Entscheidungsstichwort (Thema)
Gerichtskosten bei Feststellung der Erledigung des Rechtsstreits durch einen Prozessvergleich
Leitsatz (amtlich)
Wird durch Urteil festgestellt, dass der Rechtsstreit durch einen von einer Partei bekämpften Prozessvergleich erledigt ist, kommt die Verfahrensgebühr Nr. 8210 KV GKG in Ansatz, weil das Verfahren im kostenrechtlichen Sinne erst durch das Urteil beendet worden ist.
Normenkette
GKG-KV Nr. 8210
Verfahrensgang
ArbG Stuttgart (Entscheidung vom 15.02.2012; Aktenzeichen 12 Ca 1256/11) |
Tenor
Die Beschwerde der Klägerin gegen den Beschluss des Arbeitsgerichts Stuttgart - Kammern Ludwigsburg - vom 15.02.2012 - 12 Ca 1256/11 - wird zurückgewiesen.
Gründe
I.
Die Beschwerde der Klägerin richtet sich gegen den Kostenansatz des Arbeitsgerichts.
Im Ausgangsverfahren erhob die Klägerin gegen die Beklagte zu 1 eine Befristungskontrollklage (Antrag zu 1) und verlangte für den Fall des Obsiegens mit dieser Weiterbeschäftigung bis zum rechtskräftigen Abschluss des Bestandsschutzrechtsstreits (Antrag zu 2), bevor sie die Klage gegen die Beklagte zu 2 erweiterte und dieser gegenüber den Fortbestand des Arbeitsverhältnisses wegen illegaler Arbeitnehmerüberlassung (Antrag zu 3), eine tarifliche Eingruppierung (Antrag zu 4), die Weiterbeschäftigung, Schadensersatz wegen unterlassener Freistellung zum Zwecke der Teilnahme an einer außerbetrieblichen Weiterbildung (Antrag zu 5) sowie Erteilung eines qualifizierten Zeugnisses (Antrag zu 6) geltend machte.
Am 12.Juli 2011 schlossen die Parteien einen gerichtlichen Vergleich (im Folgenden: "Vergleich" ≪Bl. 65 der Akte≫), wonach die Beklagte zu 1 sich zur Erteilung eines qualifizierten Arbeitszeugnisses verpflichtete und im Übrigen der Rechtsstreit bei Kostenaufhebung erledigt sei.
Anschließend machte die Klägerin die Unwirksamkeit des Vergleichs geltend. Am 09. August 2011 stellte das Arbeitsgericht durch Urteil (Bl. 100 ff der Akte) fest, dass der Rechtsstreit durch den Vergleich erledigt sei, erlegte der Klägerin die Kosten des Rechtsstreits auf und setzte den Streitwert durch Beschluss vom 17. August 2011 (Bl. 114 der Akte) auf 14.099,40 € (3 Bruttomonatsverdienste à 974,96 € für den Antrag zu 1, je ein Bruttomonatsverdienst für die Anträge zu 2 und zu 6, 36 x den monatlichen Differenzbetrag von 242,35 € für den Antrag zu 4 sowie von der Klägerin selbst angegebene 500,00 € pauschal für den Antrag zu 5) fest.
Hierauf hat das Arbeitsgericht gegenüber der Klägerin neben einer Dokumentenpauschale nach Nr. 9000 KV GKG für die erforderliche Vervielfältigung eines nur einfach eingereichten ärztlichen Attests i.H.v. 1,00 € eine Gebühr nach Nr. 8210 KV GKG in Höhe von 484,00 € unter Abzug der separat in Rechnung gestellten anteiligen pauschalen Zustellungsgebühren nach Nr. 9002 KV GKG i.H.v.5,25 €, insgesamt also 479,75 €, angesetzt.
Die von der Klägerin hiergegen eingelegte Erinnerung hat das Arbeitsgericht im angefochtenen Beschluss zurückgewiesen. Gegen diesen wendet sich die Klägerin mit der vorliegenden Beschwerde. Dieser hat das Arbeitsgericht nicht abgeholfen und sie hierher vorgelegt.
II.
Die Beschwerde der Klägerin ist statthaft (§ 66 Abs. 2 GKG); sie ist formgerecht eingelegt worden (§ 66 Abs. 5 Satz 1 GKG) - eine Fristvorschrift existiert nicht (Hartmann Kostengesetze 41. Auflage § 66 GKG Rn. 40) - und auch im Übrigen zulässig, aber unbegründet. Die gegenüber der Klägerin angesetzten Kosten sind entstanden und werden von dieser nach den genannten Gebühren- und Auslagentatbeständen auch geschuldet (§ 29 Nr. 1 GKG). Die unter Heranziehung der Rechtsprechung der Kammer 3 des Landesarbeitsgerichts Baden-Württemberg (20. November 2007 - 3 Ta 238/07 - juris) begründete Beschwerde hat keinen Erfolg. Die nunmehr für Kostenbeschwerden ausschließlich zuständige erkennende Kammer gibt die entgegenstehende Rechtsprechung der früheren Kostenbeschwerdekammer des Landesarbeitsgerichts ausdrücklich auf.
1. Die Gebühr Nr. 8210 KV GKG
a) Hierzu hat die Kammer 3 angenommen, in einem Rechtsstreit, in dem durch Urteil festgestellt werde, dass dieser durch einen zuvor abgeschlossenen Vergleich beendet worden sei, entfalle die Gebühr Nr. 8210 KV GKG aufgrund der Vorbemerkung 8 zu Teil 8 KV GKG. Zur Begründung hat die Kammer 3 unter II ausgeführt:
"Nach der ständigen Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs gilt beim Streit über die Wirksamkeit eines Prozessvergleichs Folgendes: Der Prozessvergleich hat eine Doppelnatur, weil er sowohl eine Prozesshandlung ist als auch ein Rechtsgeschäft im sachlich-rechtlichen Sinne. Daraus folgt, dass ihm die verfahrensrechtliche Wirkung der Prozessbeendigung entzogen wird, wenn er aus sachlich-rechtlichen Gründen nichtig oder wirksam angefochten ist. Deshalb muss bei der Entscheidung über die Streitbeendigung zunächst die sachlich-rechtliche Wirksamkeit des Prozessvergleichs geprüft werden. Das geschieht nach gefestigter Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs auf Antrag einer Partei durch Fortsetzung des Rechtsstreits, der durch den Prozessverg...