Verfahrensgang
ArbG Stuttgart (Beschluss vom 15.05.1990; Aktenzeichen 7 Ca 6711/89) |
Tenor
I. Auf die Beschwerde des Beteiligten Ziffer 2 wird der Wertfestsetzungsbeschluß des Arbeitsgerichts Stuttgart vom 15.05.1990 – 7 Ca 6711/89 – abgeändert:
Der Wert des Streitgegenstandes wird auf 27.000,– DM festgesetzt.
II. Diese Entscheidung ergeht frei von Gerichtsgebühren. Kosten werden nicht erstattet.
Gründe
Die nach §§ 9 Abs. 2 Satz 1 BRAGO, 25 Abs. 2 Satz 1 GKG statthafte, innerhalb der Frist des § 25 Abs. 2 Satz 3 1. Hs., Abs. 1 Satz 4 GKG eingelegte und auch im übrigen zulässige Beschwerde des Beteiligten Ziffer 2, mit welcher dieser das Eingruppierungsfeststellungsbegehren der Beteiligten Ziffer 1 im Ausgangsverfahren mit dem dreijährigen Differenzbetrag zwischen begehrter und tatsächlich bezahlter Vergütung, also mit 27.000,– DM, statt des vom Arbeitsgericht in Ansatz gebrachten Vierteljahresverdienstes von 9.000,– DM bewertet wissen will, hat Erfolg.
Maßgebliche Wertvorschrift für die Bemessung des Kostenstreitwerts nach §§ 9 Abs. 2 Satz 1 BRAGO, 25 Abs. 1 Satz 1 GKG ist vorliegend gem. § 1 Abs. 3 GKG die Bestimmung des § 12 Abs. 7 Satz 2 1. Hs. ArbGG. Danach ist „bei Rechtsstreitigkeiten über Eingruppierungen der Wert des dreijährigen Unterschiedsbetrages zur begehrten Vergütung maßgebend, sofern nicht der Gesamtbetrag der geforderten Leistungen geringer ist”. Mit dieser Bestimmung ist die – soweit ersichtlich auch in Literatur und Rechtsprechung bisher nicht vertretene – Auffassung des Arbeitsgerichts, es sei der Wert bei Eingruppierungsfeststellungsbegehren auf den in § 12 Abs. 7 Satz 1 ArbGG genannten Vierteljahresverdienst begrenzt, nicht vereinbar. Eine derartige Begrenzung des Kostenstreitwerts ließe sich allenfalls mit einer teleologischen Reduktion des § 12 Abs. 7 Satz 2 ArbGG nebst analoger Anwendung des § 12 Abs. 7 Satz 1 ArbGG rechtfertigen. Dies würde aber eine – verdeckte – Gesetzeslücke (vgl. hierzu Larenz, Methodenlehre, S. 296 ff.), also eine „planwidrige Unvollständigkeit” des § 12 Abs. 7 Satz 2 ArbGG voraussetzen. Eine solche ist nach Auffassung des Beschwerdegerichts nicht erkennbar. Insbesondere kann nicht angenommen werden, es habe der Gesetzgeber die Möglichkeit übersehen, daß die dreijährige Vergütungsdifferenz den – sei es tatsächlich bezahlten, sei es begehrten – Vierteljahresverdienst übersteigt.
Auch der Umstand, daß es sich im Ausgangsverfahren um eine Feststellungsklage handelt, rechtfertigt nach Auffassung des Beschwerdegerichts keinen Abschlag. Die Frage, ob bei Eingruppierungsfeststellungsklagen ein derartiger Abschlag vorzunehmen sei, ist umstritten. Während die bis zum 31.12.89 zuständige Kammer 3 des Landesarbeitsgerichts Baden-Württemberg einen solchen Abschlag gem. § 3 ZPO für geboten erachtete (vgl. insbesondere Beschluß vom 17.3.89 – 3 Ta 49/89 – n.v. mit näherer Begründung; ebenso LAG Hamm vom 27.6.78 in AR-Blattei D Arbeitsgerichtsbarkeit XIII Entscheidungen Nr. 93), lehnen der überwiegende Teil in Literatur (vgl. Germelmann in Germelmann/Matthes/Prütting, ArbGG, § 12 Rz. 128; Grunsky, ArbGG, 5. Aufl., § 12 Rz. 8; Zöller/Schneider, ZPO, 15. Aufl., § 3 Rz. 16 Arbeitsgerichtsverfahren Anm. IV. 13. a.) und Rechtsprechung (vgl. LAG Niedersachsen vom 21.4.80 in JurBüro 80, 1547 f.; LAG Hamburg vom 28.12.83 in Anwaltsblatt 84, 157; im Ergebnis ebenso, allerdings ohne Erörterung des Problems, BAG Beschluß vom 24.3.81 – 4 AZR 395/78 –) einen solchen Abschlag ab. Das Beschwerdegericht folgt der zuletzt genannten Ansicht. Zum einen wäre nämlich, um – wegen der gegenüber einer Leistungsklage geringeren Wirkung eines Feststellungsurteils (vgl. hierzu aber auch noch unten) – einen Abschlag vorzunehmen, Voraussetzung, daß dem Gericht bei der Wertbemessung überhaupt ein Ermessensspielraum eingeräumt wäre. Bereits dies ist bei der Bewertung von Eingruppierungsklagen nach Auffassung des Beschwerdegerichts nicht der Fall. Denn zwar findet gem. §§ 12 Abs. 1, 1 Abs. 3 GKG grundsätzlich auch in arbeitsgerichtlichen Verfahren § 3 ZPO Anwendung; dies gilt aber nach § 1 Abs. 3 GKG nur insoweit, als das ArbGG keine besonderen Vorschriften enthält. Eine solche Vorschrift ist § 12 Abs. 7 Satz 2 ArbGG. Diese eröffnet nach ihrem eindeutigen Wortlaut anders als § 12 Abs. 7 Satz 1 ArbGG keinen nach freiem Ermessen auszufüllenden Streitwertrahmen, sondern bestimmt unmißverständlich, daß bei Rechtsstreitigkeiten über Eingruppierungen der Wert – und nicht etwa höchstens der Wert – des dreijährigen Unterschiedsbetrags „maßgebend” sei; hiervon ist die einzige, wiederum ausdrücklich normierte Ausnahme der Fall, in dem der Gesamtbetrag der geforderten Leistungen geringer ist. Nachdem seit langem ein großer, wenn nicht gar der ganz überwiegende Teil der Eingruppierungsstreitigkeiten in Gestalt von Feststellungsklagen ausgetragen wird, kann auch nicht davon ausgegangen werden, daß der Gesetzgeber bei der Fassung des § 12 Abs. 7 Satz 2 ArbGG die Eingruppierungsfeststellungsklage nicht im Auge gehabt hätte. Wenn e...