Entscheidungsstichwort (Thema)

Ersetzung der Zustimmung des Betriebsrates zur Einstellung von 7 Mitarbeiterinnen gem. § 99 Abs. 4 BetrVG

 

Verfahrensgang

ArbG Stuttgart (Beschluss vom 06.03.1985; Aktenzeichen 20 BV 23/84)

 

Tenor

Die Beschwerde der Beteiligten Ziff. 1 gegen den Beschluß des Arbeitsgerichts Stuttgart – Kammern Ludwigsburg – vom 06.03.1985 (AZ: 20 BV 23/84) wird zurückgewiesen.

Die Rechtsbeschwerde wird zugelassen.

 

Gründe

1. Die Beteiligten sind sich uneins darüber, ob der Beteiligte Ziff. 2 mit Recht oder zu Unrecht die von der Beteiligten Ziff. 1 beantragte Zustimmung zur beabsichtigten Einstellung von 7 Mitarbeiterinnen in Teilzeitarbeitsverhältnissen verweigert hat.

Die Beteiligte Ziff. 1 ist ein Großunternehmen der Kfz.-Zulieferer-Branche (Zündkerzen, Zündungsteile, Glühkerzen, Funkentstörung, Lautsprecher, Autolampen). Zwischen dem 27.11.1984 und dem 05.12.1984 stellte sie insgesamt 7 Mitarbeiterinnen auf der Grundlage von im wesentlichen gleichlautenden Arbeitsverträgen (vgl. beispielsweise Bl. 16 und Bl. 33 d.A.) ein. Wegen der Ziff. 6, 7, 8 und 9 dieser Verträge wird auf Bl. 2 des angefochtenen Beschlusses (Bl. 66 d.A.) und auf die Verträge selbst verwiesen.

Die Beteiligte Ziff. 1 beantragte beim Beteiligten Ziff. 2 die Zustimmung zur Einstellung der genannten 7 Mitarbeiterinnen gem. § 99 Abs. 1 BetrVG und informierte ihn zugleich auch über die vorläufige Einstellung gem. § 100 BetrVG. Der Beteiligte Ziff. 2 verweigerte die beantragte Zustimmung im wesentlichen unter Hinweis auf § 99 Abs. 2 Ziff. 1, 3 und 4 BetrVG (vgl. beispielsweise die Zustimmungsverweigerung vom 06.12.1984 in Bl. 11 bis 13 d.A., die bei allen 7 zur Einstellung anstehenden Mitarbeiterinnen identisch ist) und widersprach zugleich auch der vorläufigen Einstellung der 7 Arbeitnehmerinnen. Daraufhin leitete die Beteiligte Ziff. 1 das vorliegende Zustimmungsersetzungsverfahren nach § 99 Abs. 4 BetrVG ein, wobei sie die Ansicht vertreten hat, dem Beteiligten Ziff. 2 stehe im Bezug auf die 7 Mitarbeiterinnen kein Zustimmungsverweigerungsrecht nach § 99 Abs. 2 BetrVG zu, weil sich sämtliche Einwendungen des Beteiligten Ziff. 2 mit dem Inhalt der Arbeitsverträge befaßten. Da der Betriebsrat bei der inhaltlichen Ausgestaltung von Individualarbeitsbedingungen kein Mitbestimmungsrecht, auch kein Kontrollrecht habe, könne aus dem Inhalt der vertraglichen Vereinbarungen auch kein Zustimmungsverweigerungsrecht nach § 99 Abs. 2 BetrVG erwachsen, denn ein rechts- und gesetzwidriger Vertragsinhalt, selbst wenn ein solcher, was geleugnet werden müsse, vorliege, mache die darauf basierende „Einstellung” i. S. des § 99 Abs. 1 BetrVG nicht ebenfalls gesetzwidrig. Einstellung i. S. des Gesetzes sei nur die faktische Eingliederung des Arbeitnehmers in den Betrieb, nicht der Inhalt des Arbeitsvertrages, auch nicht eines Formulararbeitsvertrages. Der Inhalt des Arbeitsvertrages unterliege nicht einmal dann dem Mitbestimmungsrecht des Betriebsrates, wenn er gegen zwingendes Recht verstoße. Die individuell vereinbarte Dauer der Arbeitszeit im Rahmen der tariflichen Vorgaben sei nicht mit bestimmungspflichtig, auch nicht nach § 87 BetrVG, verstoße also auch nicht gegen das Gesetz oder gegen Tarifverträge oder Betriebsvereinbarungen. Abweichend von der Ansicht des Beteiligten Ziff. 2 würde der materielle Inhalt der Arbeitsverträge mit den 7 Mitarbeiterinnen auch nicht gegen § 138 BGB verstoßen.

Nach Begründung des Antrags gem. § 100 BetrVG hat die Beteiligte Ziff. 1 im ersten Rechtszug beantragt,

  1. die vom Antragsgegner verweigerte Zustimmung zur Einstellung der in der Antragsschrift angeführten Mitarbeiterinnen Ziff. 3–9 zu ersetzen.
  2. festzustellen, daß die vorläufig durchgeführte Einstellung der angeführten Mitarbeiterinnen Ziff. 5–9 aus sachlichen Gründen dringend erforderlich war.

Der Beteiligte Ziff. 2 hat beantragt,

die Anträge zurückzuweisen.

Er hat vorgetragen: Die Zustimmungsverweigerung werde in erster Linie auf § 99 Abs. 2 Ziff. 1 BetrVG gestützt: Das Mitbestimmungsrecht des Betriebsrates werde verletzt, wenn die Beteiligte Ziff. 1 hinsichtlich einer Vielzahl von Beschäftigten variable Arbeitszeiten vereinbare im Rahmen von Teilzeit-Arbeitsverträgen. Der Inhalt der Arbeitsverträge mit den genannten 7 (und weiteren) Mitarbeiterinnen verstoße auch gegen § 138 BGB wegen zu großer Bandbreite hinsichtlich des Umfangs und der zeitlichen Lage der Arbeitszeiten. Was die Beteiligte Ziff. 1 sich hier nach näherer Maßgabe des Vertragsinhaltes gegenüber den betroffenen Arbeitnehmerinnen vorbehalte, sei praktisch eine schrankenlose Beherrschung über die Zeit und Arbeitskraft der betroffenen Arbeitnehmer. Darüber hinaus stelle ein Teil der Vertragsklauseln auch eine Umgehung der Bestimmungen des KSchG dar und sei deshalb gem. § 134 BGB nichtig. Schließlich verstoße die Einstellung auch gegen tarifliches Recht (wird im einzelnen ausgeführt).

Das Arbeitsgericht hat nach Anhörung der Beteiligten im Termin vom 12.02.1985 mit Beschluß vom 06.03.1985, der Beteiligten...

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