen Gerichts haben, zu erstatten seien (Germelmann-Matthes-Prütting, ArbGG, 12. Aufl., § 12 a Rz. 17 f.; Müller-Bauer, Der Anwalt vor den Arbeitsgerichten, 3. Aufl., S. 352; Gift/Baur, Das Urteilsverfahren vor den Gerichten für Arbeitssachen, 1. Aufl., C Rz. 296; Grunsky, ArbGG, 7. Aufl., § 12 a Rz. 12; jeweils mit Nachweisen auf die Rechtsprechung).
Eine Mindermeinung vertritt demgegenüber die Auffassung, es seien lediglich die Mehrkosten erstattungsfähig, also die Differenzkosten zwischen den tatsächlich entstandenen Kosten und den Kosten, die bei der unmittelbaren Anrufung des zuständigen Gerichts entstanden wären (so LAG Bremen, B. vom 05.07.1996, LAGE Nr. 19 zu § 12 a ArbGG; LAG Rheinland-Pfalz, B. vom 13.03.1986, LAGE Nr. 7 zu § 12 a ArbGG).
2. Die erkennende Kammer schließt sich der herrschenden Meinung an.
a) Schon die grammatische Auslegung des § 12 a Abs. 1 Satz 3 ArbGG steht für die Richtigkeit dieser Erkenntnis. Die hier umstrittenen Anwaltskosten sind irreversibel im Verfahren vor dem Landgericht „entstanden”. Das betrifft jedenfalls die Prozess- und Verhandlungsgebühr nach § 31 Abs. 1 Nr. 1 und 2 BRAGO, denn die diese Kosten verursachenden Lebenssachverhalte waren schon im Verfahren vor dem Landgericht eingetreten und damit in rechtsrelevanter Weise abgeschlossen. Sie sind sonach im Wortsinn „entstanden”. … Dass der Gesetzgeber trotz der hier verwendeten, eindeutigen Begriffe ihr Gegenteil gemeint haben soll, lässt sich nicht erkennen.
b) Auch die Interpretation unter systematischen Kriterien führt zu keinem abweichenden Ergebnis. Insbesondere lässt die Einführung der Vorschrift des § 17 b Abs. 2 Satz 2 GVG die Regelung des § 12 a Abs. 1 Satz 3 ArbGG unberührt, denn dort ist ausdrücklich die Rede von den „Mehrkosten”, also nicht von den „entstandenen Kosten”. Die arbeitsgerichtliche Regelung der Kostentragungspflicht ist zudem eine eigenständige Regelung, die die besonderen sozialpolitischen Aspekte des Verfahrens vor den Arbeitsgerichten berücksichtigt, weshalb sie die Vorschrift des § 17 b Abs. 2 Satz 2 GVG weder konkretisiert noch hierauf Bezug nimmt. Auch der Grundsatz der Einheitlichkeit des Verfahrens nach § 9 GKG führt nicht zur Beschränkung der Kostenerstattung, denn die Verweisung des Verfahrens hat keinen Einfluss auf bereits entstandene Gebührenansprüche, und er kann diese Ansprüche fiktiv nicht so behandeln, als seien diese erst nach der Verweisung vor dem Arbeitsgericht entstanden.
c) Die teleologische Auslegung des § 12 Abs. 1 Satz 3 ArbGG spricht ebenfalls nicht gegen die Wortinterpretation.
So kann der Beklagte in Kenn...