Entscheidungsstichwort (Thema)

Beweisgebühr nach Beiziehung von Akten, Vorlage von Akten oder Anfügung von den Prozeßakten zugefugten Beiakten

 

Leitsatz (amtlich)

Die „schlichte” Beiziehung von Akten durch das Prozeßgericht, die Entgegennähme von Akten oder Urkunden durch das Prozeßgericht oder die Beifügung von Beiakten zu den Prozeßakten durch die Vorinstanz jeweils für sich allein löst noch nicht die Beweisgebühr des § 34 Abs. 2 i. V.m. § 31 Abs. 1 Nr. 3 BRAGebO aus. In diesem Fall ist Voraussetzung für das Entstehen der Beweisgebühr, daß die Akten oder Urkunden „durch Beweisbeschluß oder sonst erkennbar zum Beweis beigezogen oder – ohne eine solche Beiziehung – als Beweis verwertet” werden.

In diesem Sinne „als Beweis verwertet” ist eine Akte oder Urkunde nur, wenn das Gericht aufgrund der Akte oder Urkunde die Frage, ob eine bestrittene Tatsachenbehauptung bewiesen ist, entscheidet. Das ist notfalls, wenn es sich nicht aus den Akten ergibt, durch Anfrage bei dem betreffenden Gericht zu klären.

Keine Beweisgebühr entsteht (§ 34 Abs. 1 BRAGebO), wenn „die Beweisaufnahme lediglich in der Vorlegung der in Händen des Beweisführers oder des Gegners befindlichen Urkunden” besteht, auch dann nicht, wenn das Gericht diese Vorlage angeordnet hat.

 

Normenkette

BRAGO § 34 Abs. 2, § 31 Abs. 1 Ziff. 3

 

Verfahrensgang

ArbG Stuttgart (Beschluss vom 15.11.1988; Aktenzeichen 6 Ca 4224/88)

 

Tenor

Die Beschwerde d. Beschwerdeführers gegen den Beschluß des Arbeitsgerichts Stuttgart vom 15.11.198 (Az.: – 6 Ca 4224/88 –) wird

zurückgewiesen.

Der Wert des Beschwerdegegenstandes beträgt DM 288,42.

Gegen diesen Beschluß ist kein Rechtsmittel gegeben.

 

Gründe

Die nach dem Wert des Beschwerdegegenstandes an sich statthafte, form- und fristgerecht eingelegte Beschwerde, über die der Vorsitzende der nach dem Geschäftsverteilungsplan des Landesarbeitsgerichts zuständigen Beschwerdekammer ohne mündliche Verhandlung zu entscheiden hat, nachdem das Ausgangsgericht nicht abgeholfen hat, ist nicht begründet, denn: Ein Beweisaufnahmeverfahren hat nicht stattgefunden, so daß sich der Gebührenanspruch des Beschwerdeführers nicht aus § 31 Abs. 1 Ziff. 3 BRAGO ergibt.

Er folgt aber auch nicht aus § 34 BRAGO:

Die Beweisgebühr des § 34 Abs. 2 in Verbindung mit § 31 Abs. 1 Ziff. 3 BRAGO entsteht, wenn vom Gericht die Akten oder Urkunden beigezogen werden, allerdings nur dann, wenn die Akten oder Urkunden „durch Beweisbeschluß oder sonst erkennbar zum Beweis beigezogen oder als Beweis verwertet werden”. Voraussetzung ist also, daß die Urkunden oder Akten entweder durch Beweisbeschluß oder sonst erkennbar „zum Beweis beigezogen” oder „als Beweis verwertet” worden sein müssen. In diesem Sinne als Beweis verwertet ist eine Urkunde nur, wenn das Gericht aufgrund der Urkunde die Frage, ob eine bestrittene Tatsachenbehauptung bewiesen ist, entscheidet. Das ist notfalls, wenn es sich nicht aus den Akten ergibt, durch Anfrage bei dem betreffenden Gericht zu klären. Diese Grundsätze gelten auch bei Verwertung von Beiakten durch das Gericht. Keine Beweisgebühr entsteht (vgl. § 34 Abs. 1 BRAGO), wenn „die Beweisaufnahme lediglich in der Vorlegung der in Händen des Beweisführers oder des Gegners befindlichen Urkunden” besteht, auch dann nicht, wenn das Gericht diese Vorlage angeordnet hat vgl. OLG Darmstadt in HRR 1937 Nr. 893; OLG Nürnberg in NJW 1955 S. 1845 Riedel-Sußbauer, BRAGO, 4. Aufl. § 34 RdZiff. m.w.Hinw.; Gerold Schmidt, BRAGO, 8. Aufl. § 34 RdZiff. 5 LAG Bad.-Württ. in ständiger Rechtsprechung, beispielsweise Beschluß vom 14.04.1987 – Az: 1 Ta 10/87 –).

Daraus folgt, daß die Beweisgebühr des § 34 Abs. 2 BRAGO im vorliegenden Fall nicht entstanden ist.

Die erste Alternative des § 34 Abs. 2 BRAGO (Beiziehung der Akten durch Beweisbeschluß) ist nicht einschlägig, denn der Beiziehungsbeschluß der richterlichen Sachbearbeiterin in der Güteverhandlung vom 22. August 1988 ist kein „Beweisbeschluß” in diesem Sinne; ein „Beweisbeschluß” im Sinne des Gesetzes kann, sofern der Einzelrichter nicht zur Alleinentscheidung ermächtigt wurde, nur durch die Kammer erlassen werden, also nicht in der Güteverhandlung und nicht durch Einzelrichterentscheidung. Selbst wenn letzteres möglich wäre, wäre der Beschluß vom 22. August 1988 (Bl. 37 d.A.) kein „Beweisbeschluß” im Sinne des Gesetzes, weil er nicht ausdrücklich beinhaltet, daß die Strafakten „zu Beweiszwecken” beigezogen werden; er läßt auch kein Beweisthema erkennen.

Auch die dritte Alternative des § 34 Abs. 2 BRAGO (Verwertung als Beweis) ist nicht einschlägig, denn das Urteil des ersten Rechtszuges vom 08.05.1989 enthält nicht einmal den Hinweis darauf, daß die Strafakten beigezogen waren, geschweige denn den Hinweis, daß sie als Beweis verwertet wurden.

Verbleibt sonach nur die zweite Alternative des § 34 Abs. 2 BRAGO, wonach der Rechtsanwalt die Beweisgebühr im Falle der Aktenbeiziehung nur erhält, wenn diese Akten zwar nicht durch Beweisbeschluß, wohl aber „sonst erkennbar zum Beweis” beigezogen wurden. Eine solche Aktenbeiz...

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