Entscheidungsstichwort (Thema)

Mitbestimmung bei neuem Vergütungssystem. Lineare Absenkung

 

Leitsatz (redaktionell)

Die lineare Absenkung der Gehälter um 15% begründet kein neues, mitbestimmungspflichtiges Vergütungssystem im Betrieb.

 

Normenkette

BetrVG § 87 Abs. 1 Nr. 10

 

Verfahrensgang

ArbG Pforzheim (Beschluss vom 30.01.2003; Aktenzeichen 2 BV 37/02)

 

Tenor

1. Auf die Beschwerde des Betriebsrats – Antragsgegner, Beteiligter Ziffer 2 – wird der Beschluss des Arbeitsgerichts Pforzheim vom 30.01.2003 – Az.: 2 BV 37/02 – teilweise abgeändert:

Der Zustimmungsersetzungsantrag des Arbeitgebers -Antragsteller, … Beteiligter Ziffer 1 – zur Eingruppierung des Arbeitnehmers … … als Ausbilder B 8 in Entgeltgruppe 5, Entgeltstufe 2 … entsprechend des Tarifvertrages über die Tätigkeitsmerkmale vom 18. Mai 2001 wird zurückgewiesen.

2. Im Übrigen wird die Beschwerde des Betriebsrats – Antragsgegner, Beteiligter Ziffer 2 – zurückgewiesen.

3. Die Rechtsbeschwerde zum Bundesarbeitsgericht wird zugelassen.

 

Tatbestand

I.

Der antragstellende Arbeitgeber ist freier Träger von …-, …-und … mit Sitz in …; bei ihm ist auf der Grundlage eines Tarifvertrags nach § 3 Abs. 1 Nr. 3 BetrVG der beteiligte Betriebsrat gebildet. Nach dem Tarifvertrag ist der Betriebsrat für die Einrichtung des Arbeitgebers in Baden-Württemberg mit Ausnahme der … und … zuständig.

Die Beteiligten streiten um die Ersetzung der Zustimmung des Betriebsrats zur Eingruppierung der ab 01.12.2000 beschäftigten Verwaltungsangestellten …, der ab 05.10.2000 beschäftigten Sozialberaterin … und des ab 01.08.1988 unbefristet (davor vom 14.10.1996 bis 31.07.1998 befristet) beschäftigten Ausbilders … gemäß § 5 des am 01.02.2001 in Kraft getretenen Entgelttarifvertrags (ETV) vom 18.05.2001 zwischen der … und … e.V. und dem Arbeitgeber.

§ 5 des ETV lautet:

§ 5 Tabellenumstieg

  1. (1) Arbeitnehmer und Arbeitnehmerinnen, die vor dem 01.01.1998 unter den Geltungsbereich des Manteltarifvertrages Nr. 2 gefallen sind und deren Arbeitsvertrag der Nachwirkung dieses gekündigten Tarifvertrages unterliegt, werden in die ihrem Tätigkeitsmerkmal entsprechende Entgeltgruppe eingruppiert und dort in die nächst niedrigere Entgeltstufe eingestuft, die ihrem im Monat vor dem Inkrafttreten dieses Tarifvertrages gezahlten Entgelt (dies umfasst abschließend: Grundgehalt oder Lohn, Allgemeine Zulage, gewährte Bewährungsaufstiegszulage und Ortszuschlag ohne kinderbezogene Bestandteile) am nächsten liegt. (2) Für den Unterschied aus dem auf diese Weise ermittelten Entgelt und der bisherigen Vergütung erhalten die Mitarbeiter so lange eine persönliche Ausgleichszulage in Höhe der Differenz, welche an künftigen linearen Entgelterhöhungen teilnimmt, bis ihnen durch Wechsel der Entgeltstufe oder Wechsel der Entgeltgruppe ein höheres Entgelt zusteht. (3) Zukünftig lineare Entgelterhöhungen in den Tarifgebieten West und Ost werden zu einem Drittel auf die persönliche Ausgleichszulage angerechnet. Ein Berechnungsbeispiel ist als Anlage 2 beigefügt.
  2. (1) Für Arbeitnehmer und Arbeitnehmerinnen, die nach dem 31.12.1997 mit „neuem Arbeitsvertrag” beim … beschäftigt werden, gilt das im Abschnitt a) dargestellte Verfahren. (2) Abweichend davon umfasst das zum Vergleich herangezogene im Monat vor dem Inkrafttreten dieses Tarifvertrages gezahlte Entgelt abschließend: Grundgehalt oder Lohn, Allgemeine Zulage, alle personengebundenen Ausgleichszulagen und den Ortszuschlag ohne kinderbezogene Bestandteile, die Mitarbeitern mit „neuem Arbeitsvertrag” seit 01.01.1998 gezahlt werden.

Mit Schreiben vom 30.08.2001 beantragte der Arbeitgeber die Zustimmung des Betriebsrats zur Ein-/Umgruppierung der Mitarbeiter … (ABl. 33 d. erstinstanzlichen Akte), … (ABl. 34 d. erstinstanzlichen Akte) und … (ABl. 35 d. erstinstanzlichen Akte). Der neuen Eingruppierung legte der Beklagte das im Januar 2001 tatsächlich gezahlte Entgelt zugrunde. Dem Betriebsrat wurde aufgrund der Vielzahl der Anhörungsfälle eine Fristverlängerung bis 11.09.2001 zugestanden. Mit Schreiben vom 11.09.2001 beanstandete der Betriebsrat die Anhörung „wegen Unvollständigkeit, Unklarheit und Fehlinformation” des Betriebsrats und verweigerte hilfsweise seine Zustimmung unter Hinweis darauf, dass der tatsächlichen Gehaltszahlung im Januar 2000 eine unwirksame Gehaltsordnung zugrundegelegen habe mit der Folge, dass den Arbeitnehmer/innen tatsächlich ein höheres Gehalt zugestanden hätte.

Hintergrund des Rechtsstreits ist Folgendes: Der Beklagte hatte den MTV Nr. 2 vom 27. Februar 1984 sowie den TV Nr. 3 über Tätigkeitsmerkmale zum MTV, die beide auf die Arbeitsverhältnisse der im Betrieb beschäftigten Arbeitnehmer angewendet wurden, wirksam zum 31.12.1997 gekündigt (BAG, Urteil v. 11.06.2002, 1 AZR 390/01, Seite 5 f.). Ab 01.01.1998 schloss der Beklagte mit neueintretenden Arbeitnehmern bzw. mit Arbeitnehmern, die nach einer vorangegangenen Befristung unbefristet angestellt wurden, Arbeitsverträge, die – abweichend von dem dem Manteltarifvertrag Nr. 2 zugrundeliegenden Vergütungssyst...

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