Entscheidungsstichwort (Thema)
Wiedereinsetzungsfrist bei Versäumung der Berufungsbegründungsfrist bei fehlerhafter Berechnung der Frist. Wiedereinsetzung. Berufungsbegründungsfrist. fehlerhafte Fristberechnung
Leitsatz (redaktionell)
§ 234 Abs. 1 Satz 2 ZPO ist auf Fälle der fehlerhaften Fristberechnung nicht anzuwenden, mit der Folge dass bei Versäumung der Berufungsbegründungsfrist die versäumte Prozesshandlung innerhalb der 2-Wochenfrist des § 234 Abs. 1 Satz 1 ZPO nachzuholen ist (Aufgehoben durch BAG, Beschluss vom 24.08.2005 – 2 AZB 20/05).
Normenkette
ZPO § 234 Abs. 1, § 236 Abs. 2 S. 2
Verfahrensgang
Nachgehend
Tenor
1. Die Berufung der Klägerin gegen dasUrteil des Arbeitsgerichts Reutlingen vom 27. Oktober 2004 – Az.: 7 Ca 133/04 – wird unter Zurückweisung des Antrags auf Wiedereinsetzung auf Kosten der Berufungsklägerin als unzulässig verworfen.
2. Die Rechtsbeschwerde zum Bundesarbeitsgericht wird zugelassen.
Tatbestand
I.
Mit ihrer am 29. Juli 2004 zum Arbeitsgericht erhobenen Klage hat die am 30. März 1956 geborene, verheiratete und seit dem 01. August 1999 bei der Beklagten als Verkäuferin beschäftigte Klägerin die Feststellung begehrt, das Arbeitsverhältnis zwischen den Parteien habe nicht durch die Eigenkündigung der Klägerin vom 15. zum 31. Juli 2004 geendet, sowie Restlohn für den Monat Juli 2004 geltend gemacht. Das Arbeitsgericht hat die Klage durch das am 27. Oktober 2004 verkündete und an den Prozessbevollmächtigten der Klägerin am 15. November 2004 zugestellte Urteil kostenpflichtig abgewiesen. Dagegen hat sich die Klägerin mit ihrer am 10. Dezember 2004 beim Landesarbeitsgericht eingereichten Berufung gewandt. Mit dem am 20. Januar 2005 per Telefax eingegangenen und am Folgetag im Original eingereichten Schriftsatz hat die Klägerin um die Gewährung der Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gegen die Versäumung der Berufungsbegründungsfrist nachgesucht und um die Verlängerung der Begründungsfrist bis zum 15. Februar 2005 gebeten. Den Antrag auf Wiedereinsetzung hat sie damit begründet, die für die Führung des Fristenbuchs und des Fristenkalenders allein verantwortliche Rechtsanwaltsfachangestellte habe den Ablauf der Berufungsbegründungsfrist mit entsprechenden Vorfristen auf den 15. Februar 2005 statt richtigerweise auf den 15. Januar 2005 notiert. Dies sei im Rahmen einer routinemäßigen allgemeinen Fristenkontrolle am 19. Januar 2005 festgestellt worden. Der Fristverlängerungsantrag ist mit Urlaub und Überlastung begründet worden. Dieser Antrag ist durch Beschluss vom 20. Januar 2005 zurückgewiesen worden, weil eine abgelaufene Frist, auch wenn Wiedereinsetzung beantragt worden ist, nicht verlängert werden könne. Die Berufungsbegründungsschrift ist am 15. Februar 2005 als Fax und am 16. Februar 2005 im Original beim Berufungsgericht eingegangen.
Entscheidungsgründe
II.
Die Berufung der Klägerin gegen das am 15. November 2004 zugestellte Urteil ist gemäß § 64 Abs. 6 ArbGG i.V.m. § 522 Abs. 1 Satz 2 ZPO als unzulässig zu verwerfen. Der wegen der Versäumung der Berufungsbegründungsfrist gestellte Antrag auf Gewährung der Wiedereinsetzung in den vorigen Stand ist unzulässig, da innerhalb der zweiwöchigen Antragsfrist die versäumte Prozesshandlung nicht nachgeholt worden ist. Die durch Art. 1 Nr. 7 des Ersten Gesetzes zur Modernisierung der Justiz (1. Justizmodernisierungsgesetz) vom 24. August 2004 (BGBl. I S. 2198) in § 234 Abs. 1 Satz 2 ZPO eingefügte Antragsfrist von einem Monat ist auf einen Fall wie den vorliegenden nicht anzuwenden.
1. Der Antrag auf Gewährung der Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gegen die Versäumung der Berufungsbegründungsfrist ist unzulässig, da innerhalb der zweiwöchigen Frist des § 234 Abs. 1 Satz 1 ZPO nicht gemäß § 236 Abs. 2 Satz 2 ZPO die versäumte Prozesshandlung nachgeholt worden ist.
Nach der ständigen Rechtsprechung sowohl des Bundesarbeitsgerichts (Urteil vom 11. Dezember 1963 – 4 AZR 459/62, BAGE 15, 159 = AP Nr. 39 zu § 233 ZPO) als auch des Bundesgerichtshofs (Beschluss vom 04. Oktober 1994 – VI ZB 17/93, LM ZPO § 236 (D) Nr. 6 = NJW 1995, 60; Beschluss vom 30. Januar 1997 – III ZB 72/96, BGHR ZPO § 236 Abs. 2 S. 2 Halbs. 1; Beschluss vom 07. Juni 1999 – II ZB 25/98, LM ZPO § 236 (D) Nr. 8 = NJW 1999, 3051) ist, wenn bei Versäumung der Berufungsbegründungsfrist ein Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gestellt wird, die Rechtsmittelbegründung innerhalb der Wiedereinsetzungsfrist nachzuholen. Ein Antrag auf Verlängerung der Begründungsfrist kann die nachgeholte Prozesshandlung nicht ersetzen (BAG, Urteil vom 17. Oktober 1993 – 3 AZR 863/94, AP Nr. 66 zu § 518 ZPO). Die versäumte Prozesshandlung selbst muss nachgeholt werden (vgl. BGH, Beschluss vom 13. Juli 1988 – IV a ZR 303/87, NJW 1988, 3021).
Vorliegend begann die zweiwöchige Antragsfrist gemäß § 234 Abs. 1 Satz 1 ZPO i.V.m. § 187 Abs. 1 ZPO am 20. Januar 2005 und e...