Entscheidungsstichwort (Thema)

Wahlberechtigung und Wählbarkeit der aufgrund eines Dienstleistungsüberlassungsvertrages eingesetzten Landesangestellten in einer in eine Aktiengesellschaft umgewandelten Anstalt des öffentlichen Rechts

 

Leitsatz (amtlich)

Angestellte einer landeseigenen Anstalt öffentlichen Rechts, die durch Gesetz in eine Aktiengesellschaft umgewandelt und danach mit anderen Gesellschaften zu einer neuen Aktiengesellschaft verschmolzen worden ist, sind bei der Wahl des Betriebsrats des entstandenen Unternehmens nicht wahlberechtigt und nicht wählbar, wenn sie in einem Anstellungsverhältnis zum Land verbleiben und bei dem entstandenen Unternehmen die Aufgaben der bisherigen Anstalt in Form der Überlassung von Dienstleistungsergebnissen wahrnehmen.

 

Normenkette

BetrVG § 5 Abs. 1-2, §§ 7-8; AÜG § 1 Abs. 2, §§ 10, 13; BGB § 613a; GebVNeuOG BW Art. 1 § 3 Abs. 2

 

Verfahrensgang

ArbG Stuttgart (Beschluss vom 01.03.1999; Aktenzeichen 11 BV 56/98)

 

Tenor

1. Die Beschwerde des Beteiligten Ziffer 2 gegen denBeschluss des Arbeitsgerichts Stuttgart vom 31.03.1999 – 11 BV 56/98 – wird zurückgewiesen.

2. Die Rechtsbeschwerde zum Bundesarbeitsgericht wird zugelassen.

 

Tatbestand

Sachverhalt

Die Beteiligten streiten in zweiter Instanz noch um die Anfechtbarkeit der bei der Antragstellerin/Arbeitgeberin am 02. März 1998 durchgeführten Betriebsratswahl vor dem Hintergrund, dass 194 Arbeitnehmer des Landes Baden-Württemberg zusammen mit 293 Arbeitnehmern der Antragstellerin einen gemeinsamen Betriebsrat gewählt haben.

Die Antragstellerin (im Folgenden: Arbeitgeberin) ist ein Versicherungsunternehmen, welches durch Umwandlung und Verschmelzung aus den früheren Anstalten des öffentlichen Rechts, der … mit Sitz in … und der … mit Sitz in …, entstanden ist. Das Land Baden-Württemberg hat die Anstalten entsprechend der 3. EG-Schadensversicherungsrichtlinie vom 18. Juni 1992 in die … und in die … umgewandelt und anschließend beide Aktiengesellschaften in die … verschmolzen. Die Aktiengesellschaften nehmen nach der Umwandlung die bisher den Anstalten obliegenden Aufgaben als beliehene Unternehmer weiter wahr, Art. 1 § 3 Abs. 2 des Baden-Württembergischen Gesetzes zur Neuordnung der Gebäudeversicherung vom 28. Juni 1993 (GBl. S. 505). In diesem Gesetz ist weiter bestimmt, dass die Beamten und Arbeitnehmer bei den Anstalten ab dem Tag der Eintragung der Aktiengesellschaften in das Handelsregister Beamte und Arbeitnehmer des Landes beim … werden. Sie nehmen weiterhin Aufgaben der … in Form der Überlassung von Dienstleistungsergebnissen an die Aktiengesellschaft wahr, soweit sie nicht aus dem Beamtenverhältnis oder dem Arbeitsverhältnis mit dem Land ausscheiden, beurlaubt oder im Einzelfall vom Land anderweitig verwendet werden. Art. 1 § 3 Abs. 3 des Gesetzes.

Zwischen dem Land Baden-Württemberg und den Rechtsvorgängerinnen der Arbeitgeberin wurde am 05.07.1995 ein Dienstleistungsüberlassungsvertrag (ABl. 25 ff. der erstinstanzlichen Akte) nebst Protokollnotizen (ABl. 46 ff. der Beschwerdeakte) abgeschlossen. Danach überlässt das Land den Rechtsvorgängerinnen der Arbeitgeberin die Ergebnisse der Dienstleistungen derjenigen öffentlichen Bediensteten, die auf Grund der Neuordnung der … Beamte und Arbeitnehmer des Landes beim … geworden sind und die als solche weiterhin Aufgaben der … für die Aktiengesellschaften wahrnehmen (§ 1 Abs. 1 des Vertrages). Die Dienstaufsicht, das fachliche Weisungsrecht und das Direktionsrecht des Arbeitgebers verbleiben beim Land (§ 4 Abs. 1 des Vertrages). Regelungen, die von den Bediensteten des Landes beachtet werden sollen, teilen die Aktiengesellschaften dem … mit. Kann das … den Vorgaben der Aktiengesellschaften nicht folgen, werden sich Land und Aktiengesellschaft um eine einvernehmliche Lösung bemühen (§ 4 Abs. 2 des Vertrages). Die Aktiengesellschaften können zur Aufrechterhaltung des laufenden Betriebes vorläufige Weisungen erteilen (§ 4 Abs. 3 des Vertrages). Ursprünglich war vorgesehen, die Ausübung des Weisungsrechts auf ein Vorstandsmitglied oder einen leitenden Angestellten der Aktiengesellschaften zu übertragen (Protokollnotiz zu § 4 des Vertrages). Dies wurde jedoch nicht verwirklicht. Alle Personalmaßnahmen von grundsätzlicher Bedeutung werden mit den Aktiengesellschaften vorher abgestimmt. Höhergruppierungen und Beförderungen erfolgen grundsätzlich auf Vorschlag der Aktiengesellschaften (Protokollnotiz zu § 3 des Vertrages).

Die Arbeitnehmer der Aktiengesellschaft und die Angestellten des Landes Baden-Württemberg (im Folgenden: DLÜ-Angestellte) sind gemeinsam räumlich untergebracht, sie nutzen die Betriebsmittel gemeinsam; die Arbeitsläufe sind jedenfalls personell und technisch verknüpft, was sich u. a. aus dem Geschäftsverteilungsplan der Arbeitgeberin ergibt (ABl. 87 ff. der erstinstanzlichen Akte), in dem die DLÜ-Angestellten lediglich mit einem * versehen sind, ansonsten jedoch keine von den Arbeitnehmern der Arbeitgeberin abgrenzbaren Betriebszwecke verfolgen. Die Entgelte der Arbeit...

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