Entscheidungsstichwort (Thema)
Streitwert für Klage auf wiederkehrende Leistungen neben Kündigungsschutzklage
Leitsatz (amtlich)
Nach Abs. 7 Satz 2 des § 12 ArbGG ist bei Rechtsstreitigkeiten über wiederkehrende Leistungen der Wert des dreijährigen Bezugs maßgebend, sofern nicht der Gesamtbetrag der geforderten Leistungen geringer ist. Das ist der Fall, wenn der Arbeitsvertrag auf eine kürzere Zeit als drei Jahre befristet ist oder aber auf unbestimmte Zeit geschlossen ist und vor Ablauf von drei Jahren durch ordentliche Kündigung beendet werden kann. Maßgebend sind dann die bis zum nächstzulässigen Kündigungstermin zu erbringenden Leistungen.
Gründe
Aus den Gründen:
Mit Schreiben vom 15.04.1985 schrieb die Beklagte an den Kläger wie folgt:
Wie ich bereits im Februar 1985 mündlich angekündigt habe, bin ich aus wirtschaftlichen Gründen gezwungen, die übertariflichen Leistungen ab dem 01.07.1985 wegfallen zu lassen.
Gegen diese Gehaltskürzung hat sich der Kläger mit der am 08.05.1985 beim Arbeitsgericht eingegangen Klage gewandt. Er sieht in dem genannten Schreiben in erster Linie eine unzulässige Teilkündigung, im übrigen eine unbillige Ermessensausübung im Sinne von § 315 BGB und höchst hilfsweise eine ungerechtfertigte Änderungskündigung.
Er hat beantragt:
- Es wird festgestellt, daß die Teilkündigung der dem Kläger gewährten übertariflichen Leistungen durch den Beklagten unwirksam ist und daß der Beklagte deshalb verpflichtet ist, diese übertariflichen Leistungen in Höhe von derzeit DM 1.120,00 pro Monat über den 30.06.1985 hinaus weiterzubezahlen.
Hilfsweise:
Es wird festgestellt, daß der Widerruf der dem Kläger gewährten übertariflichen Leistungen durch den Beklagten unwirksam ist und daß der Beklagte deshalb verpflichtet ist, diese übertariflichen Leistungen in Höhe von derzeit DM 1.120,00 pro Monat über den 30.06.1985 hinaus weiterzubezahlen.
Höchst hilfsweise:
Es wird festgestellt, daß die Änderung der Vertragsbedingungen durch die Änderungskündigung im Schreiben vom 15.04.1985 – zugegangen am 19.04.1985 – unwirksam ist und daß der Beklagte deshalb verpflichtet ist, die übertariflichen Leistungen in Höhe von derzeit DM 1.1.20,00 pro Monat über den 30.06.1985 hinaus weiterzubezahlen.
Im Termin vom 12.09.1985 haben die Parteien folgenden Vergleich geschlossen:
- Dem Kläger steht bis zur Beendigung des Arbeitsverhältnisses ein Gehalt gemäß der Gehaltsmitteilung vom 01.07.1985 zu.
- Die Parteien sind sich einig, daß die Beendigung des Anstellungsverhältnisses durch die betrieblichen Verhältnisse des Beklagten veranlaßt ist.
- Der Beklagte zahlt an den Kläger nach § 3 Ziff. 9 EStG zum Zeitpunkt der Beendigung des Arbeitsverhältnisses DM 4.000,00 brutto = netto als Abfindung.
- Jeder trägt seine eigenen Auslagen. Eine Gerichtsgebühr wird nicht erhoben.
Mit dem angefochtenen Beschluß vom 27.09.1985 hat das Arbeitsgericht den Gegenstandswert der anwaltlichen Tätigkeit des Prozeßbevollmächtigten des Klägers gemäß § 10 BRAGO auf DM 6.744,00 (6 × DM 1.124,00) festgesetzt und zur Begründung ausgeführt: „Aufgrund des Ausscheidens des Klägers zur. 31.12.1985 ist gemäß § 12 Abs. 7 Satz 2 letzter HS ArbGG der insgesamt auflaufende Unterschiedsbetrag der Streitwert.”
Gegen diesen, dem Beschwerdeführer am 01.10.1985 zugestellten Beschluß hat er am 14.10.1985 Beschwerde eingelegt. Er meint, daß gemäß § 12 Abs. 7 Satz 2 ArbGG der Streitwert mit dem Wert des dreijährigen Bezugs der monatlichen Zulage insgesamt mit DM 32.371,20 anzunehmen sei. Allenfalls für die Vergleichsgebühr könne ein verminderter Streitwert in Betracht kommen.
Die nach § 10 Abs. 3 BRAGO zulässige Beschwerde ist nicht begründet. Nach Abs. 7 Satz 2 des § 12 ArbGG, der die Kosten des Arbeitsgerichtsverfahrens niedriger halten will, ist bei Rechtsstreitigkeiten über wiederkehrende Leistungen der Wert des dreijährigen Bezugs maßgebend, sofern nicht der Gesamtbetrag der geforderten Leistungen geringer ist. Eine ähnliche Regelung findet sich in § 17 Abs. 2 GKG. Auch dort findet sich die Einschränkung „wenn nicht der Gesamtbetrag der geforderten Leistungen geringer ist”. Soweit diese Regelungen überhaupt kommentiert werden oder zur gerichtlichen Entscheidung geführt haben, wird einheitlich die Meinung vertreten, daß der Dreijahresbetrag bei Lohnforderungen aus dem Arbeitsverhältnis die Ausnahme ist. So heißt es bei Drischler/Oestereich/Heun/Haupt, unter A VIII Streitwert, Stichwort:
„Arbeitnehmer”:
Der dreifache Jahresbetrag ist zugrunde zu legen, sofern nicht die Klage auf einen geringeren Betrag beschränkt ist. Das ist der Fall, wenn der Arbeitsvertrag auf eine kürzere Zeit als drei Jahre befristet ist; denn dann können die Dreijahresbezüge nicht erreicht werden. Wegen der Besonderheiten des Arbeitsvertrages muß aber eine kürzere als die dreijährige Vertragsdauer auch dann als gegeben angesehen werden, wenn ein Arbeitsverhältnis auf unbestimmte Zeit geschlossen ist und vor Ablauf von drei Jahren durch ordentliche Kündigung beendet werden kann. Maßgebend sind dann die bis zum näch...