Entscheidungsstichwort (Thema)
Auslegung eines Haustarifvertrags. Eingruppierung. Umgruppierung. Stichtagsregelung. Zustimmungsverweigerung. Zustimmungsersetzungsverfahren
Leitsatz (redaktionell)
Ist in einem neu abgeschlossenen Haustarifvertrag geregelt, dass die Eingruppierung in die nächst niedrigere Entgeltstufe erfolgen soll, die ihrem im Monat vor dem Inkrafttreten dieses Tarifvertrags gezahlten Entgelt am nächsten liegt, bedeutet dies, dass allein das tatsächlich gezahlte Gehalt maßgeblich sein soll.
Normenkette
TVG § 1; BetrVG § 99 Abs. 4; GG Art. 3 Abs. 1
Verfahrensgang
ArbG Köln (Beschluss vom 29.08.2002; Aktenzeichen 4 BV 69/02) |
Nachgehend
Tenor
Der Beschluss des Arbeitsgerichts Köln vom 29.08.2002 – 4 BV 69/02 – wird teilweise abgeändert:
Die Zustimmung des Antragsgegners zur Eingruppierung der Arbeitnehmerin S. B. als Werkerzieherin mit Tätigkeitsmerkmal B 8 in die Entgeltgruppe 5 und die Entgeltstufe 1 bezogen auf die Ersteingruppierung im Jahre 2001 wird ersetzt.
Die Rechtsbeschwerde wird zugelassen.
Tatbestand
I. Mit dem Antrag hat der Antragsteller die Ersetzung der Zustimmung des Antragsgegners zur Umgruppierung (Tabellenumstieg) der Mitarbeiter Be., B. Ba. (beschäftigt seit erst 16.04.1999) und R. H. begehrt. Die Mitarbeiter fallen unstreitig unter den Mitbestimmungsbereich des Antragsgegners.
Der Antragsteller schloss bereits in der Vergangenheit Haustarifverträge mit der Gewerkschaft öffentlicher Dienst, Transport und Verkehr ab. Der zwischen dem Antragsteller und der Gewerkschaft geschlossene Tarifvertrag vom 18.06.1991 war zum 31.12.1997 gekündigt worden. In der Zeit nach dem 01.01.1998 vergütete der Antragsteller alle neu eingestellten oder nach Ablauf einer Befristung unbefristet weiterbeschäftigten Arbeitnehmer unter Beibehaltung der bisherigen tariflichen Eingruppierung, aber ungeachtet des tatsächlichen Lebensalters nach der Lebensalterstufe 21 bzw. mit einem kollektiv gleichen Abschlag von 15 %.
Am 18.05.2001 schloss er mit der Gewerkschaft ÖTV einen neuen Tarifvertrag über die Tätigkeitsmerkmale und einen Entgelttarifvertrag ab, der die tarifliche Vereinbarung vom 18.06.1991 ersetzt. Dieser Tarifvertrag trat nach § 3 am 01.02.2001 in Kraft, unterzeichnet wurde er am 15.08.2001.
Unter § 5 Tabellenumstieg sieht dieser Tarifvertrag vor:
„§ 5 Tabellenumstieg
a) (1) Arbeitnehmer und Arbeiterinnen, die vor dem 01.01.1998 unter den Geltungsbereich des Manteltarifvertrages Nr. 2 gefallen sind und deren Arbeitsvertrag der Nachwirkung dieses gekündigten Tarifvertrages unterliegt, werden in die ihrem Tätigkeitsmerkmal entsprechenden Entgeltgruppe eingruppiert und dort in die nächst niedrigere Entgeltstufe eingestuft, die ihrem im Monat vor dem Inkrafttreten dieses Tarifvertrages gezahlten Entgelt (dies umfasst abschließend: Grundgehalt oder Lohn, Allgemeine Zulage, gewährte Bewährungsaufstiegzulage und Ortszuschlag ohne kinderbezogene Bestandteile) am nächsten liegt. (2) Für den Unterschied aus dem auf diese Weise ermittelten Entgelt und der bisherigen Vergütung erhalten die Mitarbeiter so lange eine persönliche Ausgleichzulage in Höhe der Differenz, welche an künftigen linearen Entgelterhöhungen teilnimmt, bis ihnen durch Wechsel der Entgeltstufe oder Wechsel der Entgeltgruppe ein höheres Entgelt zusteht. (3) Zukünftige lineare Entgelterhöhungen in den Tarifgebieten West und Ost werden zu einem Drittel aus die persönliche Ausgleichszulage angerechnet. Ein Berechnungsbeispiel ist als Anlage 2 beifügt.
b) (1) Für Arbeitnehmer und Arbeitnehmerinnen, die nach dem 31.12.1997 mit „neuem Arbeitsvertrag” beim IB beschäftigt werden, gilt das im Abschnitt a) dargestellte Verfahren. (2) Abweichend davon umfasst das zum Vergleich herangezogene im Monat vor dem Inkrafttreten dieses Tarifvertrages gezahlte Entgelt abschließend: Grundgehalt oder Lohn, Allgemeine Zulage, alle personengebundenen Ausgleichszulagen und den Ortszuschlag ohne kinderbezogene Bestandteile, die Mitarbeitern mit „neuem Arbeitsvertrag” seit 01.01.1998 gezahlt werden.
…”
Beim Treffen der Tarifvertragsparteien zur Vereinbarung verschiedener Protokollnotizen zum Tarifvertrag am 29.06.2001 erklärte die Gewerkschaft ÖTV zu Protokoll, dass der Tarifvertrag vom 18.05.2001 keine Regelung für den Zeitraum vom 01.01.1998 bis 31.01.2001 trifft. Kollektiv- und individualrechtliche Auseinandersetzungen sollten dadurch nicht berührt werden. Eine gemeinsame Erklärung der Tarifvertragsparteien kam dazu nicht zustande.
Der Antragsteller hat die Auffassung vertreten, maßgebend für den Tabellenumstieg der hier betroffenen Arbeitnehmer sei unabhängig von den Entscheidungen des Bundesarbeitsgerichts vom 27.06.2000 (1 ABR 36/99) und vom 13.03.2001 (1 ABR 7/01) das im Januar 2001 tatsächlich gezahlte Entgelt. Der Wortlaut des Tarifvertrages lasse eine andere Auslegung nicht zu.
Der Antragsgegner hat demgegenüber die Ansicht vertreten, maßgebend sei das Gehalt, das dem jeweiligen Arbeitnehmer unter Beachtung de...